Zwölfter Auftritt

[27] Rosalinde. Später Adele.


ROSALINDE allein. Der Mann ist ja wie ausgewechselt! Mir scheint, er freut sich ordentlich, eingesperrt[27] zu werden. Wenn ich nur wüßte, was ich mit dem da unten anfangen soll? Ich habe geschworen, ihn zu empfangen, und wenn man einmal einen solchen schweren Schwur schwört, muß man diesen Schwur halten, sei es noch so schwer!

ADELE bringt auf einer Platte einen Wildschweinkopf mit einem Rosenbukett im Rüssel. Der »Löwe« schickt diesen wilden Schweinskopf.

ROSALINDE. Und du hast das Ungeheuer angenommen?

ADELE. Er hat sonst nichts vorrätig gehabt.

ROSALINDE sinnend vor dem Schweinskopf. So muß ich ihn denn annehmen?

ADELE. Freilich, ich habe ihn ja schon bezahlt!

ROSALINDE ohne auf Adele zu achten. Meinen Schwur muß ich halten. Empfangen werde ich ihn, aber nur, um ihn gleich wieder zu entlassen. Aber Adele muß ich mir aus dem Wege schaffen. Laut zu Adele. Nun, wie befindet sich denn deine alte kranke Tante nach der Eselspartie?

ADELE. I nu ... so so! Den Umständen angemessen ...

ROSALINDE. Sollte diese alte kranke Tante nicht ein junger, gesunder Vetter sein?

ADELE. Gnädige Frau, ich bitte recht sehr ...

ROSALINDE. Aber gleichviel, Tante oder Vetter, ich gebe dir den Urlaub ohne Fragezeichen.

ADELE.

Wahrhaftig, gnädige Frau? Aber früher haben

Sie mir ihn rundweg abgeschlagen?

ROSALINDE. Weil ich früher verdrießlich war, jetzt bin ich bei besserer Laune.

ADELE. Weil der gnädige Herr eingesperrt wird?

ROSALINDE. Mamsell Naseweis!

ADELE. Bitte um Verzeihung, gnädige Frau!


Quelle:
Johann Strauß: Die Fledermaus. Text nach H. Meilhac und L. Halévy von C. Haffner und Richard Genée, Stuttgart 1976, S. 27-28.
Lizenz:
Kategorien: