49.

Ich lieb' einen reizenden Jungen

Der neu erst erblühte zum Leben,

Und flehte zu Gott im Gebete,

Die Lust dieses Gram's mir zu geben.

Ich liebe und zeche und äugle,

Und will es vor Niemand verschweigen;

D'rum wisse auch du es: mir seien

So zahlreiche Tugenden eigen.

Mir treibt die besudelte Kutte

Die Röthe der Scham auf die Wangen,

Indem ich durch hundertlei Künste

Die Kutte mit Lappen behangen.

Hoch brenne dein Licht, durch den Kummer

Den Er dir geschaffen, o Kerze!

Sieh, ich auch stand auf, mich umgürtend

Zu einem ganz ähnlichen Schmerze.

Bei solchem Erstaunen der Liebe

Ist aller Gewinn mir entronnen:

An Herz und an Seele verlor ich

Das was ich an Kummer gewonnen.

Ich will, wie Hafis, in die Schenke,

Zerschlitzten Gewand's, mich begeben:

Dann herzt mich vielleicht jener Holde

Der neu erst erblühte zum Leben.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 331-333.
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