22.

Ich sprach: »Dein Mund und deine Lippe,

Wann thun sie wohl was ich begehrt?«

Er sprach: »Vom Herzen wird von ihnen

Was du nur heischen magst gewährt.«

Ich sprach: »Es fordert deine Lippe

Ägyptens reichen Zoll zum Lohn.«

Er sprach: »Ein Handel, so wie dieser,

Wird Keinen mit Verlust bedroh'n.«

Ich sprach: »Wer hat den Weg gefunden

Zu jenem Puncte, deinem Mund?«

Er sprach: »Nur dem, der Feines kennet,

Gibt man dies zarte Mährchen kund.«

Ich sprach: »O sei kein Götzendiener

Und lebe nur mit Gott allein!«

Er sprach: »Im Gaue wahrer Liebe

Soll dies und jenes Sitte sein.«

Ich sprach: »Die Lust an einer Schenke,

Sie ist es die das Herzleid stillt.«

Er sprach: »Glückselig ist zu nennen

Wer je ein Herz mit Trost erfüllt.«

Ich sprach: »Es passt im Glauben nimmer

Das Weinglas zu dem Mönchsgewand.«

Er sprach: »Doch nach des Wirthes Glauben

Nimmt man sie Beide wohl zur Hand.«

Ich sprach: »Was frommt dem alten Mann

Der süssen Schönen Mundrubin?«

Er sprach: »Durch Küsse, süss wie Zucker,

Macht er zu einem Jüngling ihn.«

Ich sprach: »Die Zelle zu betreten,

Wann fühlt sich wohl der Herr geneigt?«

Er sprach: »Wenn sich vereint am Himmel

Der Mond und Jupiter gezeigt.«

Ich sprach: »Für deine Wohlfahrt beten

Ist stets Hafisens frommer Brauch.«

Er sprach: »Ein Gleiches thun die Engel

In allen sieben Himmeln auch.«

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 357-359.
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