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Ging je ein Mann beglückten Blickes

Die Seligkeit zu suchen aus,

So ging er in der Schenke Winkel

Und in des freien Willens Haus.

Der Wand'rer löste mit dem Glase,

Das einen halben Menn enthält,

Die tiefverhüllten Räthsel alle

Bezüglich auf die Sinnenwelt.

O komm und horche meinem Wissen,

Denn jedes Wort aus meinem Mund

Gibt, durch des heil'gen Geistes Gnade,

Was er mich Weises lehrte, kund.

Von meinem Schicksalsstern begehre

Nichts And'res je als Trunkenheit,

Denn mein Geburtsstern schon bestimmte

Mich nur zu solcher Thätigkeit.

Als Morgens du hieher gekommen,

Schien deine Laune mir getrübt:

Hast du vielleicht beim Abendweine

Zu vielfach deine Pflicht geübt?

Ein Wunder, scheint es, wolle wirken

Der Arzt, der 'Îsa's Hauch besitzt,

Weil mir, dem gar so schwer Erkrankten,

Kein ärztlicher Besuch mehr nützt.

O tausend Dank, dass gestern Abends

Hafis der Schenke Schatz verliess

Und in dem Winkel sich des Klosters

Der Pflicht und Andacht niederliess!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 251-253.
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