[37] Vorige. Anton.
ANTON. Riekchen! Ach Riekchen, mein Riekchen! Bist du da? Gott sei Dank!
FRIEDRIKE. Anton, lieber Anton!
Beide umarmen sich.
KORDELCHEN geht umher und rauscht so heftig mit dem Fächer, daß er davon zerreißt.
OBERFÖRSTERIN. Anton! – I Anton! Was ist das für Lebensart?
ANTON ohne darauf zu hören. Ach Riekchen – Mädchen – ich bin so erschrocken – ich kann – ich kann nicht sprechen. Ich glaubte, diesen Mittag – aber du bist die Nacht gefahren, und das freuet mich so – so!
OBERFÖRSTERIN. Junge, bist du närrisch? Komm doch zu dir! – Anton, hast du denn einen Trunk über den Durst getan? Siehst du nicht hier, Mamsell Kordelchen?
ANTON sieht sich um. Gehorsamer Diener. Setzt sich wieder in Fassung, wozu Friedrike ihm schon vorher leise ein Zeichen gab.
KORDELCHEN. Ergebne Dienerin!
OBERFÖRSTERIN. Dein Vater hat doch wahrhaftig recht; je älter du wirst, desto läppischer wirst du auch. Nimm's nur nicht übel, Riekchen!
FRIEDRIKE. O gar nicht.
KORDELCHEN. Das glaube ich.
OBERFÖRSTERIN halblaut. Du unmanierlicher Gast, mach deine Grobheit wieder gut. Gleich geh hin und sprich ordentlich mit ihr. – Die Kinderzeit ist vorbei. Sie hat[37] Lebensart in der Stadt gelernt. Sei hübsch höflich – daß unsereiner nicht mit Schanden besteht.
ANTON. Jungfer Muhme, wie befinden Sie sich?
FRIEDRIKE. Recht wohl, Herr Vetter.
KORDELCHEN. Ich habe entsetzliche Kopfschmerzen, Mama. – Gute Jagd gemacht, Herr Förster?
Pause.
ANTON sieht auf Friedriken und hört nicht.
OBERFÖRSTERIN zu Kordelchen. Der Junge hört und sieht nicht. Er muß zu jäh aus der Kälte in die Hitze gekommen sein. Anton!
ANTON. Was ist, liebe Mutter?
OBERFÖRSTERIN. Mamsell haben dich gefragt, was du geschossen hast?
ANTON sich schnell zu ihr wendend. Eine wilde Katze.
KORDELCHEN. In der Tat – ich befinde mich gar nicht zum besten.
OBERFÖRSTERIN. Es wird hier zu heiß sein; das Volk legt immer einen Wald in den Ofen. Ich will die Tür aufmachen. Sie reißt die Flügel auf.
KORDELCHEN. Gott! Nun zieht es ja, daß man kontrakt werden könnte. Es wird mir immer schlimmer. Herr Förster, geben Sie mir Ihren Arm – ich will versuchen, nach Hause zu kommen.
ANTON. Das ist zum Gehen zu weit – viel zu weit.
OBERFÖRSTERIN. I das arme Kind.
ANTON. Ich schicke hin und lasse Ihre Kutsche bestellen. Rudolph! – He, Rudolph! –
KORDELCHEN verdrießlich. Lassen Sie nur –
ANTON. Nein, der Weg ist wahrhaftig zu weit. Geht nach der Tür.
OBERFÖRSTERIN. Wenn ich doch nur helfen könnte!
ANTON. Rudolph, Rudolph! Rudolph kömmt. Rudolph, lauf – lauf wie ein Blitz aufs Amt. Die Mamsell wäre noch nicht fort – wollte fort!
KORDELCHEN stampft mit dem Fuße. Es ist nicht nötig, sage ich Ihnen.
ANTON. Sie wäre krank, die Kutsche sollte kommen.
RUDOLPH. Ganz wohl.[38]
ANTON. Gleich kommen; gleich den Augenblick kommen.
RUDOLPH im Abgehen, schon halb draußen, laut. Will schon treiben.
KORDELCHEN fast wütend. Mein Gott, Sie werden das ganze Amt in Aufruhr bringen!
ANTON. Aber auch so eine plötzliche Krankheit.
KORDELCHEN halb heulend. Ich bin nicht krank! Wer sagt denn, daß ich krank bin? Ich war nur unpaß. In die frische Luft wollte ich; die frische Luft hätte mir am besten getan. Ich kenne mich.
ANTON. Liebe Mutter, Sie sollten doch der Mamsell von Ihrem Melissengeist geben.
KORDELCHEN. Mein Gott, den kann ich nicht riechen.
OBERFÖRSTERIN. Melissengeist? Ja, so wahr ich lebe, Anton, das ist ein kluger Einfall, ein scharmanter Einfall. Kommen Sie – erst nehmen Sie von dem Melissengeist, und dann führe ich Sie in unser Gärtchen an die frische Luft.
KORDELCHEN. Ums Himmels willen! – Ich kann die starken Sachen nicht vertragen.
OBERFÖRSTERIN. Ja mein gutes Kind! Stark oder schwach, danach wird bei der Medizin nicht gefragt. O mit dem Melissengeist habe ich viele Leute kuriert. Unsre Magd, Kathrine –
KORDELCHEN. Ich ersticke vor Wut!
OBERFÖRSTERIN. Sie werden wieder schwach? Kommen Sie heraus – Kommen Sie. Indem sie mit höflicher Gewalt sie fortschleppt. Kathrine – Kathrine – he! Melissengeist, geschwind Melissengeist! – Wie geht's, Kind, wie geht's? Ab mit Kordelchen.
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