5.

Bring' vom Strassenstaub des Freundes

Einen Duft mir, holder Ost,

Und des Herzens Gram verscheuchend,

Bring' vom Liebling einen Trost!

Künde aus des Freundes Mund

Mir ein Wörtchen das beseelt,

Einen Brief der Frohes melde,

Bring' aus der Geheimnisswelt!

Bring', dem Nebenbuhler trotzend,

Staub vom Weg' des Freundes her,

Dass Beruhigung gewähre

Diesem blut'gen Auge er!

Rohheit oder Herzenseinfalt

Tauget Seelenopf'rern nicht:

Bring' von Seite jenes schlauen

Herzensräubers mir Bericht!

Dass mir den Geruchssinn würze

Deine sanfte, milde Luft,

Bring' vom Odemhauch des Freundes

Nur ein wenig süssen Duft!

Bring' – bei deiner Treue bitt' ich –

Staub von jenem theuren Freund,

Ohne dass ein Kummerstäubchen

Drum bei Anderen erscheint!

Lang schon zeigte sich dem Herzen

Seiner Wünsche Antlitz nicht:

Bring', o Schenke, jenen Becher,

Der da glänzet spiegellicht!

Bring' zum Dank, dass du, o Sprosser,

Lebst in steten Freuden nur,

Den Gefangenen im Käfich

Kunde von der Rosenflur!

Bitter ward mein Seelengaumen,

Fern vom Freunde, durch Geduld:

Bring' von jener Zuckerlippe

Nur Ein Zeichen mir der Huld!

Wozu taugt Hafisens Kutte?

Färbe röthlich sie mit Wein

Und dann bringe wüst und trunken

Von dem Markte ihn herein!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 13-17.
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