[371] CRESCENCE. Der Erfolg wird sehr stark von dir abhängen.
HANS KARL. Von mir? Ihm stehts doch auf der Stirne geschrieben, daß er erreicht, was er sich vornimmt.
CRESCENCE. Für die Helen ist dein Urteil alles.
HANS KARL. Wieso, Crescence, inwiefern?
CRESCENCE. Für den Vater Altenwyl natürlich noch mehr. Der Stani ist eine sehr nette Partie, aber nicht epatant. Darüber mach ich mir keine Illusionen. Aber wenn Er ihn appuyiert, Kari, ein Wort von Ihm hat gerade für die alten Leut so viel Gewicht. Ich weiß gar nicht, woran das liegt.
HANS KARL. Ich gehör halt selbst schon bald zu ihnen.
CRESCENCE. Kokettier Er nicht mit seinem Alter. Wir zwei sind nicht alt und nicht jung. Aber ich hasse schiefe Positionen.[371] Ich möcht schon lieber mit grauem Haar und einer Hornbrille dasitzen.
HANS KARL. Darum legt Sie sich zeitig aufs Heiratstiften.
CRESCENCE. Ich habe immer für Ihn tun wollen, Kari, schon vor zwölf Jahren. Aber Er hat immer diesen stillen obstinaten Widerspruch in sich gehabt.
HANS KARL. Meine gute Crescence!
CRESCENCE. Hundertmal hab ich Ihm gesagt: sag Er mir, was Er erreichen will, und ich nehms in die Hand.
HANS KARL. Ja, das hat Sie mir oft gesagt, weiß Gott, Crescence.
CRESCENCE. Aber man hat ja bei Ihm nicht gewußt, woran man ist!
HANS KARL nickt.
CRESCENCE. Und jetzt macht halt der Stani, was Er nicht hat machen wollen. Ich kann gar nicht erwarten, daß wieder kleine Kinder in Hohenbühl und in Göllersdorf herumlaufen.
HANS KARL. Und in den Schloßteich fallen! Weiß Sie noch, wie sie mich halbtot herausgezogen haben? Weiß Sie – ich hab manchmal die Idee, daß gar nichts Neues auf der Welt passiert.
CRESCENCE. Wie meint Er das?
HANS KARL. Daß alles schon längst irgendwo fertig dasteht und nur auf einmal erst sichtbar wird. Weißt du, wie im Hohenbühler Teich, wenn man im Herbst das Wasser abgelassen hat, auf einmal die Karpfen und die Schweife von den steinernen Tritonen da waren, die man früher kaum gesehen hat? Eine burleske Idee, was!
CRESCENCE. Ist Er denn auf einmal schlecht aufgelegt, Kari?
HANS KARL gibt sich einen Ruck. Im Gegenteil, Crescence. Ich danke euch so sehr als ich nur kann, Ihr und dem Stani, für das gute Tempo, das ihr mir gebt mit eurer Frische und eurer Entschiedenheit. Er küßt ihr die Hand.
CRESCENCE. Findet Er, daß Ihm das gut tut, uns in der Nähe zu haben?
HANS KARL. Ich hab jetzt einen sehr guten Abend vor mir. Zuerst eine ernste Konversation mit der Toinette –[372]
CRESCENCE. Aber das brauchen wir ja jetzt gar nicht!
HANS KARL. Ah, ich red doch mit ihr, jetzt hab ich es mir einmal vorgenommen, und dann soll ich also als Onkel vom Stani die gewissen seriosen Unterhaltungen anknüpfen.
CRESCENCE. Das Wichtigste ist, daß du ihn bei der Helen ins richtige Licht stellst.
HANS KARL. Da hab ich also ein richtiges Programm. Sieht Sie, wie Sie mich reformiert? Aber weiß Sie, vorher – ich hab eine Idee – vorher geh ich für eine Stunde in den Zirkus, da haben sie jetzt einen Clown – eine Art von dummen August –
CRESCENCE. Der Furlani, über den ist die Nanni ganz verrückt. Ich hab gar keinen Sinn für diese Späße.
HANS KARL. Ich find ihn delizios. Mich unterhält er viel mehr als die gescheiteste Konversation von Gott weiß wem. Ich freu mich rasend. Ich gehe in den Zirkus, dann esse ich einen Bissen in einem Restaurant, und dann komm ich sehr munter in die Soiree und absolvier mein Programm.
CRESCENCE. Ja, Er kommt und richtet dem Stani die Helen in die Hand, so was kann Er ja so gut. Er wäre doch ein so wunderbarer Botschafter geworden, wenn Er hätt wollen in der Karriere bleiben.
HANS KARL. Dazu is es halt auch zu spät.
CRESCENCE. Also, amüsier Er sich gut und komm Er bald nach.
Hans Karl begleitet sie bis an die Tür, Crescence geht.
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