Das XIV. Capitel.

Von Namen etlicher Ketzereyen / absonderlichen auch der alten Teutschen vorigen Abgötterey.

[200] Hinc mare nunc illis est plenum: plenaque terra.


Unter der rechtgläubigen Kirchen sind iederzeit viel und mancherley Rotten / Secten und Ketzereyen erfunden worden / wie dann der HErre Christus selber spricht / ob man am End der Welt / wann er zum jüngsten Gericht erscheinen, werd / auch Glauben auff der Erden finden werde; Ja man sol beydes wachsen lassen / biß zu der Ernte zeit / denn woll er zu den Schnittern sagen: Samlet.

Ketzer so die Gottheit Christi angefochten haben /sin gewesen / Ebion / Cerinthus / Arius / Photinus /Westphalus Servetus / Blandrata.

Ketzer so verläugnet haben den unterschied zwischen Vater und Sohn / Sabellius / Samosatenus /Hermogenes Priscilliani / Patri Paßiani.

Ketzer so die Menschheit Christi angefochten haben / Manichæi Basilides / Helvidius.[200]

Ketzer so Christi Seel verleugnet haben / Apollinaristæ / Dimoritæ / Théopascitiæ.

Ketzer so die naturen in Christo getrennet haben /Nestoriani / Theodorus / Mesethenus.

Ketzer so die Naturen in einander vermenget haben / Eutychiant / Dioseorus / Armenii / Monothelitæ /Monophysitæ / Maronita.

Calvinisten so sich endlich zu den Türcken / Jüden / Arrianern und Wiedertauffern geschlagen / sind Paulus Alciatus / Gentilis / Gribaldus / Castellio / Ochynus / Schoppius / Neuserus / Pistorius / Francus /Johan Calvinus / und viel andere mehr. Succumbat ratio fidei captiva qvieseat. Saxo & Funccius.

Dieweiln auch vorher von uns Teutschen grosse Abgötterey ist ausgeübet worden / sol hierbey auch etwas von derselben aus Glaubwürdigen Scribenten angefürt werden.

Die Teutschen kommen her von dem H. Ertzvater Asken oder Tuiscan davon Gen. 10. die haben darvor gehalten / sie könten dem frommen Vater im Himmel keinen Maj. stäterischen Namen aufflegen / denn wenn sie ihn mit einem kurtzen einsyllabigen Wort Gut oder Gott hiessen / den haben sie erstlichen recht geehret / aber hernach sind sie grosse Abgötterey gerathen; denn ein Fürst im Hertzogthumb Cleve / hat den Tuisconen als einen Gott geehret und angeruffen /seiner Mutter frau Nerth (welches die[201] Erd ist) haben sie auch Göttliche Ehr angethan / und viel andere Götter auffgeworffen / nach den König Mann hiessen sie den Mon. Susanna / die Sonne Freia / die Göttin Venus / ein Göttin deß Ehestandes / Frau Eisen eine erfinderin deß Ackerbaus / absonderlich muste das Feuer ihnen ein Gott seyn / wie Cæsar schreibet; und dieses waren ihnen die liebsten Götter / die sie sehen /und von ihnen einen Nutz haben kunten; sie nahmen auch viel zu Göttern an voll den Römern / als den Herculem den sie Allemann hiessen / den Martem der solte nothelffer im Krieg sein / und diesen beyden opfferten sie ihr Vieh. Tacitus meldet daß sie dem Mercurio nicht allein Ochsen sonder auch Menschen geschlacht haben.


Verba ejus hæc sunt, Deorum maximè Mercurium colunt, cui certis diebus humanis qvoque hostiis litare fas habent.


Das innere grosse Teutschland hat auch abscheuliche Abgötter gehabt / die biß zu Caroli Magni Zeiten geblieben / zehen Abgötter und Abgöttin werden namhafft gemacht in Historien.

Im Bergischen Lande haben sie der Göttin Tanfane einen herrlichen Tempel auffgerichtet / welcher von Zinzinna einem tapffern Römer ist zerrissen und weg geschleiffet worden / da er die Bergischen Rheinländer auff ihrem Fest wohl bezecht bey einander gefunden / zu Cöln hat Sanct Maternus ein Gottseliger Prediger einen Altar zubrochen / welcher[202] in Gallischen und Germanischen Kriegen / dem Mercurio zu ehren erbauet und 200. Jahr gestanden war.

Was ihre Opffer anbelangt / sind dieselbige nicht allein unvernünfftige Thier / sondern auch Menschen gewesen / sonderlich auch bey ihren Opffer-Festen /da auch der Wein nicht mangeln muste / in grössern exceß, welchen sie sonsten nicht geachtet: ihre Priester nennen sie Druden und Warden die trugen eine besondere Kleidung / wie die Münch und Nonnen /fünffeckichte Schuh / wohneten bey den grossen Bäumen und Eichen / der Druden Diener aber / waren als die Spürhund die allerley delinqventen Schelm und Dieb ausforscheten / welche sie ihren Göttern auffopfferten / und hielten darvor der Menschen Blut wäre der unsterblichen Götter ihr liebstes Opffer / so es an solchen übelthätern mangelte / so müsten auch die unschuldigen herhalten / dannenher auch die Römer solche pro crudelibus und grausame unmenschliche Menschen hielten / weiln sie dergleichen unbarmhertzige Thaten nicht begiengen.

Justinus erzehlt / lib. 26. daß die Gallische Völcker ehe sie wieder den König Antiochum in Krieg zogen /zuvor ihre Kinder eins theils ihren Göttern auffgeopffert / ihre Eingeweid haben die Druden / oder ihre Pfaffen ansehen und daraus erlernen müssen / was sie vor Sieg erlangen möchten. Hierauß ist zuersehen / in was vor Finsternüß und Blindheit der[203] Sathan die Leute gestürtzet. / Die Druden haben auch pflegen zu weissagen / aus was vor einen Geist aber solches ist herkommen / was sie vor Cothurnos gebrauchet / ist aus den Historien zusehen.

Da Alexander Severus übern Rhein zog / wider die Teutschen / warnete ihn eine Sibylla oder eine von den Druden / mit solchen Worten:


Vade Imperator, nec speres victoriam, nec considas militi tuo:


Dem Häuptman Diocletiano weissagete eine andere von den Druden / er solt Keyser werden / welches auch geschehen. Zu den Zeiten deß Keysers August ohngefehr Anno à nativ. Christi 12. wohnete am Rhein bey der Stadt Deutzsch ein Herr Sigismund deß Gewaltigen Fürsten in Hessen Sieges-Gast Sohn / der verwaltete die Religions Sachen bey Cöln am Rhein /und ließ sich im Heydnischen Priesterstand gebrauchen / daraus abzunehmen / wie hoch sie solchen stand geachtet / weiln sich auch hohe Stands-Personen darein begeben; zur Zeit Keysers Vespasiani /gab eine H. Jungfrau mit Namen Welda einen Rath /sie solten mit den Kömern in Bund treten / und ferner keinen Krieg führen / sonst würden sie als wie die Jüden von ihnen überweltiget werden / diese ist auch eine von den Druden gewest und ist mercklich das Sprichwort an etlichen Orten noch gebräuchlich /wenn man der bösen Kinder Zuchtmeister oder Meisterin zum schrecken gedencken wil / daß man[204] sagt /schweig / die Drude kompt; eine mit Namen Aurinia (etliche wollen Alurinia wie Lipsius in Coment. super Tacit. pag. 548. wil / und aus einen andern Scribenten beweist / daß diß ein gemeiner Nam aller Zäuberhexen gewest / die man Aliorunas / von welchen zweiffels ohn das Wort Alraun die Zauber-Wurtzel genennet) ist auch in grossen Ehren bey den Teutschen gewesen. Paulus Diaconus meldet / daß sie den Mercurium Wodam / Wondam oder Wousdam / (à lucro sc. cui præest) vor den Kauffmans Gott gehalten / daher auch aus alter und Heydnischer benennung der Mitwoch dies Mercurii der Wonstag geheissen worden. Viel wär zu sagen von ihren Gesetzen / Sitten und Gewonheiten / der günstige Leser aber kan hiervon den Tacitum lesen in einem sonderlichen Tractat / welchen er geschrieben de moribus Germanorum.


Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 200-205.
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