Schenke, komm! Das Glas der Tulpe
Ist bereits gefüllt mit Wein:
Bis wie lang noch Mönchsgebräuche,
Und bis wann noch Faselei'n?
Lass denn Stolz und Sprödsinn fahren:
Sah die Zeit doch oft zuvor
Wie ein Kaiser seinen Mantel,
Seine Kron' ein Fürst verlor.
Werde nüchtern, denn schon trunken
Ist der Vogel auf der Flur;
Werde wach, denn Todesschlummer
Ist bereits dir auf der Spur.
Wie du dich so reizend schaukelst,
Holder Zweig des Lenzes du!
Fügten doch des Winters Stürme
Nie ein Ungemach dir zu!
Auf des Himmels Liebesblicke
Darf man keine Hoffnung bau'n:
Zu beklagen sind die Menschen
Die dem Listigen vertrau'n.
Morgen werd' ich durch die Huris
Und den Wein Kjĕwsēr's erfreut;
Durch den mondgesicht'gen Schenken
Und das volle Weinglas heut.
An der Kindheit Tage mahnet
Mich der laue Morgenwind;
Gib der Seele doch ein Mittel
Das den Gram verscheucht, o Kind!
Sieh nicht auf den Prunk und Schimmer
Den zur Schau die Rose trägt:
Wird doch jedes ihrer Blätter
Von dem Winde weggefegt.[141]
Gib zu Hatem Thai's Erinn'rung
Einen schweren Becher her;
In der Geiz'gen schwarzem Buche
Blätt're ich dann nimmermehr.
Jenen Wein, der Farb' und Anmuth
Mitgetheilt dem Ergwanstrauss,
Schwitzt die Anmuth seines Innern
Nun durch seine Wange aus.
Trag' das Kissen in den Garten,
Denn zum Dienste stellt sich an
Die Zipresse, und den Gürtel
Hat das Rohr schon angethan.
Horch, die Sänger auf der Wiese
Stimmten zu der Liebe Sang
Harfe, Barbiton und Laute
Und der Flöte sanften Klang!
Schon gelangt, Hafis, die Kunde
Deiner holden Zauberei
Bis nach China und Egypten
Und bis weit nach Rum und Rai.