[194] Marinelli. Odoardo Galotti.
MARINELLI. Wo blieben Sie, mein Herr? wo blieben Sie?
ODOARDO. War meine Tochter hier?
MARINELLI. Nicht sie; aber der Prinz.
ODOARDO. Er verzeihe. – Ich habe die Gräfin begleitet.
MARINELLI. Nun?
ODOARDO. Die gute Dame!
MARINELLI. Und Ihre Gemahlin?
ODOARDO. Ist mit der Gräfin; – um uns den Wagen sogleich heraus zu senden. Der Prinz vergönne nur, daß ich mich so lange mit meiner Tochter noch hier verweile.
MARINELLI. Wozu diese Umstände? Würde sich der Prinz nicht ein Vergnügen daraus gemacht haben, sie beide, Mutter und Tochter, selbst nach der Stadt zu bringen?
ODOARDO. Die Tochter wenigstens würde diese Ehre haben verbitten müssen.
MARINELLI. Wie so?
ODOARDO. Sie soll nicht mehr nach Guastalla.
MARINELLI. Nicht? und warum nicht?
ODOARDO. Der Graf ist tot.
MARINELLI. Um so viel mehr –
ODOARDO. Sie soll mit mir.
MARINELLI. Mit Ihnen?
ODOARDO. Mit mir. Ich sage Ihnen ja, der Graf ist tot. – Wenn Sie es noch nicht wissen – Was hat sie nun weiter in Guastalla zu tun? – Sie soll mit mir.
MARINELLI. Allerdings wird der künftige Aufenthalt der Tochter einzig von dem Willen des Vaters abhangen. Nur vors erste –
ODOARDO. Was vors erste?
MARINELLI. Werden Sie wohl erlauben müssen, Herr Oberster, daß sie nach Guastalla gebracht wird.
ODOARDO. Meine Tochter? nach Guastalla gebracht wird? und warum?
MARINELLI. Warum? Erwägen Sie doch nur –[194]
ODOARDO hitzig. Erwägen! erwägen! Ich erwäge, daß hier nichts zu erwägen ist. – Sie soll, sie muß mit mir.
MARINELLI. O mein Herr, – was brauchen wir, uns hierüber zu ereifern? Es kann sein, daß ich mich irre; daß es nicht nötig ist, was ich für nötig halte. – Der Prinz wird es am besten zu beurteilen wissen. Der Prinz entscheide. – Ich geh' und hole ihn.
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Emilia Galotti
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