[69] Vorige. Schnapper, dann Robert und Christoph.
SCHNAPPER kommt mit einem großen Korbe. Da bin ich, Holdeste! Stellt den Korb nieder und will auf Frau von Brigge zugehen.
FRAU VON BRIGGE. Keinen Schritt näher, Schnapper bevor Sie sagen, ob alles nach Wunsch gegangen![69]
SCHNAPPER. Statt Worten spreche die Tat! – Zieht seine Brieftasche und aus derselben einen Pack Banknoten heraus. Hier sind die Trophäen meines Zuges! –
KAROLINE in die Hände klatschend. Geld ist da wirkliches Geld! – Mama, nun fahren wir doch morgen in die Stadt auf den Ball? –
SCHNAPPER zu Frau von Brigge. Nun, darf ich jetzt mich nahen, Holdeste?
FRAU VON BRIGGE. Nun so komm' Er her – Er kleiner Schelm! –
SCHNAPPER trippelt auf sie hin.
FRAU VON BRIGGE nimmt ihm die Banknoten aus der Hand und hält ihm zugleich die Wange zum Kusse hin. Nun! –
SCHNAPPER sie küssend. O Seligkeit!
FRAU VON BRIGGE. Jetzt keine Schwärmerei! Aber sprechen Sie doch – wie ging's auf dem Schlosse? –
SCHNAPPER. Ach spaßig – sehr spaßig! Ich ging, wie Sie befohlen hatten, mit dem von Ihnen unterfertigten Schuldschein zum Kassier des Herrn von Starr; derselbe gab mir das Geld und sagte: »So, nun lassen Sie aber die Unschuld unangefochten! Der gnädige Herr wird das Haus der Frau von Brigge vor Ihrer Zudringlichkeit zu schützen wissen.« – Ich war ganz verblüfft und begriff gar nicht, was der Mann da von Unschuld sprechen wollte; – aber ich hatte doch das Geld und so – so eilte ich her. –
ROBERT UND CHRISTOPH treten leise und unbemerkt ein.
FRAU VON BRIGGE. Und haben Sie gleich die nötigen Einkäufe gemacht?
SCHNAPPER. Freilich, Holdeste! Nimmt den Korb und packt aus. Hier ein delikates Fasänchen – hier[70] Forellen mit Aspik – hier Austern – das feinste Zuckerwerk – und hier der Champagner!
FRAU VON BRIGGE. Charmant! – Es wird eine herrliche Soirée; in dergleichen Arrangements war ich von jeher berühmt. – Aber wo haben Sie denn hier auf dem Lande alle diese Delikatessen bekommen können?
SCHNAPPER. Hihihi! Freilich etwas schwer – aber ich bin ein Schlaukopf – ich weiß überall Rat. Ich ging zum Koch des Herrn von Starr und zu seinem Kellermeister und brachte mit des Herrn von Starrs Geld – Herrn von Starrs Eigentum an mich. – Hihihi! War das nicht klug? –
CHRISTOPH schlägt, sich vergessend, die Hände zusammen. Euer Gnaden! –
FRAU VON BRIGGE. Wer ist hier? – Sieht sich um, die beiden erblickend. Fremde hier? – Wer sind Sie, meine Herren? Was wünschen Sie?
ROBERT leise zu Christoph Nun, so sprich! –
CHRISTOPH leise. Mir hat's die Red' verschlagen.
FRAU VON BRIGGE. Nun, was wollen Sie denn hier? –
CHRISTOPH. Was ich wollte? Für sich. Durchkarbatschen wollte ich eigentlich die ganze Bagage.
FRAU VON BRIGGE. Sie kommen mir in der Tat sonderbar vor!
CHRISTOPH. So – wir kommen sonderbar vor? Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Sie mir vorkommen.
ROBERT stoßt Christoph.
CHRISTOPH sich besinnend. Ja so! – Zu Frau von Brigge. Wissen Sie – ich und hier – Auf Robert weisend. mein Kompagnon, wir haben in der Stadt eine Handlung mit weiblichen Handarbeiten[71] – und wir haben vom Kammerdiener im Schlosse erfahren, daß Sie und Ihre Tochter sich von weiblichen Arbeiten kümmerlich ernähren, so recht kümmerlich – Indem er seinen Blick auf den mit Eßwaren bedeckten Tisch richtet. und da – da wollen wir etwas in Augenschein nehmen und dann Bestellungen machen.
FRAU VON BRIGGE im geringschätzenden Tone. Weibliche Handarbeiten? Hm – nun ja – meine Tochter macht so manchmal zum Zeitvertreibe Stickereien – aber – Stolz. von einem »Davon leben« ist, Gott sei Dank, noch nicht die Rede!
KAROLINE ans Fenster eilend. Mama – der Leutnant – und der Herr Förster – sie bringen noch ein paar Offiziere mit. Grüßt zum Fenster hinaus.