[204] Leopoldine. Graf Hyazinth. Figaro.
HYAZINTH der ihr an der Thür begegnet, läßt sie gleich umkehren. Wie mag man doch nur ungemeldet – Er sieht bedeutend umher. Wo ist denn die Livree?
LEOPOLDINE ängstlich, und mit einer durch den ganzen Auftritt immer mehr steigenden Verzweiflung. Im Corridor – Ich weiß es nicht – Ach, lieber, bester Onkel, ich bin verloren.
HYAZINTH. Hat jemand Ihnen denn manquirt?
LEOPOLDINE. Ach nein – Barmherzigkeit! – Ich komme, Ihre Hilfe ansehen.
FIGARO. Erlauben Ihro Excellenz, daß ich dem Herrn Grafen Baptist aufwarten darf?
HYAZINTH. Wir sind es wohl zufrieden.
FIGARO geht dahin ab.
HYAZINTH kalt. Barmherzigkeit? – Wer ist der Supplikant?
LEOPOLDINE. Hier, Ihre arme Nichte Sie stürzt ihm zu Füßen. die Ihre Knie umfaßt, und um Erbarmen weint.
HYAZINTH. Mein Gott! Er legt die Hand auf's Herz. Wie haben wir uns alterirt! Stehen Sie doch auf. Er faßt seinen[204] Puls. Die Emotion war stark – Erbarmen, sagen Sie? – Weshalben?
LEOPOLDINE. Man will an Ihren Bruder mich verkaufen – der mich nicht liebt – den ich nicht liebe. –
HYAZINTH. Nur langsam, daß man es auch kapire. Sie sagten –
LEOPOLDINE. Ach, daß ich einen andern liebe – daß man mich opfert –
HYAZINTH. Einen andern? – Sie liebten vielleicht uns?
LEOPOLDINE. Wie – uns?
HYAZINTH. Ja! Uns – den ältern Herrn? Ich ließ das der Frau Mutter gleich bemerken, allein –
LEOPOLDINE. Ich ehre Sie wie meinen Vater, liebster Graf.
HYAZINTH. Das war scharmant gesagt, Nièce!
LEOPOLDINE. Doch, meine Liebe – gehört dem Grafen Bardenrode.
HYAZINTH. Ich bin nicht gegen ihn. Doch Ihre Mutter –
LEOPOLDINE. Die gibt aus Rache – ach, daß ich selbst es sagen muß! – mich hin an Ihren Bruder.
HYAZINTH. Aus Rache? – das ist doch nun kurios! – Man gibt kein Glück aus Rache.
LEOPOLDINE. Es ist für mich kein Glück. – Ich kann ihn ja nicht lieben.
HYAZINTH. Ja so! – Allein, was klagen Sie denn eigentlich?
LEOPOLDINE. Ich klage gegen Ungerechtigkeit – die größte Ungerechtigkeit.
HYAZINTH. Die größte Ungerechtigkeit? Fort bien!
LEOPOLDINE. Ich bitte Sie um Rettung.[205]
HYAZINTH. En vérité, Sie dauern mich.
LEOPOLDINE. Ach sprechen Sie gegen diese Heirath.
HYAZINTH. Wie? gegen –
LEOPOLDINE. Ich gehe nicht von hier, bis Sie mir helfen.
HYAZINTH. Helfen? – Hm! – Gedulden Sie sich einen Augenblick. Er geht an die Seite, und zählt ohne von Leopoldinen bemerkt zu werden, die Knöpfe vorn am Kleide; da er an den letzten kommt, stutzt er, schüttelt den Kopf, seufzt, geht zu Leopoldinen, und sagt in feierlichem Tone. Mein Kind! – das Schicksal spricht – Sie müssen mit unserm Bruder, dem Herrn Grafen Christoph, sich vermählen.
LEOPOLDINE. Ach, war ich Ihnen jemals –
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