Dritte Szene.

[31] Vorige. Amtmann Grund. Rentmeister Haller. Förster Grünmann. Mehrere Jäger. Schulmeister Rohr. Amtspraktikant Hager. Ortsrichter Strenge. Mehrere andere Beamte und einige alte Bauern, sämtlich festlich gekleidet, treten durch die Seitentür, welche von zwei Dienern geöffnet wird, ein; auch die übrige Dienerschaft des Schlosses versammelt sich im Hintergrunde des Saales. Christoph kommt mit und stellt sich zu Torf und Hochmann.


GRUND tritt, nachdem sich alle andern im Halbzirkel aufgestellt und geordnet haben, feierlich vor, räuspert sich und beginnt. Gnädiger Herr![31]

ROBERT fällt ihm in die Rede. Lieber Herr Amtmann! Ich bin im vorhinein überzeugt, daß Sie in Ihrer Rede mir alle möglichen guten Eigenschaften eines Gutsherrn beigelegt haben, und ich will daher diese gute Meinung alsogleich wenigstens zum Teil rechtfertigen. Ich mache Ihnen daher bekannt, daß ich Sie alle in Ihren bisherigen Ämtern oder Diensten beibehalte. Da ich aber weiß, daß die Besoldung unter dem früheren Besitzer nicht im Verhältnis zu Ihrer Bemühung stand, und dies manchen auf Abwege führen könnte, so sichere ich von heute an sämtlichen Beamten das Doppelte von dem, was sie bisher bezogen haben, zu.


Sämtliche Beamten verneigen sich tief.


AMTSPRAKTIKANT HAGER stoßt verzweiflungsvoll einen Seufzer aus. O Himmel! Drückt das Sacktuch vor die Augen.

ROBERT. Was ist denn dem alten Manne? –

GRUND zu Hager. Unverschämter! –

ROBERT zu Hager. Treten Sie vor! – Wer sind Sie?

HAGER. Seit fünfundzwanzig Jahren – Praktikant, und habe noch gar keine Besoldung bezogen; und nun – nun sichern Euer Gnaden mir das Doppelte von dem zu, was ich bisher bezogen habe – das halt' ich nicht aus.

ROBERT. Fünfundzwanzig Jahre umsonst gedient??!! – Herr Amtmann – ist denn der Mann gar nicht brauchbar?

GRUND. O ja, er ist recht sehr brauchbar, aber Achselzuckend. ein Raisonneur!

HAGER. Raisonneur!? Wenn etwas in mir raisonnierte, so war's mein Magen.[32]

ROBERT. Ich sehe ein, daß es in Ihrer Lage schwer hält, zufrieden zu sein; – Sie treten von heute an in den Bezug eines Gehaltes.

HAGER küßt Roberts Hand. Dank! Tausend Dank, gnädiger Herr! O Wonnegedanke, ich habe einen Gehalt! Jetzt kann ich vielleicht sogar noch heiraten! Eilt ab.

CHRISTOPH. 's ist merkwürdig! – Wie so ein Mensch angestellt ist – denkt er gleich ans Heiraten und doch sagt das Sprichworts: Wem der Himmel ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand.

ROBERT zu Rohr. Sie sind der neue Schulmeister des Orts?

ROHR. Euer Gnaden untertänigst aufzuwarten.

ROBERT. Sie betracht' ich als den Wichtigsten unter allen meinen Beamten und Sie sollen deshalb auch in jeder Beziehung so gestellt sein, wie der erste derselben.

ROHR will Roberts Hand küssen. Gnädiger Herr!

ROBERT seine Hand zurückziehend. Keine Demütigung! Es hat mich immer empört, zu hören, daß derjenige, der Pferde oder Jagdhunde dressiert, besser bezahlt wird als der, der aus rohen Bauernjungen Menschen bilden soll! – Ich will deshalb eine Ausnahme machen. Sich zum Förster wendend. Mit Ihnen, Herr Förster, werd' ich am meisten im Verkehr sein; – ich verstehe noch von meinem Vater her etwas von der Forstwirtschaft und liebe die Jagd. Suchen Sie den Holz- und Wildstand reich zu erhalten und seien Sie meiner Erkenntlichkeit versichert!

CHRISTOPH zu Torf leise. Das ist der einzige Beamte, der um so besser bezahlt wird, je mehr Böcke er zu stande bringt.[33]

ROBERT. Und nun Ihr, Richter, und ihr Ältesten und Geschwornen der Gemeinde!

CHRISTOPH mit komischem Pathos. Hört, hört!

ROBERT. Ich erkläre sämtliche Rückstände für getilgt und verzichte für das nächstkommende Jahr auf alle Gibigkeiten. Ich selbst werde den Feld- und Weinbau stets im Auge haben und trachten, daß alle neuen Erfindungen im Gebiete der Ökonomie schleunigst auf meinem Gute in Anwendung gebracht werden. Verkündet dies der ganzen Gemeinde und sagt zugleich, daß ich für jeden, den irgend ein Unglücksfall heimgesucht hat, stets zugänglich und bemüht sein werde, nach besten Kräften jedem zu helfen. Lebt alle wohl!

ALLE fallen ein. Es lebe unser gnädigster Herr! Hoch! Hoch! Alle entfernen sich, von unten herauf wiederholt der Chor der Bauern diesen Ruf mit Begleitung von Trompeten und Pauken.

ROBERT geht zum Fenster und winkt grüßend mit der Hand hinab.


Abermaliges Vivatrufen, welches sich noch später wiederholt.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Ausgewählte Werke. Band 1, Wien, Teschen, Leipzig [1913], S. 31-34.
Lizenz:
Kategorien: