[434] Frau Staar – Frau Brendel – Frau Morgenroth beide nach ihrer Art geputzt.
FRAU STAAR. Nun Frau Muhme? der liebe bescheidene Gast!
FRAU BRENDEL. Der scheint mir ein lockerer Zeisig.
FRAU MORGENROTH. Haben Sie bemerkt, wie er das Brot zu Kugeln drehte, und die Jungfer Muhme damit warf?
FRAU STAAR. Der böse Mensch! die edle Gottesgabe!
FRAU BRENDEL. Den roten Wein hat er aufs Tischtuch verspritzt.
FRAU MORGENROTH. Was wollen Sie sagen! beim Lichtputzen hat er sogar einen Funken darauf fallen lassen.
FRAU STAAR. I du Bösewicht! mein damastnes Tischtuch.
FRAU BRENDEL. Das Essen schien ihm auch nicht recht zu schmecken.
FRAU MORGENROTH. Er ließ manche Schüssel ganz vorübergehn. Schickt sich das?
FRAU STAAR. Ich habe ihm doch genug gesagt, wie gut jede Schüssel zubereitet sei, und aus welchen Ingredienzien sie bestehe.
FRAU BRENDEL. Ich denke, am Nötigen haben wir es alle nicht fehlen lassen.[434]
FRAU MORGENROTH. Er war ja so unverschämt, sich das Nötigen ganz zu verbitten.
FRAU STAAR. Man sieht, daß er noch wenig gute Gesellschaft frequentiert hat.
FRAU BRENDEL. Nicht einmal den Kuchen hat er gelobt, und der war doch vortrefflich.
FRAU MORGENROTH. Außerordentlich mürbe.
FRAU BRENDEL. Er zerging auf der Zunge.
FRAU MORGENROTH. Vermutlich selbst gebacken?
FRAU STAAR. Zu dienen.
FRAU BRENDEL. O das merkt man gleich.
FRAU STAAR. Allzu gütig.
FRAU MORGENROTH. Der Teig ist wie Schaum.
FRAU STAAR. Sie beschämen mich.
FRAU BRENDEL. Darf ich fragen, wieviel Eier die Frau Muhme dazu nehmen?
FRAU STAAR. Ich werde die Ehre haben, das ganze Rezept mitzuteilen. Man nimmt erstens –
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