Bier-Wirthe.

[65] Bier-Wirthe betriegen 1) Wenn sie das Bier verfälschen / und unter das gute das so genannte frisch-oder dünne Bier, Covent, oder gar Wasser thun. 2) Wenn sie / da ein Bier umgeschlagen, ins Faß eine Hand voll Saltz und Buchen-Asche werffen / damit es darinn erst anfange zu gähren / wodurch aber solches ungesund / dick und zähe wird. 3) Wenn sie das schon verdorbene Bier mit Poth-Asche, Schaf-Därmen, Kreide und andern eckelhafften Dingen mehr, wieder gut machen wollen. 4) Wenn[65] sie kleiner Gemäß haben / als Land-bräuchlich ist. 5) Wenn sie bey Anfang ihres Bier-Schenckens sich grösser Gemäß anschaffen, als Landes-Gebrauch mit sich bringet, um dadurch mehr Gäste an sich zu ziehen, und ihren Nächsten die Nahrung abzuschneiden hernach aber / da diese ein wenig gewohnt / das grosse Gemäß wieder beyseite thun. 6) Wenn sie zwar rechtes Gemäß führen, aber beym Einlassen mit dem Bier einen grossen Jäst machen / und so gleich unter dem Schein eines vollen Maßes in des Käuffers Gefäß eingiessen / daß dieser / wenn der Jäst vergehet, dennoch zu kurtz kommt. 7) Wenn sie mit dem geschwornen Maltz-Messer, Müller und Brau-Meister ein geheimes Verständniß haben / und also mehr Gersten zu einem Maltze aufschütten, mehr Scheffel in die Mühle bringen / mehr Wasser zu einem Gebräude giessen, als ordentlicher Weise und nach gemachter Brau-Ordnung geschehen soll, solcher gestalt aber denen Landes-Herrschafftlichen Intraden an Accise, Tranck-Steuern und dergleichen mercklichen Abbruch thun. 8) Wenn sie, ihres eigenen Interesse wegen, alle die in ihren Häusern beym Trunck vorgehende Schand- und Schlägerey-Händel verduckeln / und der Obrigkeit verschweigen, damit solche nicht an das Licht kommen / noch ihre Gäste gestraffet werden mögen. 9) Wenn sie alle Hefen mit dem Bier verkauffen / und zu Erspahrung des Holtzes das Wasser zum Covent oder Frisch-Bier nicht einmahl sieden, sondern nur roh auf die Treber giessen lassen. 10) Wenn sie wider die Ordnung oder Verboth der hohen Landes-Obrigkeit, daß Sonntags[66] und in der Woche Abends nach 9. Uhren keine Gäste mehr in Schenck- und Wirths-Häusern sollen gefunden werden / die Gäste heimlicher Weise biß um und nach Mitternacht bey sich sitzen lassen / und auch wohl des Sonntags und an hohen Fest- oder solennen Buß-Tägen zwischen und unter dem Gottes-Dienst Zech-Gäste verborgen halten / und um solche Zeit in geheim Bier verzapffen. 11) Wenn sie durch das Saltz das Bier lieblich klar, und geschmackhafft, aber auch eben dadurch, weil das Saltz das Geblüth angreiffet / dem Leibe sehr schädlich ma chen. 12) Wenn sie mit Fleiß in ihre Schenck-Maße zu deren Verengerung unten und an den Seiten Beulen eindrucken / und denen Leuten, daß solches ohngefehr geschehen / Glauben machen. 13) Wann sie altes abgeschmacktes Trauff-Bier unter das neue / oder die hefigten Bier-Neigen in andere frisch angesteckte Fässer giessen. 14) Wenn sie, zumahl denen betrunckenen Gästen / mit doppelter oder solcher Kreide / welche ausgekerbet, und bey dem Anschreiben unvermerckt doppelte Striche machet, anschreiben. 15) Wenn sie nicht ehender Bier aufthun, biß der Nachbar seinen Zeiger oder Bier-Flinder ausgestecket / und solchen also um die Kunden und Gäste zu bringen suchen. 16) Wenn sie einheimische Biere für fremde berühmte Biere / dergleichen z.E. das Coburger, Naumburger / Merseburger / Eulenburger / Zerbster und andere mehr sind / verkauffen, oder die fremde mit einheimischen vermischen. 17) Wenn sie aus abergläubischer Absicht, daß das Bier bald ausgeschencket werde, birckene Bier-Hähne gebrauchen / denenjenigen / so das[67] erste Bier aus einem Fasse hohlen / geschwind damit zulauffen heissen, oder von Diebs-Daumen in das angesteckte Faß etwas hängen / sich aber selbst am meisten damit betriegen / wie der seel. Herr Haase in seiner Vorstellung, was bey der Bier-Brau- und Schenck-Nahrung wider GOttes Wort und gutes Gewissen sey / p. 10. seqq. mit mehrern ausführet.


Mittel: 1) Daß eine Ordnung und Instruction denen Schenck-Wirthen / wie sie sich zu verhalten / vorgeschrieben / und darinnen alles obige unter gewisser Straffe abgestellet / und 2) die Bierschencken und das darinnen befindliche Gemäß zum öfftern ohnvermerckt visitirt, und die befundene Betriegereyen exemplarisch abgestraffet / das verfälschte Getränck aber confisciret / und / wo es ohnschädlich / unter die Armen ausgetheilet werde.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 65-68.
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