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[483] Erasmus von Rotterdam / in seinen Gesprächen / erzehlet eine Geschicht / welche würdig ist / daß man sie mercke: Und ob er zwar selber es eine Fabel[483] nennet / so bezeugets doch jetzund die tägliche Erfahrung / daß es sich in der Natur wahrhafftig also befindet. Zwischen der Spinnen und der Kröten ist eine innerliche und inbrünstige Feindschafft und grosse Widerwärtigkeit / daß / wann die Spinne der Kröten ansichtig wird / sie alsbald diese anfähret / und zu tödten sich bemühet. / Auf eine Zeit hatte ein Mönch in Britannien etliche Bündlein Grases oder Binsen gesammlet / selbige in seine Kammer zu streuen / zur Erfrischung. Er legt sich schlaffen aufm Rücken / siehe /da kreucht ihm eine grosse Kröte ans Maul / hefftet sich an die Ober- und Unter-Leffze mit ihren vier Füssen gar fest. Die Kröte mit Gewalt abzureissen / wäre der gewisse Tod gewesen: Sie sitzen lassen / und so immerfort am Munde tragen / wäre greulicher als der Todt. Was war hier für Mittel und Rath? Da seynd etliche Naturerfahrne Leute gewesen / welche gerathen /man solte den Mönch ans Fenster tragen / aufn Rücken legen / gerade unter eine grosse Spinne / die eben zur Zeit allda ihre Herberge hatte. Solches ist geschehen. Die Spinne / so bald sie ihres Feindes / der Kröten / gewahr worden / hat sich mit einem Faden schleunig herunter gelassen / ist der Kröten aufn Leib gesessen / ihr einen Stich gegeben / und alsbald wieder mit ihrem Faden in die Höhe gefahren. Die Kröte fänget an zu schwellen / bleibet aber sitzen. Die Spinne sticht noch einmal: Die Kröte schwillet noch mehr / stirbt aber doch nicht. Endlich drittens wie die Spinne noch eins gestochen / hat die Kröte ihre vier Füsse nach sich gezogen / ist gestorben / und vom Mönche abgefallen.
Es ist nichts in der Natur so böß oder gifftig / daraus den Menschen nicht kan Nutz und Frommen entstehen.