80.

Ich sprach: »Ich leide nur um dich.«

Er sprach: »Ein Ende nimmt dein Leid.«

Ich sprach: »O werde du mein Mond!«

Er sprach: »Es fügt's vielleicht die Zeit.«

Ich sprach: »Ein Mond ist dein Gesicht.«

Er sprach: »Von zweier Wochen Lauf.«

Ich sprach: »Erscheint er jemals mir?«

Er sprach: »Im Fall, er ginge auf.«

Ich sprach: »Von dem, der wahrhaft liebt,

Nimm in der Treue Unterricht.«

Er sprach: »Zu Stand kömmt so ein Werk

Wohl nimmer durch ein Mondsgesicht.«

Ich sprach: »Zu deinem Wahngebild

Verschloss dem Blicke ich die Bahn.«

Er sprach: »Es wandelt bei der Nacht

Und kömmt auf and'rem Wege an.«

Ich sprach: »Es trieb dein Lockenduft

Mich irrend durch die ganze Welt.«

Er sprach: »Doch wisse, er nur sei's,

Der dir zum Führer ist bestellt.«

Ich sprach: »O wonnevolle Luft,

Die aus der Flur der Liebe strömt!«

Er sprach: »O sel'ger Abendwind,

Der aus dem Dorf des Holden kömmt!«

Ich sprach: »Mich tödtete die Lust

Nach deines süssen Mund's Rubin.«

Er sprach: »Sei du ein treuer Knecht,

Und für den Knecht lass sorgen Ihn.«

Ich sprach: »Wann schliesst dein mildes Herz

Erbarmungsvoll des Friedens Bund?«

Er sprach: »Bis Zeit dazu erscheint,

Thu' ja es keinem Menschen kund.«

Ich sprach: »Du sah'st es, wie so schnell

Der Wonne Zeit ein Ende nahm.«

Er sprach: »So schweige doch, Hafis!

Es endet ja auch dieser Gram.«

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 507-509.
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