Scena III.

[57] Frater Antonius. Lambertus.


FRATER ANTONIUS.

Sit pax tibi Lamberte, Ego

Tua salute gaudeo,

Et plurimum lætor, tuæ

Si res adhuc sunt integræ.

LAMBERTUS.

Ah: res meæ sunt pristino,

Mi Frater Antoni, loco:

Multis premor molestijs,

Et versor in quàm maximis

Angustijs tu, si potes,

Fratrem tuum quæso juves.

FRATER ANTONIUS.

Lamberte, Frater optime,

Meo juvare sanquine,

Si te queo, citissimè[57]

Hoc fiet et promptissimè.

Dicas rogo quid te mali

Vexet, taces? Dicas mihi.

LAMBERTUS.

Bruder, mich drücket groß' Armuth.

FRATER ANTONIUS.

Ich meint jhr hett ein' Pfarr sehr gut?

LAMBERTUS.

Die Pfar hat zwar reiches einkommn,

Das best abr ist davon genommn.

FRATER ANTONIUS.

Ey lieber wer hat das gethon?

LAMBERTUS.

Mags schier nicht sagen: mein Patron.

Ich hab die schaln, er hat die kern,

Muß es klagn meinm gnedigen Herrn.

FRATER ANTONIUS.

O: heisset das Patronum sein,

Geistliche güter ziehen ein?

Was Gott dem Herrn einmahl verehrt,

Solt billich bleiben vnuerkehrt.

LAMBERTUS.

Vmb vnsers Herren Christi Kleid,

Wirfit man das loß zu aller zeit.

FRATER ANTONIUS.

Er wird solchs straffen: mir ists leid

Vmb euch, ewer Auffrichtigkeit

Ist mir von vielen Jahrn bekandt.

Sonst findt man etliche auffm Land

Die haben jhr tegliches Brot,

Doch pudeln vnd sudeln ohn not:

Wolln lieber Pferd' vnd Ochsen treibn,

Dann Beten, Singen, Lesen, schreibn.

Will man mit jhnen conversirn,

So mus man nicht viel disputirn,

Nicht reden Griechisch vnd Latein,

Man wird sonst nicht willkommen sein.

LAMBERTUS.

Bey euch ists auch o Bruder mein

Nicht alles Golt was glentzet fein.

Man findt so balt einn Glossen Nagr,

Kahlmeuser vnd Scharteken tragr,

In der Clöster vnd Städte maurn,

Als auff den Dörffern bey den Bawrn.

FRATER ANTONIUS.

Loquare Frater parciùs,

Et paululum modestiùs:

Wann jhr im feld dort herumb laufft,[58]

Odr mit den Bawrn im Krug euch raufft:

Sitzen wir still vnd speculirn,

Vnd in Divinis nur studirn.

LAMBERTUS.

Bißweilen ist das Bibere,

Euch lieber als das Scribere:

Von Tick Tack, vnd vom Frawenspiel,

Haltet jhr Fratres auch sehr viel.

FRATER ANTONIUS.

Ich bin ein Mensch, bekenn das mein:

Vnser keiner ist Engelrein.

LAMBERTUS.

Vns wirds traun sawr genug auffm Land:

Wir müßn arbeitn nicht haltn für schand,

Das Viehe füttern, mist auffladn.

FRATER ANTONIUS.

Das kan niemand an ehren schadn:

Feldbaw vnd Vihzucht, wie jhr wisst,

Die best vnd eltest narung ist.

Man list von vielen Patriarchn,

Von Keysern, Könign vnd Monarchn,

Auch von anderen hohen Leutn,

So habn gelebt in alten zeitn,

Das sie im Feldbaw vnd Viehzucht,

Ihr narung vnd jhr lust gesucht.

LAMBERTUS.

Wann ich nicht Kuh vnd Ziegen hett,

Müst offtmahln hungrich gehn zu bett.

FRATER ANTONIUS.

Man solt' abr den Pastoribus

Vermachen solche Reditus,

Das sie ohn müh, ohn sorg, mit frewd

Zu jhrem Ampt stets wern bereit:

Das sie nicht dürften schleppen, tragn,

Mit vielem Gsind vnd Vieh sich plagn.

LAMBERTUS.

Ja Bruder, das wehr gut vnd recht,

Aber man leßt trew' Gottes Knecht,

Den man solt ehrlich notturfft gebn,

An mangem ort in Armuth lebn.

FRATER ANTONIUS.

So geht es: die gröbesten Narrn,

Haben gmeinlich die besten Pfarrn.

LAMBERTUS.

Was meint jhr aber wie ichs mach,

Das ich recht angreiff meine sach?

FRATER ANTONIUS.

Wolln zu Ern Warner gehn alßdradt,

Stellens zuvohr mit dem in rath.


Quelle:
Ludwig Hollonius: Somnium Vitae Humanae. Berlin 1970, S. 57-59.
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