[66] Anton. Wirtin.
ANTON ihm nach. Schlechter Kerl! – Noch ein Glas!
WIRTIN. Lieber Herr Förster, in der Hitze, auf den Ärger – es geht ja wahrhaftig nicht.
ANTON. Gebt es doch! Wer weiß. Ihr gebt mir wohl sobald keines wieder –
WIRTIN. Was sind das für Reden?
ANTON. Nun gebt her. Die Wirtin gibt ihm. Nachdem er hastig hineingetrunken. Für wen tragt Ihr Schwarz?
WIRTIN. Für meinen Anton. Vorige Woche ist er gestorben.
ANTON. Du lieber Gott!
WIRTIN. Ich habe nur den einzigen Sohn gehabt, und er hat fortgemußt – Der Junge fehlt mir in allen Winkeln. Was hilft's? – Man weint ihm nach – aber – Hin ist hin.
ANTON mit gesenktem Blick und tiefem Atem. Hin ist hin! Abwärts. Ob sie mir auch wohl eine Träne nachweint –
WIRTIN. Was meinen Sie?
ANTON. Hin ist hin! – Gebt mir Papier und Feder.
WIRTIN. Hier, da ist – –
ANTON setzt sich zum Schreiben, denkt, schreibt ein Wort, streicht es aus und springt auf. Mutter – ich wollte, ich läge so tief wie Euer Anton.
WIRTIN. Gott soll Sie bewahren! – So ein lieber junger Herr – haben so liebe Eltern; warum wollten Sie sterben?
ANTON. Nun, was gibt's denn Neues bei Euch? – Die Werber sind ja von Euch gezogen – wohin denn?
WIRTIN. Eine kleine halbe Stunde von hier nach Graurode.
ANTON. Nun, in Gottes Namen! – Noch ein Glas.
WIRTIN. Nichts – und wenn Sie es mit Golde bezahlen wollten.
ANTON. Nun, so lebt wohl. Adieu, Alte – Gott tröste[66] Euch! – Noch eins – schickt doch in meinen Ort nach Weißenberg – da ist die Friedrike wieder in unserm Hause.
WIRTIN. Ich weiß, das liebe Mädchen ist diesen Morgen hier durchgekommen – es ist ein herzlich Ding.
ANTON mit Feuer. Nicht wahr? Nicht wahr, Riekchen ist gut? Nicht wahr, ihrer gibt's wenige? Mit unterdrückten Tränen. So ehrlich – so hübsch – so brav –
WIRTIN. Das ist gewiß.
ANTON gefaßter. Nun, so tut mir den Gefallen, geht hin – ich muß über Feld – und das Schreiben will mir nicht von der Hand – ich – ich kann's Euch sagen, ich habe das Mädchen gern. Sagt ihr, ich wollte ihr bald schreiben – bald! – Ich – Er wirft sich mit Ausbruch von Tränen auf den Stuhl. Ach, lieber Gott!
WIRTIN. Herr Förster, wie wird Ihnen?
ANTON reißt Halsbinde und Hemdkragen auf. Es ist mir so heiß – so ängstlich, so bange. Ich hätte doch den Wein nicht trinken sollen.
WIRTIN. Liebes Kind! Sie sind doch da nicht auf üblem Wege?
ANTON. Ich wollte bald schreiben – und ich wollte sie in alle Ewigkeit nicht vergessen – Sie möchte nur nicht weinen, es ginge mir gut, recht gut.
WIRTIN. Aber Sie kommen ja bald wieder; warum soll ich –
ANTON. Nicht so bald – damit sie ruhig ist – tut mir die Liebe! Denkt, es wäre Euer Anton, der Euch so bäte – –
WIRTIN. Ja lieber Gott, dann wollte ich – Ja, ich will es bestellen! Und an Ihre Eltern?
ANTON mit heftiger Bewegung. Einen Gruß – ich wäre hier durchgereist – ich ließe ihnen noch einmal adieu sagen. Hört Ihr? – Adieu an Vater und Mutter!
WIRTIN. Mein Gott! Was ist Ihnen? – Sie bluten ja aus der Nase, Herr Förster! Sie ergreift seine Hand.
ANTON wendet sich etwas ab und hält das Tuch vor. Sie sollten Riekchen gut halten – ich wollt' es ihnen ewig – ewig danken – und ich wollte mich gut halten und brav werden – Fast mit Schluchzen. und wenn ich zu sterben käme – so sollten sie Riekchen zur Erbin einsetzen, und – Mutter, Gott tröst Euch! Reißt sich gewaltsam los und fort.
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