Zweiter Auftritt

[56] Agathe allein.


Nr. 8. Szene und Arie


AGATHE.

Wie nahte mir der Schlummer,

Bevor ich ihn gesehn?

Ja, Liebe pflegt mit Kummer

Stets Hand in Hand zu gehn!

Ob Mond auf seinem Pfad wohl lacht?


Sie öffnet die Altantür, so daß man in eine sternenhelle Nacht sieht.


Welch schöne Nacht!


Sie tritt in den Altan und erhebt in frommer Rührung ihre Hände.


Leise, leise,

Fromme Weise!

Schwing dich auf zum Sternenkreise.

Lied erschalle!

Feiernd walle

Mein Gebet zur Himmelshalle!


Hinausschauend.


O wie hell die goldnen Sterne,

Mit wie reinem Glanz sie glühn!

Nur dort in der Berge Ferne,

Scheint ein Wetter aufzuziehn.[56]

Dort am Wald auch schwebt ein Heer

Dunkler Wolken dumpf und schwer.

Zu dir wende

Ich die Hände,

Herr ohn' Anfang und ohn' Ende!

Vor Gefahren

Uns zu wahren

Sende deine Engelscharen! –


Wieder hinausschauend.


Alles pflegt schon längst der Ruh';

Trauter Freund, wo weilest du?

Ob mein Ohr auch eifrig lauscht,

Nur der Tannen Wipfel rauscht;

Nur das Birkenlaub im Hain

Flüstert durch die hehre Stille –

Nur die Nachtigall und Grille

Scheint der Nachtluft sich zu freun. –

Doch wie? Täuscht mich nicht mein Ohr?

Dort klingt's wie Schritte!

Dort aus der Tannen Mitte

Kommt was hervor!

Er ist's! er ist's!

Die Flagge der Liebe mag wehn!


Sie winkt mit einem weißen Tuch.


Dein Mädchen wacht

Noch in der Nacht! –

Er scheint mich noch nicht zu sehn!

Gott, täuscht das Licht

Des Monds mich nicht,

So schmückt ein Blumenstrauß den Hut!

Gewiß, er hat den besten Schuß getan!

Das kündet Glück für morgen an!

O süße Hoffnung! Neu belebter Mut! –

All meine Pulse schlagen,

Und das Herz wallt ungestüm,

Süß entzückt entgegen ihm!

Konnt' ich das zu hoffen wagen?

Ja, es wandte sich das Glück

Zu dem teuern Freund zurück:

Will sich morgen treu bewähren! –[57]

Ist's nicht Täuschung? – Ist's nicht Wahn?

Himmel, nimm des Dankes Zähren

Für dies Pfand der Hoffnung an!

All meine Pulse schlagen,

Und das Herz wallt ungestüm,

Süß entzückt entgegen ihm.


Quelle:
Carl Maria von Weber: Der Freischütz. Leipzig [o.J.], S. 56-58.
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