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[26] Friedrike. Oberförsterin.
OBERFÖRSTERIN. Wo mag er doch sein? Gewiß trabt er draußen im Garten herum und brummt. – Noch nicht getrunken? Ja, heutiges Tages hungern sich die Mädchen die Schwindsucht an den Hals, um nur die Taille nicht zu verderben. Friedrike trinkt. Nun, Kind, wie steht's? Hat der Abschied von der Stadt dir viele Tränen gekostet?
FRIEDRIKE. O nein! Mit freudigem Herzen eilte ich hieher.
OBERFÖRSTERIN. Kind, Kind, verstelle dich nicht! Die vielen hübschen jungen Herren – Vier Jahr in der Stadt – ein hübsches Mädchen – mach mir nicht weis, daß du keinen Liebhaber gehabt hättest, ich bitte dich; mach mir das nicht weis. Mach mir das nicht weis.
FRIEDRIKE. Nun – wenn auch einige mir versichert hätten, daß – daß – liebe Mutter, ich lasse keinen Liebhaber zurück.
OBERFÖRSTERIN. Dein Herz ist also noch frei?
FRIEDRIKE. Ich sage Ihnen, daß ich die Stadt gern verlassen habe.[26]
OBERFÖRSTERIN. Brav, brav. Du sollst hier ein Partiechen tun – Nun seht doch? Feuerrot über und über. Der junge Musje Zeck – was sagst du dazu? Und Anton – heiratet Mamsell Kordelchen – da ist vieren geholfen. Gelt? Ja, mein liebes Kind, das habe ich auf dem Amte so gut als richtig gemacht.
FRIEDRIKE erschrocken. So?
OBERFÖRSTERIN. Und meinen Alten? Sorge nicht, den bringe ich auch noch herum.
FRIEDRIKE vergnügt. Will der nicht?
OBERFÖRSTERIN schnell. Durchaus nicht.
FRIEDRIKE. Man muß ihm wohl seinen Willen lassen – das Widersprechen macht ihn böse.
OBERFÖRSTERIN. Das will ich auch nicht. Du sollst ihn darauf bringen.
FRIEDRIKE. Wie? Ich?
OBERFÖRSTERIN. Sollst mir ihn bereden helfen.
FRIEDRIKE. Das wird sich wohl nicht schicken –
OBERFÖRSTERIN. Und, liebes Kind – wenn du heiratest – nur gleich auf die Autorität gehalten! Auf die Autorität gehalten! Sonst geht dir es so wie mir.
FRIEDRIKE. Gott machte mich recht glücklich, wenn ich einst in so einer Ehe lebte, wie Sie –
OBERFÖRSTERIN. Hm – mein liebes Kind! Ehestand ist Wehestand – Sich was zugute tuend. indes –
FRIEDRIKE mit Wärme. Sie sind sehr glücklich. In der Stadt habe ich so wenig gute Ehen gesehen, daß ich nur vor dem Wort »Heirat« zittre. Der gute Vater! Er liebt Sie so herzlich.
OBERFÖRSTERIN. Ja, ja, das ist wahr. Das muß man sagen. Alles, was recht ist – das tut er.
FRIEDRIKE. Er würde ohne Sie nicht leben können.
OBERFÖRSTERIN. I nun – ich – wenn ich – es ärgert mich nur, daß er so ein Brummbär ist – aber ich halte doch große Stücke auf ihn.
FRIEDRIKE sie bei der Hand fassend. Jawohl, das weiß ich.
OBERFÖRSTERIN. Wenn er mannichmal abends von der Jagd kömmt und seinen Husten kriegt, so wird es mir recht ängstlich. Er war neulich einmal ein bißchen krank – nun, so meinte ich doch nicht anders, als das ganze Dorf[27] wäre mir zu enge! – Wenn er nur ein paar Tage über Feld muß – und mittags ist sein Platz leer – oder ich seh ihn abends unter der Linde sein Pfeifchen nicht rauchen, so ist mir ganz wunderlich zumute. Ich gehe im Dorfe zu diesem und jenem – die Leute sind auch alle recht nachbarlich und gut. – Da ist auch wohl der Schulz gekommen. Nun, lieber Gott – es ist ein guter Mann, der Schulz, ein braver Mann! Aber es ist doch mein Alter nicht – nein, es ist mein Alter nicht.
EIN BURSCHE. – Der Herr schickt mich aus dem Garten – ich sollte die Frau fragen, ob sie nun nach der Tür gesehen hätte? sollte ich sagen.
OBERFÖRSTERIN. Ja, ja – ich hätte darnach gesehen. Bursche ab. Nun aber doch zur Kuriosität, komm einmal her an die Tür. Sie gehen beide hin, und Friedrike wird an der Tür gemessen. Richtig, einen Kopf bist du gewachsen – einen ganzen Kopf. Aber über den Anton wirst du dich wundern – der ist lang – mächtig in die Höhe geschossen!
FRIEDRIKE. Es soll ein schöner Mann geworden sein.
OBERFÖRSTERIN. Kind, sag das nicht, daß es sein Vater hört; denn wenn ich sage: »Es ist ein Mann, er muß heiraten!«, so sagt er: »Es ist ein Bube, er soll's bleiben lassen.«
FRIEDRIKE. So – darum –
OBERFÖRSTERIN. Nun sieh, mein Goldmädchen, das ist es ja eben, was ich sage. Darum ist ja alle Tage der ewige Zank. Ich sage ihm auf die beste Art von der Welt, daß er unrecht hat; aber was hilft's? Er glaubt es nicht.
FRIEDRIKE. Er wird freilich einwenden –
OBERFÖRSTERIN. Wunderliches Zeug: »das Mädchen wäre unglücklich, die den Jungen jetzt kriegte; er müßte erst ausbrausen; das hieße ein armes Weib betrügen« und was es mehr ist. Ei – mit meinem Anton denke ich keine zu betrügen. Es verkauft sich gewiß keine an ihm. Manche Jungfer aus der Stadt würde zufrieden mit ihm sein.
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