5. Szene.

[79] Vorige. Mehlmeyer.


MEHLMEYER tritt durch die Mitte ein, begegnet Marie, flüstert ihr etwas ins Ohr und legt dann zum Zeichen, daß sie schweigen soll, den Finger auf den Mund.

MARIE schüttelt den Kopf und geht rasch ab.

CLARA während dessen zu Rudolf. Nun, du abscheulicher Geheimniskrämer?

RUDOLF. Oho, wenn du so anfängst und dich nicht aufs Bitten legst, erfährst du gar nichts.

CLARA. Ach, quäle mich doch nicht länger.

RUDOLF. Na, meinetwegen. Also –

CLARA spitzt neugierig die Ohren.

MEHLMEYER vortretend. Ich störe doch nicht?

CLARA zurückfahrend, bei Seite. Ach, das ist aber ärgerlich. Setzt sich auf das Sopha und nimmt ein Strickzeug zur Hand.

RUDOLF. Der Tausend, Mehlmeyer! Ein seltener Besuch.

MEHLMEYER. Aber sehr angenehm, nicht wahr? Meine Frau ist auch da.

CLARA. Die Emma? Wo denn?

MEHLMEYER. Sie hat die Jungens abgefaßt, das heiß sie spielt mit ihnen draußen auf dem Hof.

CLARA. Kommt sie denn nicht herein?

MEHLMEYER. Jawohl, gleich, sie hat nur noch einen kleinen Gang.

RUDOLF. Na, wie geht's in der Ehe?

MEHLMEYER. O, ich danke, recht gut. Wenn ich nur nicht so viel Stunden geben müßte, oder wenn ich sie wenigstens zu Hause geben könnte! Aber vier Treppen klettern die jungen Damen nicht gern. Leise zu Rudolf ihn auf die Seite führend. Du, Starke, ich habe dir was zu sagen; meine Frau hat eine Entdeckung gemacht. Dudeldidum![79]

RUDOLF. Wirklich? Ah, da gratuliere ich.

MEHLMEYER. Ach, dummes Zeug! Ich muß es dir allein sagen, wenn deine Frau geht.

RUDOLF. Damit wirst du wohl vorderhand kein Glück haben, sie wartet auch auf eine Entdeckung.

MEHLMEYER. Dann komm' mir nach; ich erwarte dich nebenan bei Wagner. Apropos, was ich dich fragen wollte – Trommelt eine Passage auf Rudolf's Schulter. Du nimmst es doch nicht übel, daß ich dir das Geld noch nicht wiedergegeben habe?

RUDOLF. Was für Geld? Du bist mir ja nichts schuldig.

MEHLMEYER. Nein? Ach, das freut mich. Ich dachte, weil ich schon alle Bekannte – Dudeldidum! Dann kannst du mir wohl zehn Mark pumpen?

RUDOLF. Sitzt du schon wieder drin?

MEHLMEYER. Nur so 'ne vorübergehende Verlegenheit. Du weißt ja, ich habe eine reiche Tante in Bremen, einen reichen Onkel in Hamburg und einen reichen Bruder auf den Südsee-Inseln. Wenn einer stirbt –

RUDOLF fortfahrend. Erbe ich was.

MEHLMEYER. Nee, ich. Auf seinem Hut trillernd. Also, du willst nicht?

RUDOLF. Nachher, wir werden sehen. Wozu brauchst du das Geld?

MEHLMEYER legt seinen Arm in Rudolf's Arm. Weißt du, ich will meiner kleinen Frau eine große Freude machen. Sie beklagte sich gestern Abend, daß ich so schlechte Zigarren rauche; übermorgen ist ihr Geburtstag, da möchte ich ihr so ein kleines Kistchen schenken – feine Regalias – ich rauche sie ihr vor.

RUDOLF. Das ist allerdings sehr liebenswürdig von dir.

MEHLMEYER. Die Sache ist also abgemacht. Drückt Rudolf die Hand und geht zu Clara. Adieu, Frau Starke, ich spreche nachher wieder vor und hole Emma ab. Dudeldidum.


Ab durch die Mitte.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 79-80.
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