Dritte Vorstellung.

[68] Felix hatte, um nicht erkannt zu werden, schnell seinen Rock auf die Sonntagsseite gedreht und folgte mir ins Wirtshaus nach.

Er erzählte mir, wie er als Stadttrommler Dienste genommen, auch zwölf Groschen Handgeld erhalten habe, mit denen er nun schon bis aus Meer reichen werde.

Die Harfnerin spielte schon im Wirtszimmer den Gästen vor; auch ein kleines braunes Mädchen war da, das machte gar seltsame Stellungen, legte sich bald in Form eines Ringes, bald machte es eine Schlange, bald ein Meerfräulein, bald einen Vogel, auch ging es mit großer Fertigkeit auf den Händen, indem es den Körper grad' ausstreckte, mit den Füßen aber einen Fischschwanz bildete.

In derselben Wirtsstube ließ sich auch ein Mann um das Geld sehen: denn derselbe hatte eine Nase, die er, wie ein Perspektiv, nach Belieben eine Strecke herausziehen und wieder hineinstecken konnte, auch vermochte er, mit derselben einen Knopf zu machen, welches ein lustig Gelächter kausierte.

Felix, den ich zu Tische genommen, aß nichts, wie ich im stillen bemerkte, sondern brachte insgeheim, was ich ihm vorlegte: Suppe, Fleisch, Gemüs und Brot, alles unter dem Tisch in seine Rocktaschen, die mit Leder ausgefüttert waren; mit dem Munde aber tat er immer, als äße er, und lobte den Geschmack der Speisen überaus.


Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 68-69.
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