Vierte Szene

[184] GISELHER zu Gunther.

Du bist von selbst zu Edelmut und Treue

Zurück gekehrt, sonst sagt ich: dieses Spiel

War keines Königs würdig!

VOLKER.

Deinen Zorn

Begreift man leicht, du wurdest selbst getäuscht.

GISELHER.

Nicht darum. Doch ich will mit dir nicht streiten,

Es steht ja alles wieder gut.

VOLKER.

Wie das?

GISELHER.

Wie das?

VOLKER.

Ich hörte, daß die Königin

In Trauerkleidern geht und Trank und Speise

Verschmäht, sogar das Wasser.

GUNTHER.

Leider! Ja.

VOLKER.

Wie stehts denn gut? Was Hagen sprach, ist wahr.

Sie scheint nicht angetan, um vor dem Hauch[184]

Der Zeit, wie andre, wieder hinzuschmelzen,

Und darum bleibts dabei: Er oder sie!

Zwar hast du Recht, er ist nicht schuld daran,

Daß dieser Gürtel sich, wie eine Schlange,

Ihm anhing, nein, es ist ein bloßes Unglück,

Allein dies Unglück tötet, und du kannst

Nur noch entscheiden, wen es töten soll.

GISELHER.

So sterbe, was nicht leben will!

GUNTHER.

Die Wahl

Ist fürchterlich.

VOLKER.

Ich warnte dich vorher,

Die Straße zu betreten, aber jetzt

Ist dies das Ziel.

DANKWART.

Und muß denn nicht ein jeder,

Nach unsrem Recht, auch für sein Unglück stehn?

Wer seinen besten Freund bei Nacht durchrennt,

Weil er die Lanze unvorsichtig trug,

Der kauft sich nicht mit seinen Tränen los,

So heiß und rasch sie ihm entströmen mögen,

Es gilt sein Blut.

GUNTHER.

Ich geh einmal zu ihr.


Ab.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 184-185.
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