Vierte Scene.

[59] SCHINDLERN mit der Harfe über der Schulter, kommt eilig herein. Guten Murgen, Juseph! Du sitzt su einsam?

JOSEPH. Ja ja, ich sitze einsam! Is gut einsam.

SCHINDLERN. Ich duchte mir, Du wärst einsam. Deswegen kumm ich flink hereingesprungen. – Hat Bauer endlich gespruchen? – Was?

JOSEPH. Was giht Dich an? – Ach gih! Wu gihst Du hin? Wie kummst Du schun so zeitig iber Hals?

SCHINDLERN. Juseph! Was? –

JOSEPH. Du weißt doch, Bauer hat nicht gern. wenn Du kummst. Er hat nicht gern.

SCHINDLERN. Er hat nicht gern? Was geht mich Bauer an, wenn Mutter kummt zu ihre Suhn!

JOSEPH verächtlich. Ach! ach! ach!

SCHINDLERN. Was ist ach?

JOSEPH. Du kummst vurüber, was? – Wu ist Franzel?

SCHINDLERN schmeichlerisch freundlich. Franzel kummt auch vurüber. Wir müssen in Thal runter zu Kirmeß und kummen nur vurüber.

JOSEPH. Su gih!

SCHINDLERN. Ich kann nicht verstehen, Juseph!

JOSEPH. Was sull ich Dir sagen, wenn ich selbst nicht weiß, was wird.[59]

SCHINDLERN. Mit Huchzeit?

JOSEPH. Mit Huchzeit! freilich! mit allem! Ich habe iberhaupt nicht Lust, hier an der Kette zu liegen mit und ohne Huchzeit.

SCHINDLERN. Aber Suhn!

JOSEPH. Was?

SCHINDLERN. Nun! wenn Du bist bei Bauer Schwiegersuhn, Du bist duch halb mit!

JOSEPH. Ach was! halb mit! – Ich hab zu thun. –

SCHINDLERN. Was denkt sich nur Bauer?

JOSEPH. Er denkt immerfurt. Seit Ernst ist über alle Berge, er ist stumm und still und denkt immerfurt – und ist gut zu die Leite – und sagt gar nichts. Und ich werde mich hüten, ihm zu sagen. – Franzel kummt vurüber, was?

SCHINDLERN. Du wirst warten bis zum jüngsten Tage, Juseph, wenn Du nicht einmal Dir Mut nimmst, ihm zu sagen. Du weißt doch, wie er ist!

JOSEPH. Mut! Ich sull Mut nehmen? Ich sull mich hinwerfen – vur Bauer? – Was?

SCHINDLERN. Du hust erlangt, daß Ernst ist außer Haus. Du hust erlangt, daß Bauertuchter uffen mit Dir giht. Du wirst mit der Zeit – wirst Du warm sitzen, wie keiner! Was willst Du!

JOSEPH wegwerfend aufgebracht. Ich werde warm sitzen, wie keiner! Ich werde an der Kette sitzen, wie keiner! Ich werde immer sein, was ich heit bin. Ich werde huffen – und huffen auf wer weiß was – Er nimmt seinen Kopf in beide Hände. Ich – ich – ich – Mit abwehrender Geste. a! –


[60] Franzel mit ihrem Geigensäckchen unterm Arm, ist geräuschlos in der Thür erschienen und guckt herein und lacht höhnisch.


SCHINDLERN verächtlich. Ach was! Ich hätte niemals gedacht, Du wirst ein sulcher Thor sein!

FRANZEL spöttisch hereintretend. Freilin Braut is sich nicht daheim! aha! – Verächtlich. daß Du magst su was! puh! –

JOSEPH auflodernd. Du gihst, Franzel ich sage!

SCHINDLERN. Wir gehen, wir gehen auch. Sie will Franzel mit sich ziehen.

FRANZEL halb kläglich, halb höhnend. Juseph? – Is sich alles vurüber? Sull sich nun alles vurüber sein für immer? Was?

JOSEPH zur Schindlern gewandt. Wenn ich Laune hab', werd' ich ihm sagen, wenn ich nicht Laune hab', werd' ich ihm ewig nicht sagen. Und ich werde frei sein und frei bleiben.

SCHINDLERN schon an der Thür zurückrufend. Und armes Luder sein, ewig armes Luder sein! Du Dummkupp! Wobei sie sich mit der flachen Hand an die Stirn schlägt und dann verschwindet.

FRANZEL leidenschaftlich und leise. Ich will Dich nur eins fragen, Juseph! Erlaubst Du mir? Was? Plötzlich ganz devot und brünstig. Ich will Dir Hand küssen, meine Juseph! Sie hat seine Hand ergriffen und küßt sie stürmisch. Und ich will Dich fragen Juseph, wirst Du mich einladen zu Deine Huchzeit?

JOSEPH gedehnt. Ich kann nicht sagen. Ich kann nicht sagen.

FRANZEL wie vorher. Ich will Deine Hand küssen meine Juseph–[61]

JOSEPH gepeinigt. Ach gih, Franzel, ich bitte!

FRANZEL eilig und plötzlich scharf. Ich gih. Ich gih. Hahahaha! Ich kumme zu Deine Huchzeit, Juseph. Ich will spielen zu Deine Huchzeit. – Halb flehend, halb höhnend. Juseph! Ab.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 59-62.
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