Zehnder.

[110] Zehnder betriegen 1) Wenn sie den Zehenden bey denen, so ihnen ein Tranck-Geld geben oder von welchen sie sonsten einen guten Genuß haben, entweder gar nicht, oder doch nicht so viel, als sichs gehöret, nehmen, die Früchte aber dererjenigen, von welchen sie nichts zugewarten haben, oder welchen sie[110] feind sind, auf das schärffeste auszehenden. 2) Wenn sie bey der Zehnd-Bereitung den Anschlag des Zehends gar zu gering machen, weil sie von denen, so den Zehnd pachten, ein gut Præsent zu gewarten haben. 3) Wenn sie die Feld-Früchte nicht bey rechter Zeit zehenden, und da die Leute solche unterdessen einführen, sie dieselbe bey der Obrigkeit fälschlich angeben, als hätten sie den behörigen Zehend nicht liegen lassen. 4) Wenn sie das schon gezehnde Getraid nicht veranstalten zu rechter Zeit einzuführen, sondern zu lange liegen lassen, daß es entweder auswachse, oder von Vögeln gefressen werde, auch andere zehndbare Sachen durch nicht Verwahrung durchs Wetter und sonsten verderben. 5) Wenn sie die besten Garben, Kraut-Häupte und andere Früchte aussuchen und wegnehmen, dennoch aber solche wieder gegen ihre eigene und geringere Stücke austauschen und diese an den Zehend-Herren abgeben, wodurch sie also einen doppelten Betrug begehen. 6) Wenn sie offtmahls wegen kürtze der Zeit und[111] Gelegenheit, die Zehnd-Früchte vom Feld an nah gelegene Oerter und Scheunen oder Städel eintzeln einführen müssen, hernachmahls aber die Haupt-Lieferung gehörigen Orts nicht treulich verrichten, sondern von ein und andern mehr oder wenig für sich zurück behalten.


Mittel: 1) Daß man dergleichen Leute in scharffe Pflicht nehme. 2) Treue und gewissenhaffte Personen darzu erwehle. 3) Die Verbrecher ernstlich straffe. 4) Einen ehrlichen Mann jeden districts zu bestellen, der die Zehnd-Stücke, wie solche fallen, in ein Buch registrire, um solche bey der Haupt-Lieferung wieder zu empfangen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 110-112.
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