3.

Ein Sprosser zog einst eine Rose

Mit seinem Herzensblute gross;

Da stürmt des Neides Wind verheerend

Mit hundert Dornen auf ihn los.

Ein Psittich lebte einst zufrieden

Und sehnte sich nach Zucker nur;

Da löscht der Waldstrom des Verderbens

Vom Hoffnungsbild ihm jede Spur.

Des Auges Glanz, die Frucht des Herzens

War Er, und nie vergess' ich mehr,

Wie Er so leicht von mir geschieden

Und mir das Herz gemacht so schwer.

O hebe, Karawanenführer,

Mir die gefall'ne Ladung auf,

Denn nur in Hoffnung deiner Güte

Verfolgt' ich dieser Sänfte Lauf.

Verachte nicht den Staub der Wange

Und nicht des Auges hellen Thau:

Schuf doch der türkisfarb'ne Himmel

Aus diesem Lehm den Freudenbau.

Ach, wegen jenes Neiderauges

Des Mond's, den wir am Himmel schau'n,

Muss in des Grabes Hause wohnen

Mein Mond mit bogengleichen Brau'n!

Hafis, du hast zu spät rockiret;

Nun schwand die Möglichkeit sogar.

Was thu' ich nun? Das Spiel der Tage

Ist Schuld, dass ich nicht achtsam war.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 301-303.
Lizenz:
Kategorien: