1.

[165] Ein sich'rer Ort, ein laut'rer Wein,

Ein Freund, der Liebe nährt,

O des beglückenden Geschick's

Ist dies dir stets beschert!

Ein Nichts in Nichts nur ist die Welt

Und Alles was sie thut:

Wohl tausendmal erprobte ich

Dies Wort nur allzugut.

Such' eine sich're Stätte dir

Und nütze deine Zeit,

Denn im Versteck' des Lebens steh'n

Weglagerer bereit.

O Jammer und o Schmerz! Bis nun

Sah ich es nimmer ein,

Es könne nur ein Freund, ein Freund

Der Stein der Weisen sein.

Komm, denn dem Lächeln des Pocal's

Und Lippen von Rubin

Entsagen, ist ein eitler Wahn:

Vernunft missbilligt ihn.

Der Süsse, die der Brunnen hält

In deines Kinnes Rund,'

Kömmt hunderttausendfacher Witz

Wohl nimmer auf den Grund.

Wo weilt der mich zum Guten führt,

Der herzbegabte Mann?

Denn noch auf keinem Wege kam

Ich bei dem Freunde an.[165]

Nie nahet deine Lende mir

Die zart ist wie ein Haar:

Und dieses feine Wahngebild

Entzückt mich immerdar.

Die Thrän' ist roth wie Karniol,

Was Niemand wundern soll:

Gleicht meines Auges Siegelring

Doch auch dem Karniol.

Er sagte lächelnd: »Dir zum Knecht,

Hafis, bin ich bestellt.«

Doch sieh nur bis zu welchem Grad'.

Er mich zum Besten hält.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 165-167.
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