|
[199] (Im Frühjahr des Jahres 1839.)
Plötzlich tönen meine Saiten,
Wie von Schmerz und Lust bewegt,
Schmerz, daß Deiner Schwester Scheiden
Schwer sich mir ans Herz gelegt,
Lust, daß Du, Geliebte! Hehre!
Einem aus dem Sängerbund,
Den gedrückt der Erde Schwere,
Gabest Deine Milde kund.
Dies und das hat mich gerühret,
Und ich kann mich halten nicht,
Daß, wenn sich's auch nicht gebühret,
Heut mein Herz zu Deinem spricht.
Offen spricht: Vernimm die Wahrheit!
Herz! Du bist die Poesie,
Die in solcher Engelsklarheit
Leuchtete dem Lande nie.
Jüngst im Traum hab' ich gesehen
Licht Dich und voll Lieblichkeit,
Ein lichtblauer Flor der Feen,
Silberschimmernd war Dein Kleid.
Und zugleich ist mir erschienen
Unser Land, vom Lenz durchlacht,
Tal und Berg, die lichten, grünen,
Alter Wälder dunkle Nacht.
Hörte seiner Flüsse Tönen,
Seiner Sänger bunten Sang,
Sah Dich als Schutzengel krönen
Von des Landes Blüt' und Klang.
Damals ist es mir gekommen
(Dir allein sei es bekannt!).
Gott zu bitten, daß genommen
Nie Du werdest diesem Land.[199]
Dieses ist mein Beten, Sehnen,
Ernste Wahrheit, kein Gedicht,
Niederschreib' ich Dir's mit Tränen,
Glaub' es, oder glaub' es nicht.
Daß ich solches Dir geschrieben,
Weiß kein Mensch auf dieser Welt,
Drum zernichte nach Belieben
Dieses Blatt, wenn's Dir mißfällt.