Zweite Szene.

[82] Christoph. Helfer, dann Matthias.


HELFER tritt ein. Guten Tag, Herr Christoph!

CHRISTOPH überrascht. Was – Sie hier? – Donnerwetter! Zieht an einem Glockenzuge.[82]

MATTHIAS eilt herein. Was befehlen der Herr Haushofmeister? –

CHRISTOPH. Was hast du eben dem Portier sagen sollen?

MATTHIAS. Daß der gnädige Herr für niemand zu Hause ist als für Herrn von Toßmann –

CHRISTOPH auf Helfer weisend. Ist dies der Herr von Toßmann?

MATTHIAS. Nein.

CHRISTOPH. Folglich ist der Befehl überschritten.

MATTHIAS. Ich hab's dem Portier gesagt.

CHRISTOPH. Folglich ist der Portier der Schuldige – und du gehst gleich hinab und sagst ihm, daß er binnen vierzehn Tagen entlassen ist. – Allez!

MATTHIAS ab.

HELFER. Aber, Herr Christoph! Ich bitte Sie –

CHRISTOPH. Nutzt nichts!

HELFER. Der Portier kennt mich ja, weiß, daß ich des Herrn Vetter bin, und da wird er gedacht haben –

CHRISTOPH. Gedacht! Das ist eben sein Verbrechen und dieses muß geahndet werden.

HELFER. Aber seit wann muß denn ich – ich mich auch melden lassen, wenn ich mit Robert sprechen will? – Gewiß – Robert hat das nicht befohlen!

CHRISTOPH. Mit Worten nicht aber ich habe es in seinem Gesichte gelesen, daß ihm Ihre Besuche nicht immer angenehm sind, und ich habe daher diese Verfügung getroffen.

HELFER traurig. Mein Besuch unangenehm?

CHRISTOPH. Nun ja; – Sie können sich aber auch gar nicht in den Ton fügen, der seit neuerer Zeit in unserm Hause herrscht.[83]

HELFER. Nein – das kann ich nicht.

CHRISTOPH. Der Herr will nur Besuche empfangen, die ihm Vergnügen machen, und Sie – Sie kommen ihm immer mit Ihren guten Lehren und Ermahnungen. – Sie kommen mir gerade vor wie der alte Burggeist, von dem ich einmal in einem Roman gelesen habe, der immer mitten unter einem lustigen Bankette mit dräuend erhobener Hand erschienen ist und »Wehe! Wehe!« gerufen hat.

HELFER. Ja: »Wehe – Wehe!« möcht' ich auch rufen, wenn ich Roberts jetziges Treiben betrachte.

CHRISTOPH. Na, so rufen Sie: »Wehe«! wenn's Ihnen Vergnügen macht, aber nicht hier in diesem Palais. – Horchend. Aber still – der gnädige Herr kommt – ich bitte Sie – gehen Sie hinaus!

HELFER. Was – ich soll wieder fort? – Ich muß ihn sprechen, notwendig sprechen –

CHRISTOPH. Nun ja – ja – ich werd' sehen, was sich tun läßt, ich werde Sie melden, aber jetzt Drängend. gehen Sie hinaus, ich riskiere sonst seine Ungnade. Gehen Sie, antichambrieren Sie einige Minuten! Drängt Helfer hinaus, tritt dann zum Glockenzuge und läutet.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Ausgewählte Werke. Band 1, Wien, Teschen, Leipzig [1913], S. 82-84.
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