Nicht Jeder, der sein Antlitz schmücket,
Versteht's sich Liebreiz zu verleih'n;
Nicht Jeder, der da Spiegel formet,
Versteht's ein Iskĕndēr zu sein.
Nicht Jeder, der mit schiefer Mütze
Sich stolz und trotzig niedersetzt,
Versteht es Kronen auch zu tragen,
Die Herrschaft wahrend unverletzt;
Hier handelt's sich um tausend Dinge
So dünn wie Haare und so fein:
Nicht Jeder, der das Haupt sich scheret,
Versteht's ein Kălĕndēr zu sein.
Gar löblich wär' es, wenn du lerntest,
Was Treue und was Glaube sei:
Versteht ja doch der nächste Beste,
Was Härte sei und Tyrannei.
Als Punkt, um den der Blick sich drehet,
Erkor dein holdes Maal ich mir:
Denn was die selt'ne Perle gelte
Versteht ja nur der Juwelier.
Den Bettlern ähnlich, diene nimmer
Um einen ausbedung'nen Lohn:
Denn wie man Diener gut behandle
Versteht der Freund von selber schon.
Versenkt in meines Auges Wasser,
Was thu' ich, das mich retten kann,
Da Jeder nicht die Kunst verstehet
Zu schwimmen in dem Ocean?
Ein Sklave bin ich jenes Zechers,
Der alles Heil den Flammen weiht
Und sich auf Alchimie verstehet,
Deckt ihn gleich nur ein Bettlerkleid.[555]
Mein armes Herz, das liebestolle,
Verspielte ich und sah nicht ein,
Dass auch ein Menschenkind verstehe
Wie Peris anmuthsvoll zu sein.
Wer da zum König ward der Schönen
Durch Wuchs und holdes Angesicht,
Macht eine Welt sich unterthänig,
Versteht er erst was Recht und Pflicht.
Hafisens liebliche Gedichte
Hat zu beachten nie verschmäht,
Wer einen zarten Sinn besitzet
Und das Reinpersische versteht.