Scena III.

[32] Phidippus, Gespan. Tecto, Zimmerman. Hans Pfriem.


PHIDIPPUS.

Ich bin sechs jhar nun hie gewest,

Mit gunst, das ichs so rechn vmbsüst,

Hie in dem leben, da man nicht,

Wie drunden auff der Welt geschicht,

Die stund vnd zeit zurechnen pflegt,

Gleichwol halt ich, das' nichts verschlegt,

Das ichs also gerechnen mag,

Heute sinds sechs jhar an diesem tag,

Das ich vom leibe, aus jenem leben,

Abschied, vnd hieher ward begeben,

Nun find ich hie alle augenblick,

Vnd vbe auch selber manches stück,

Das ich in meim verstand nicht han,

Noch mit vernunfft ausrechnen kan,

Das ich mus sagen vnd bekennen,

Es sey weit vber menschliche sinnen,

Desgleichen aber ist mir nicht

Vorkommen, als ich dich bericht.

TECTO.

Bey Christus hulde, ein schnöde sach,

Die nicht wird bringen gut gemach.

HANS PFRIEM.

Hans Pfriem, auff glauben, sihe dich für,

Das brocket man niemands ein, denn dir,

Das wirstu müssen fressen aus,

Wo du dich nicht vorsihest beim taus.

PHIDIPPUS.

Wenn ichs nun gleich verschmertzen wolt,

Vnd nicht vermelden, wie ich solt,[32]

So möcht es vber mich naus gahn,

Vermeld ichs aber, vnd zeig es an,

So wird es jhm nicht wol bekleiben,

Auch kans nicht lang verschwiegen bleiben.

HANS PFRIEM.

Bey Gott, Hans Pfriem, dir gilt es, dir,

Wie man dich vor Gericht citier,

Hat er sich denn selb selbest raus

Gewürget aus dem drecke dort draus,

Mit seinem nerrischen thun, bey Gott,

So schwer ich hoch, vnd sage ohn spott,

Das er voll aller Teuffel ist,

Oder ich bin zu derselben frist,

Nicht klug gewest, Gott seyes geklagt,

Das ich jhm hab was guts gesagt.

PHIDIPPUS.

Verhalte ichs aber auff eine zeit,

Vnd wird bericht durch ander Leut,

So werde ich aber in verdacht

Gezogen, vnd klaghafft gemacht.

HANS PFRIEM.

Och, hellisch leid, ist das so gwis,

Der Himmel vnd das Paradis,

Die Burgk vnd Hort der Seligkeit,

Aller freud vnd wonne in ewigkeit,

Da man vor sorgen also zagt,

Vnd einer vber den andern klagt?

TECTO.

Du redest vernünfftig von der sachen,

Ich wüste es besser nicht zumachen.

HANS PFRIEM.

Das dich der Meister Hemmerling,

Mit deiner vernünfftigkeit verschling,

TECTO.

Ich kan michs noch erinnern nicht,

Das ich jhn kente von gesicht,

Vnd möchte jhn gleichwol kennen gern,

Es were denn der, den ich von fern,

Ein mal hab stehen sehn im feld,

Wie ich dir newlich hab gemeldt.

PHIDIPPUS.

Der ist es, vnd kein ander nicht,

Du kenst jhn so gewis als mich.

TECTO.

Ich gleub, er sey es, wenn ich betracht,

Wie er sich vngeberdig macht,

Sahe zornig aus, mürrisch vnd sawer,[33]

Das mir gar grauste, odr sey ein Lawer,

Verkarte die augen, leunisch gar,

Vnd schüttelte den kopff jmmerdar,

Das man durchaus verstund so viel,

Das vnser thun jhm nicht gefiel.

PHIDIPPUS.

Ja, da jhr durch da Gesslein klein,

Den Balcken trugt die quier hinein?

TECTO.

Ja, wie jhr sagt.

HANS PFRIEM.

Das, wie jhr sagt,

Macht mich bey Gott dem Herrn verzagt.

TECTO.

Ja wol, so gar erbremst er was,

Mit augen, ohren, maul vnd naß,

Mit hend vnd füssen, hals vnd bauch,

Deucht mich, als schrey der gheite jauch,

Gantz vberlaut von freiem muth,

Halt, halt, jhr Leute, halt, was jr thut,

Jhr Narrenköpffe, was faht jhr an?

Wolt jhr den Baum die quier nein tran?

Das endt jhr nun noch nimmermehr,

Folgt nur, lencket wider in die quer,

Vnd traget jhn gleich vor sich naus,

So geht es an, sonst wird nichts draus,

HANS PFRIEM.

Frantzsüchten in den Schelmen fahr,

Wie gerne wer ich jhm in die har,

Vnd were es draussen, gilts wolan,

Ich wolt mich an den Zimmerman,

Nan scherren, vnd jhm die Kulbe lausn,

Es solt jhm ewig vor mir grausn,

PHIDIPPUS.

Er ists leibhafftig, ist sen sundt,

Du malst jhn gar recht ab jetzundt,

Es kan doch eine Milch vorwar

Der andern nicht so gleichen gar,

Sihe aber, were das nicht auch fein,

Was mir jetzundt gleich fellet ein?

Dieweil wir hie so sprache thun halten,

TECTO.

Was? wie? sag her, vnd las Gott walten.

PHIDIPPUS.

Ich wolte, er keme vns selbst jetz vor.

TECTO.

Warumb?

PHIDIPPUS.

Das ich mit jhm zuuor,

Mich besser vnterreden kündt,

Ob er des dings auch noch gestündt,[34]

Oder ob er sich besunnen bas,

Auff das ich wissen möchte das.

TECTO.

Das were traun das aller best,

Sihe, kömpt er nicht dort hergeprest?

Er ists doch traun, er ist sen sendt,

Es were dann mein gesicht verblendt,

Oder hett jhn nicht recht eingenommen,

PHIDIPPUS.

Er ist es auch, wir sehn jhn kommen,

Leibhafftig, wie er selber ist,

Trett jhr beyseit ein kleine frist,

Das jhr mir nicht im liechten steht,

Ob er vor euch ein schrecken hett,

Bis das ich hör, ob er bestandt

Hinfort, auff seinem alten tandt.


Quelle:
Martin Hayneccius: Hans Pfriem oder Meister Kecks. Halle a.d.S. 1882, S. 32-35.
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