Zwölfte Scene.

[27] Florinda allein.

Sie eilt in immerwährender Beängstigung bald an das Fenster, bald zur Pforte. Unausgesetztes Stürmen. Sie faltet die Hände


FLORINDA.

Allgütiger! beschütz ihn in Gefahren.


Sie sieht durchs Fenster.


Ha, wie sie kämpfen, die Tapfern,

Sie werden hart bedrängt – er stürzt sich in die Scharen –

Sie brechen durch, sie haben freie Bahn!


Freudige Gebärde.


Wie pocht mein Herz in freudiger Erregung. –

Er stößt auf neue Scharen,

Die Feinde fallen, rings mäht sein Stahl – ihm winkt der Ausweg!


Knieend.


Darf ich dir, Ewiger, für seine Rettung danken!


Steht auf und sieht durchs Fenster.


Doch sieh, von Neuem sind sie im Gedränge


Angstvoll.


Ha! sie umgeben ihn, – rings wird es stiller –

Sie verfolgen ihn, noch blinkt sein Schwert!

O Gott, ihm bleibt kein Ausweg! Die Feinde dringen auf ihn ein,


Sie verbirgt das Gesicht in den Händen, dann sieht sie wieder.


O Schreckenstag, er flieht –

– Dort seh' ich ihn – jetzt hier – nun da –

Immer schrecklicher wird das Gewirre –[27]

Er ist umringt, weh ihm – ich seh ihn nicht –

Nacht wird es um mich her –


Sie beginnt zu schwanken, Siegesgeschrei von außen. Die Ritter ohne Roland stürzen zur Thür hinein.


DIE RITTER.

O Mißgeschick!


Sie wirft einen letzten Blick durchs Fenster und sinkt mit den Worten.


Roland – gefangen! Ohnmächtig zusammen.


Die Ritter umgeben sie und bemühen sich vergeblich, sie ins Leben zurückzubringen. Boland

erscheint mit Soldaten. Er erblickt Florinda.


BOLAND.

Meine Tochter! Verruchtes Kind!


Seine Soldaten schleppen die noch Ohnmächtige hinweg, er folgt ihnen langsam und niedergeschlagen.


DIE RITTER.

Muth und Besinnung schwinden;

Ein düstres Todesgrau'n

Läßt mich nur Qualen finden,

Doch nirgends Rettung schau'n.


Stumme Gruppe des Entsetzens und der Verzweiflung.


Quelle:
Franz Schubert: Fierrabras. Text von Josef Kugelwieser, Leipzig [o.J.], S. 27-28.
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