Fünfter Teil

1760
I. Den 3. Januar 1760
Sieben und siebenzigster Brief

[242] Ecce iterum Crispinus!

Ich werde abermals das Vergnügen haben, Sie mit einem Werke zu unterhalten, das durch die Feder des berühmten Herrn Dusch geflossen ist.


– – – Et est mihi saepe vocandus

Ad partes. – – –


Und wie oft werde ich dieses abermals, abermals brauchen müssen! Herr Dusch hat geschrieben, schreibt, und wird schreiben, so lange er noch aus Hamburg Kiele bekommen kann: Schoßhunde und Gedichte; Liebestempel und Verleumdungen; bald nordische und bald allgemeine Magazine; bald satyrische, bald hämische Schriften; bald verliebte, bald freimütige, bald moralische Briefe; bald Schilderungen, bald Übersetzungen; und Übersetzungen bald aus dem Englischen, bald aus dem Lateinischen.


– – Monstrum nulla virtute redemptum![242]


»O der Polygraph! Bei ihm ist alle Kritik umsonst. Ja man sollte sich fast ein Gewissen machen, ihn zu kritisieren; denn die kleinste Kritik, die man sich gegen ihn entfahren läßt, gibt ihm Anlaß und Stoff zu einem Buche. Und so macht sich ja der Criticus seiner Sünden teilhaft! – Zwar von diesen seinen Streitbüchern, sage ich Ihnen diesesmal nichts. Sie sind noch schlechter als seine Übersetzungen; und das Beste muß ich Ihnen doch zuerst bekannt machen.

Eine Duschische Übersetzung also abermals! Und der Abwechselungen wegen, nicht sowohl aus dem Englischen als aus dem Lateinischen! Eine Zwitterübersetzung aus beiden; wenn man sie recht benennen soll. – Lesen Sie den Titel davon am Rande.«118 – »Aber wo steht denn da etwas von Herr Duschen? Sie werden sich irren.« – Nicht doch; ich irre mich nicht. Das Buch ist ja so dicke; und scheinet mit einer so liebenswürdigen Geschwindigkeit translatieret zu sein! Wer kann aber dickere Bücher geschwinder translatieren, als Herr Dusch?

Doch wenn Ihnen allenfalls dieser Beweis, weil er in Deutschland geführet wird, nicht bündig genug scheinet: Hier ist ein anderer! »Der Jugend besser fortzuhelfen«, sagt Herr Dusch in der Vorrede, »und in eben der Absicht, worin Herr Martin seinem lateinischen Texte eine engländische Übersetzung beigesetzet hat, habe ich eine eigene deutsche Übersetzung unternommen.« – Aus dieser eigenen deutschen Übersetzung nun, führe ich meinen andern bündigern Beweis.

Er lautet so! – Sie erinnern sich doch, daß ich in einem meiner vorigen Briefe,119 eine Stelle aus den Schilderungen des Hrn. Dusch getadelt habe, welche eine Beschreibung der[243] herbstlichen Nachtgleiche sein sollte? »Itzo wieget die Waage Tag und Nacht in gleichen Schalen, und der Stand der Sonne teilet den Erdkreis in Licht und Finsternis.« Sie erinnern sich doch, daß diese Beschreibung nach zwei Zeilen des Virgils sollte gemacht sein, die Herr Dusch nicht verstanden hatte?


Libra die somnique pares ubi fecerit horas,

Et medium luci atque umbris jam dividit orbem.


Nun sind diese Zeilen aus dem ersten Buche Georgicorum; und ich weiß selbst nicht aus welcher heimlichen Ahndung ich nach der Übersetzung derselben zu allererst sahe. Und was meinen Sie, daß ich da fand? Ich fand: »Wenn die Waage die Tage und die Stunden des Schlafs gleich gemacht, und den Erdkreis in Licht und Finsternis geteilet hat.« O Herr Dusch! rief ich aus. Willkommen Hr. Dusch! – Urteilen Sie selbst, ob es wohl wahrscheinlich ist, daß zwei verschiedene Skribenten eben denselben lächerlichen Fehler sollten gemacht haben? Gewiß nicht! Der Verfasser der Schilderungen und unser Übersetzer müssen eins sein; und müssen eins sein in Herr Duschen!

Aber wenn es Herr Dusch wäre, werden Sie vielleicht einwenden, warum sollte Herr Dusch eben denselben Fehler mit Vorsatz noch einmal wiederholt haben? – Ich antworte: weil er ihn für keinen Fehler hielt; weil er, ohne Zweifel, als er ihn zum andernmale beging, meine Kritik noch nicht gelesen hatte. Und als er sie endlich zu lesen bekam, war der Bogen Rr in seiner Übersetzung leider schon abgedruckt. Einen Carton aber machen zu lassen, das würde ihn zu sehr verraten haben; und er wollte mit diesem kleinen Triumphe seinen Kunstrichter durchaus nicht beglücken. Gnug, daß er sich meine Erinnerung da stillschweigend zu Nutze machte, wo es noch möglich war. In der Parallelstelle nämlich, die ich damals anführte:


Jam rapidus torrens sitientes Sirius Indos

Ardebat coelo et medium sol igneus orbem

Hauserat


hat er das medium orbem richtig übersetzt; ob es gleich auch[244] hier Ruäus falsch verstehet, indem er medium orbem hauserat durch siccaverat medium orbem gibt, aus welchem siccaverat es unwidersprechlich erhellet, daß er unter orbem den Erdkreis verstanden hat. Ich will zwar nicht verhehlen, daß den Herrn Dusch hier sein Martin eben sowohl kann zurechte gewiesen haben, als ich. Denn Martin merket bei dieser Stelle sehr wohl an, daß von der Zeit des Nachmittags die Rede sei, weil Virgil sage, die Sonne habe die Mitte oder die Hälfte ihres Laufes vollendet. Aber doch will ich noch wetten, daß Herr Dusch bei der Übersetzung seinen Martin würde vergessen haben, wenn er nicht auf einer andern Seite einen kleinen Denkzettel bekommen hätte. – Sie sollen gleich meiner Meinung sein. –

Denn, was gibt mir Herr Dusch, wenn ich ihm in eben denselben Worten: »Wenn die Waage die Tage und die Stunden des Schlafes gleich gemachet, und den Erdkreis in Licht und Finsternis geteilet hat« noch einen recht häßlichen, abscheulichen Fehler zeige? – Im Lateinischen heißt die erste Zeile


Libra die somnique pares ubi fecerit horas etc.


Man findet sie aber auch so:


Libra dies somnique pares etc.


Und was ist hier dies und dort die? Beides, wie Sie wissen, ist der alte Genitivus für diei. Aber wußte das Herr Dusch? Hat er nicht offenbar dies für den Accusativus in der mehreren Zahl genommen, da er übersetzt: »wenn die Waage, die Tage und die Stunden des Schlafes gleich macht?« Die Waage macht die Tage gleich? Welcher Unsinn! Wenn ist denn bei Herr Duschen in einem Herbste ein Tag dem andern gleich? Was kann der Mann doch gedacht haben? Virgil sagt: Wenn die Waage die Stunden des Tages und des Schlafes gleichgemacht etc. Ist denn das nicht ganz etwas anders? – Dieser Fehler des Herrn Dusch ist also unwidersprechlich. Und ich setze dazu: unverzeihlich; denn wenn er sich der Anmerkung seines Martin noch erinnert hätte, wenn er sich Zeit genommen hätte, sie wieder nachzulesen: so hätte er ihn unmöglich[245] begehen können. »Bei den alten Römern, sagt Martin, endigte sich der Genitiv der fünften Deklination in es: also war Dies eben das, was wir izt Diei schreiben. Oft wurde es Die geschrieben, welches an dieser Stelle alle Herausgeber annehmen. Ich aber habe, auf Glauben des Aulus Gellius, Dies dafür gesetzt; er sagt nämlich, diejenigen, die Virgils eigenes Manuskript gesehen, hätten versichert, daß es Dies geschrieben wäre. Q. Ennius in sexto decimo annali Dies scripsit pro diei in hoc versu:


Postremae longinqua dies confecerit aetas.


Ciceronem quoque affirmat Caesellius in oratione, quam pro P. Sestio fecit, dies scripsisse pro diei, quod ego impensa opera conquisitis veteribus libris plusculis ita, ut Caesellius ait, scriptum inveni. Verba sunt haec Marci Tullii: Equites vero daturos illius dies poenas. Quo circa factum hercle est, ut facile iis credam, qui scripserunt idiographum librum Virgilii se inspexisse, in quo ita scriptum est:


Libra dies somnique pares ubi fecerit horas;


id est: Libra diei somnique.« – Denken Sie doch nur! Diese lange Anmerkung schreibt Herr Dusch auf dem Bogen E. von Wort zu Wort hin; und auf dem Bogen Rr hat er – sie schon wieder vergessen. Was soll man von ihm sagen? Ist es nicht offenbar, daß er ohne zu denken schreibt? daß er weder bei der Anmerkung, noch bei der Übersetzung muß gedacht haben? – Und nun wieder auf mein voriges zu kommen: So gut er hier seinen Martin vergessen hatte; eben so gut hätte er ihn ja auch bei dem hauserat medium orbem vergessen können, wenn er nicht, bei meinem Ausdrucke zu bleiben, von einer andern Seite einen kleinen Denkzettel bekommen hätte.

Als Herr O. unsere Briefe herauszugeben anfing, sagte er davon: »Ich teile sie dem Publico mit, weil ich glaube, daß sie manchem, sowohl von dem schreibenden, als lesenden Teile der sogenannten Gelehrten, nützlich sein können.«120[246] – Sie glauben nicht, wie sehr des Herrn Duschs anderes Ich, oder sein kritischer Freund sich, über diese gute Meinung unseres ehrlichen O. formalisieret hat. Und hier ist doch gleich ein Exempel, an seinem eigenen Freunde, daß unsere Briefe wirklich einem sogenannten Gelehrten von dem schreibenden Teile, nützlich gewesen sind, und noch nützlicher hätten sein können, wenn es sein Autorstolz nicht verhindert hätte!

Unterdessen muß bei Fehlern von dieser Art noch etwas mehr als die bloße Nachlässigkeit des Herrn Dusch Schuld haben. Dieser Schilderer der Natur, dieser phantasiereiche Dichter muß sich von dem Weltgebäude nicht die geringste Vorstellung, nicht das allerkleinste Bild, weder nach den alten, noch nach den neuern Hypothesen, zu machen wissen. Hier ist ein neues recht lustiges Exempel: Virgil redet (lib. I. v. 242. 43.) von den beiden Polen, und sagt:


Hic vertex semper nobis sublimis; at illum

Sub pedibus Styx atra videt, manesque profundi.


Der eine Pol, sagt er, ist uns sublimis; der andere ist uns sub pedibus, und diesen, der uns sub pedibus ist, den sehen Styx atra, manesque profundi. Was kann deutlicher sein? Und doch war es Herrn Duschen nicht deutlich genug, denn er übersetzt: »Ein Pol ist uns allezeit erhaben, den andern aber sehen der Styx und die Manes, unter ihren Füßen.« – Die Manes, unter ihren Füßen? Warum nicht gar unter ihrem Kopfe. Denn Herr Dusch wird wohl einmal gehört haben, daß die Antipoden auf den Köpfen gehen. Und unter den Köpfen läßt sich immer noch eher etwas sehen als, unter den Füßen. – Der Übersetzer hat sich ohne Zweifel abermals durch die Interpretation des Ruäus verführen lassen, welcher den Vers:


Sub pedibus Styx atra videt, Manesque profundi.


in seiner Prose so versetzt und erläutert: sed illum Styx nigra, et umbrae infernae vident sub pedibus. Nur daß man es dem Ruäus nicht so unwidersprechlich beweisen kann, daß er sub pedibus auf die Manes gezogen hat, als dem Herrn Dusch![247]

Wie finden Sie diese Proben? Was glauben Sie auf die ganze Übersetzung daraus schließen zu können? »daß sie elend ist!« – Übereilen Sie sich nicht. Herr Dusch hat es für eine Bosheit erkläret, aus zwei oder drei Fehlern das Ganze zu verdammen. – Nach dem die Fehler sind, mein Herr Dusch! – Aber diese Ausflucht soll ihm inskünftige nicht mehr zu statten kommen. Und Sie müssen es sich gefallen lassen, darunter zu leiden. – Werfen Sie allenfalls den Brief hier weg, wenn Sie sich Ihrer Schuljahre nicht gern erinnern wollen.

»Ich habe mich genauer an meinen Text gebunden, sagt Herr Dusch, um jungen Leuten die Mühe zu erleichtern, als ich ohne diese Absicht würde getan haben.« – Gut! Aber mußte sich diese Sklaverei gegen den Text auch so weit erstrecken, daß die Worte der deutschen Übersetzung dem Schüler kaum so viel helfen, als ob er sie nach und nach aus dem Wörterbuche zusammen gestoppelt und so hingeschrieben hätte? Daß er nunmehr für:


– – – tenuisque Lageos

Tentatura pedes olim, vincturaque linguam


weiter nichts zu lesen bekömmt, als: den leichten Lageos, der einst deine Füße versuchen, und deine Zunge binden wird? Mußte sie gar so weit gehen, daß Herr Dusch im Deutschen lieber zu einem ganz andern Verstande Anlaß geben, als von der wörtlichen Bedeutung abgehen wollte? Z.E.


Cui tu lacte favos et miti dilue Baccho


übersetzt Herr Dusch: Du aber opfere ihr mit Milch und reifem Weine vermischten Honigseim. Miti Baccho, mit reifem Weine? Es ist wahr, mitis hat die Bedeutung reif, als wo Virgil sagt:


Heu male tum mites defendit pampinus uvas.


Wenn wir aber im Deutschen reif zu Weine setzen, so bedeutet Wein uvas, nicht aber vinum. Gleichwohl will Virgil nicht sagen, daß man der Ceres Honigseim mit Milch und reifen Trauben, sondern mit Milch und lieblichem Weine[248] vermischt, opfern solle. – Mit dem nämlichen Worte reif, begehet Herr Dusch kurz zuvor einen ähnlichen Fehler, der aber noch weit lächerlicher ausfällt. Virgil sagt:


––––annua magnae

Sacra refer Cereri, laetis operatus in herbis:

Extremae sub casum hyemis, jam vere sereno.

Tunc agni pingues, et tunc mollissima vina.


Und Herr D. übersetzt: Feiere der großen Ceres ihr jährliches Fest, und bringe ihr auf den grünenden Rasen ihr Opfer; wenn der Winter zu Ende gehet, und der Frühling schon heiter wird. Denn sind die Lämmer fett; denn ist der Wein am reifsten. – Wenn ist der Wein am reifsten? Das ist: wenn gibt es die reifsten Trauben? Wenn der Winter zu Ende geht? Wenn der Frühling nun heiter wird? O mein Herr Dusch, wie leben Sie in der Zeit! – Es kann wohl sein, daß mollis hier und da auch soviel als reif heißt, ob ich mich gleich auf keine Stelle zu besinnen wüßte. Aber es heißt doch nicht immer reif, und wenn es auch immer reif hieße: so hätten Sie es doch hier nicht durch reif geben sollen. –


(Die Fortsetzung folgt.)


II. Den 10. Januar 1760
Beschluß des sieben und siebenzigsten
Briefes

Bald vergesse ich es, an wen ich schreibe. Ich wende mich wieder zu Ihnen. Eine wörtliche Übersetzung von dieser Art muß notwendig auch da, wo sie richtig ist, unendlichen Zweideutigkeiten unterworfen sein, und hat, wenn noch so wenig an ihr zu tadeln ist, doch weiter keinen Nutzen, als daß der junge Mensch, dem Herr Dusch die Mühe zu erleichtern sucht, sein Wörterbuch seltener nachschlagen darf. Aber wehe dir, junger Mensch, »dem Herr Dusch die Mühe zu erleichtern sucht«, wenn du darum dein Wörterbuch[249] seltener nachschlägst! Höre im Vertrauen: Herr Dusch selbst hat es zu wenig nachgeschlagen. Er hat dich keiner Mühe überhoben; weil er sich selbst die Mühe nicht geben wollen, das was er nicht wußte, dir zum Besten zu lernen! Nimm dein Wörterbuch, und schlage nach, was heißt Myrtus? du findest ein Myrtenbaum. Und Herr Dusch glaubt, es heiße ein Lorbeerbaum. Denn er übersetzt:


– cingens materna tempora myrto121


durch: Daß er die Schläfe mit dem mütterlichen Lorbeer umgürte. Nimm dein Wörterbuch, und schlage nach, was heißt caper? Du findest, ein Ziegenbock. Und Herr Dusch sagt, es heiße eine Ziege Denn er übersetzt:


Non aliam ob culpam Baccho caper omnibus aris

Caeditur.122


durch: Nur dieses Verbrechens wegen wird dem Bacchus auf allen Altären eine Ziege geschlachtet. Willst du unterdessen deinen guten Freund hier entschuldigen, so sage: Ei, die Ziege ist hier ein Bock! Und das ist wahr! – Nimm nochmals dein Wörterbuch, und schlage nach, was heißt pernox? Du findest übernächtig. Und Herr D. sagt, es heiße hartnäckig. Denn, wenn Virgil von dem Ochsen sagt, der in dem blutigen Kampfe mit seinen Nebenbuhlern den Kürzern gezogen:


Victus abit, longeque ignotis exulat oris:

Multa gemens ignominiam, plagasque superbi

Victoris, tum quos amisit inultus amores:

Et stabula aspectans regnis excessit avitis.

Ergo omni cura vires exercet, et inter

Dura jacet pernox instrato saxa cubili:


so übersetzt Herr Dusch: Der Überwundene gehet davon, und scheidet weit weg in eine entfernte unbekannte Gegend, und beseufzet kläglich seine Schmach, die Wunde, die er von dem stolzen Sieger empfing, und die Geliebten, die er ungerächet[250] verlor; schauet den Stall an, und scheidet aus dem Reiche seiner Väter. Dann gibt er sich alle Mühe, seine Kräfte zu üben, und liegt hartnäckig auf harten Steinen, ohne Streue. – Pernox, hartnäckig! Siehest du, Herr Dusch wußte nur von einem einzigen Adjectivo in x, und das war pertinax!

Rede ich nicht schon wiederum mit jemand andern? – Als wenn ich es nicht wüßte, daß Sie ohnedem nicht so weit lesen würden. – Wenn ich daher dennoch einen neuen Bogen anlege, so geschieht es nicht, Sie zu unterhalten; es geschieht Herr Duschen zu belehren.

Hier sind noch einige Stellen, mein Herr Dusch, die ich unter dem Durchblättern Ihrer Übersetzung, mit der Bleifeder angestrichen habe. Wir wollen sie näher betrachten.

Virgil sagt, Lib. I. v. III daß auch derjenige Landmann seinem Acker einen großen Dienst erzeige,


–qui ne gravidis procumbat calmus aristis,

Luxuriem segetum tenera depascit in herba,

Cum primum sulcos aequant sata.


dieses übersetzen Sie: Der die geile Saat, sobald sie mit der Furche eine gleiche Höhe erreichet, von seinem Viehe, wenn sie noch im zarten Kraute stehet, abfressen läßt etc. – Mit der Furche eine gleiche Höhe erreichet: ist sehr schlecht gesagt. Die Furchen sind die tiefen Einschnitte, die der Pflug gezogen hat, und sind also auf dem gepflügten Felde, gegen die Striche Erde, welche der Pflug aufwirft, das niedrigste. Wie kann also die Saat zur Höhe dieses niedrigsten Teiles des Ackers wachsen? Die Furchen stehen hier für den Acker überhaupt; und aequare heißt hier eben machen. Der Dichter will also sagen: Wenn die Saat die Furchen eben macht; sie gleichsam mit einem ausgespannten grünen Teppiche überziehet, unter welchem die unebene Fläche des Ackers versteckt liegt. Daß aequare aber eben machen heiße, hätten Sie aus dem 175. Verse eben desselben Buchs lernen können:


Area cum primis ingenti aequanda cylindro.


Es hilft Ihnen nichts, wenn Sie zu Ihrer Entschuldigung auch[251] schon das ventos aequante sagitta aus der Äneis anführen wollten. Ein Übersetzer muß sehen, was einen Sinn macht.


Lib. I. 113


Virgil fährt fort: auch der erzeige seinem Acker eine ersprießliche Wohltat:


–––Quique paludis

Collectum humorem bibula deducit arena;

Praesertim incertis si mensibus amnis abundans

Exit, et obducto late tenet omnia limo.

Unde cavae tepido sudant humore lacunae.


Der Dichter will sagen: Wenn nach starken Regengüssen, oder nach ausgetretenen Flüssen, auf den Vertiefungen des Ackers Wasser stehen bleibt, und Pfützen macht, so soll der Landmann diese Pfützen bibula deducere arena. Das ist, wie ich es verstehe, mit Sande, als welcher die Eigenschaft hat, daß er das Wasser leicht in sich schluckt, austrocknen. Bibula arena ist mir also das Mittel, wodurch er das Wasser wegschaffen soll. Sie hingegen verstehen den Ort darunter, von welchem er es wegschaffen soll, und übersetzen: der von dem schwammigten Lande das gesammelte Wasser eines Sumpfes ableitet. Sie machen dem Landmanne eine unendliche Mühe! Das Wasser durch Kanäle von dem Acker abzuleiten, ist nichts geringes; und oft wird es für ihn schlechterdings unmöglich sein. Aber die Pfützen mit Sand austrocknen; das kann ihm sehr leicht sein. Ich weiß wohl, Sie haben diesen Fehler mit den gemeinen Auslegern gemein. Denn auch Ruäus erklärt die gegenwärtige Stelle durch: qui derivat ex terra bibula aquam illic collectam, instar paludis. Aber entschuldigen blinde Führer?


Lib. I. v. 133


Virgil will die Ursache angeben, warum Jupiter die freiwillige Fruchtbarkeit des goldnen Weltalters aufgehoben habe, und sagt, es sei geschehen:


Ut varias usus meditando excuderet artes

Paulatim et sulcis frumenti quaereret herbam.[252]


So wie in der ersten Zeile meditando das Mittel und den Weg anzeigt, wie die verschiedenen Künste hervorgebracht werden sollten: so zeigt es auch sulcis in der zweiten an. Die Menschen sollten durch ackern, sich Getreide verschaffen lernen. Sie übersetzen daher ganz links: Damit Erfahrung und Nachsinnen nach und nach verschiedene Künste mit Mühe erfinden, und in den Furchen das Kraut des Getreides suchen möchte. Hier ist alles nur halb recht!


Lib. I. v. 308


–tum figere damas,

Stupea torquentem Balearis verbera fundae:

Cum nix alta jacet, glaciem cum flumina trudunt.


Der Dichter redet von den Beschäftigungen im Winter, und rechnet darunter auch, Gemsen mit der Balearischen Schleuder zu erlegen. Sie aber, mein Herr, machen aus der Balearischen Schleuder, einen Balearischen Schleuderer und sagen dadurch eine Absurdität, denn ich glaube eben nicht, daß auf den Balearischen Inseln tiefer Schnee liegt, und die Flüsse Eisschollen treiben. Dann ist es Zeit für den Balearischen Schleuderer Gemsen zu erlegen, wenn ein tiefer Schnee liegt etc.


Lib. I. v. 475


– pecudesque locutae,

Infandum!


übersetzen Sie: Und Tiere redeten ein entsetzliches Zeichen. Sie nehmen also Infandum hier für das Adjectivum, und glauben es werde als ein Substantivum gebraucht. So aber habe ich es nie gefunden. Es ist hier das Adverbium, oder die Interjektion, wie Sie es nennen wollen. Eben wie in der Äneis:


Navibus, infandum, amissis unius ob iram

Prodimur.


Doch Sie werden sagen: Es fehlet meiner Übersetzung weiter nichts als die Interpunktion nach redeten. Ich will Ihnen glauben.[253]

Sie sehen, ich bin noch immer in dem ersten Buche. Und mehr als das erste Buch habe ich von Ihrer Übersetzung auch nicht gelesen; und auch dieses nur obenhin gelesen. Alles andere aus den übrigen Büchern ist mir bloß bei dem Aufschlagen in die Augen gefallen.

Ich fand z.E. Jährlich muß man drei bis viermal den Boden pflügen, und mit der umgekehrten Hacke die Klöße beständig zerschlagen, und dem ganzen Weingarten die Last der Blätter leichter machen. Was kann man unter diesen letztern Worten anders verstehen, als daß der Dichter die abgefallenen Blätter aus dem Weingarten wegzuschaffen, oder sie unterzuhacken befiehlet? Und doch will Virgil ganz etwas anders sagen; denn


– omne levandum

Fronde nemus123


ist von dem sogenannten Blatten zu verstehen, da man die obersten Blätter abreißt, um der Sonne mehr Kraft zu geben. Nemus ist hier eben das, was der Dichter in der 417ten Zeile arbusta nennet. Und Ihre zweideutige Übersetzung würde nur alsdenn zu entschuldigen sein, wenn anstatt nemus, vinea stünde.


Ferner fand ich in eben demselben Buche: Und den Hyläus, der dem Lapithära mit einem schweren Becher drohet. Lapithära? Was ist das für ein Ding? Ich würde es unmöglich haben erraten können, wenn ich nicht den Text zu Hülfe genommen hätte.


– Hylaeum Lapithis cratere minantem.124


Ein ganzes Volk so zu einer einzelnen Person zu verstümmeln!


Desgleichen: Auf büschichten Feldern, wo Gruß liegt. Gruß? Was heißt Gruß? Ich muß wirklich den Text wieder zu Hülfe nehmen:


et dumosis calculus arvis 125[254]


Ah, Sie haben Gries wollen schreiben! Es ist doch vortrefflich, daß Sie Virgil manchmal besser verstehet, als ich. Daß dumosis noch etwas mehr als büschicht heiße, will ich so hingehen lassen.

Auch las ich von ohngefähr die ersten funfzig Zeilen des dritten Buchs. Und wie mancherlei war mir da anstößig. Ich will Ihnen nicht aufmutzen, wie kindisch Sie diese Zeilen:


– Tentanda via est, qua me quoque possim

Tollere humo, victorque virum volitare per ora.126


übersetzt haben: Auch ich muß es versuchen, mich auf einer neuen Bahn von der Erde zu erheben, und als ein Sieger durch den Mund der Welt zu fliegen. Volitare per ora virum: durch den Mund der Welt fliegen. Ich will nicht erwähnen, daß es einen ganz schielenden Verstand macht, wenn Sie


Primas Idumaeas referam tibi, Mantua, palmas.127


übersetzen: Ich will der erste sein, der dir, Mantua, die idumäischen Palmen bringt. Was für idumäische? Denn so heißt mich der vorgesetzte Artikel die fragen? Es ist kein bloßes poetisches Beiwort mehr, sobald dieser vorgesetzt wird. – Es möchte alles gut sein, wenn Sie nur nicht aus dem feinen Hofmanne, der Virgil war, einen plumpen Prahler machten. Wie haben Sie immer und ewig die Zeilen:


Cuncta mihi, Alpheum linquens lucosque Molorchi

Cursibus et crudo decernet Graecia cestu.128


übersetzen können: Das ganze Griechenland wird mir zu Ehren im Wettlaufe streiten. Das vorhergehende illi, nämlich dem Cäsar,


Centum quadrijugos agitabo ad flumina currus


zeiget deutlich, daß mihi hier bloß als ein Füllwort stehet, so wie in unzähligen Stellen: als[255]


Depresso incipiat jam tum mihi taurus aratro

Ingemere etc.


oder


– ah nimium ne sit mihi fertilis illa.


Wenn ein Übersetzer bei dergleichen Gelegenheiten das mihi also ja ausdrücken will, so muß es gleichfalls durch das bloße deutsche Füllwort mir geschehen: »Das ganze Griechenland soll mir im Wettlaufe streiten.« Oder hätten Sie ihm durchaus eine bestimmte Bedeutung geben wollen, so hätten Sie anstatt mir zu Ehren, auf mein Geheiß sagen müssen. Denn nur dieses kann höchstens der Zusammenhang leiden. Ruäus selbst erkläret diese Stelle richtiger, als es sonst seine Gewohnheit ist, durch: meo jussu certabit cursu etc. – Doch itzt erst werde ich gewahr, daß Ihr Martin selbst, dem Dr. Trapp zu Folge, dieses mihi, durch in meum honorem gibt. Er irret sich ganz gewiß; und Sie, der Sie an mehrern Stellen von ihm abgehen, hätten ihm hier am wenigsten folgen sollen. Eben so wenig hätten Sie sich, bei dem 58ten Verse, durch seine angeführte Stelle aus dem Columella, sollen verführen lassen. Der Dichter will lehren, wie eine gute Zuchtkuh gestaltet sein müsse, und setzt endlich hinzu


– – quaeque ardua tota.129


Sie übersetzen dieses: imgleichen, wenn sie hoch ist. Arduus heißt nicht was vergleichungsweise hoch ist, sondern was sich hoch trägt. So sagt der Dichter anderswo:


Hinc bellator equus campo sese arduus infert.


Desgleichen sagt er von einer überfahrenen Schlange:


Parte ferox, ardensque oculis et sibila colla

Arduus attollens etc.


Und noch von einem andern Pferde:


– Frontemque ostentans arduus albam.[256]


Kurz, der Dichter redet von einer Kuh, die den Hals hoch trägt, und nicht von einer, die ihrer ganzen Gestalt nach hoch ist. Eben dasselbe Merkmal verlangt er auch an einer Zuchtstute, wo er sich weniger zweifelhaft ausdrücket:


– – Illi ardua cervix etc.


Und nun sollte ich Ihnen auch etwas aus dem vierten Buche anführen. Doch dieses will ich nicht eher tun, als bis Sie mir Trotz bieten werden, Ihnen in dem vierten Buche einen Fehler zu zeigen. Ich weiß, mit diesem Trotz bieten sind Sie sehr geschwind.

Auch sollte ich von Ihren Anmerkungen noch etwas sagen. Wo Sie gute Leute ausgeschrieben haben, da sind sie so ziemlich gut. Wo Sie aber etwas aus Ihren eigenen Kräften versuchen wollen, da glauben Sie gar nicht wie klein Sie erscheinen! Ich nehme die Anmerkung 20) Seite 625 zum Beweise; wo die Worte: nec gratia terrae nulla est, quam inaratae terrae, ein sauberes Pröbchen einer ganz vortrefflichen Latinität sind.

Und warum prahlen Sie mit der Richtigkeit Ihres Textes? Er ist höchst fehlerhaft, und ohne eine bessere Ausgabe nicht wohl zu brauchen. So stehet injusta für injussa, sperantia für spirantia etc. – Doch das sind alles Kleinigkeiten! Sie haben uns wieder ein dickes Buch geliefert; und dafür müssen wir Ihnen freilich verbunden sein. –

Gnug mit dem Herrn Dusch gesprochen! Was unsere galanten Briefsteller die courtoisie nennen, das ist nunmehr wieder an Sie gerichtet. Ich bin etc.

A.


VI. Den 7. Februar 1760
Ein und achtzigster Brief

Der Verfasser der scherzhaften Lieder, deren größter Teil Ihnen wegen seiner naiven Wendungen und feinen Sprache, so viel Vergnügen gemacht hat, und von welchen bereits eine zweite verbesserte Auflage erschienen ist, hat sich aufs neue[257] in einer andern, und höheren Sphäre gezeigt. In der tragischen.130 Und mit Ehren.

»Was?« – wird ohne Zweifel auch hier der kritische Freund des Herrn Dusch auffahren – »Was? ein Witzling, der den Geist der anakreontischen Gedichte besitzet, sollte auch den Geist der Tragödie besitzen? Der eine erschüttert das Herz; Schrecken und Tränen stehen ihm zu Gebote; der andere erregt ein kurzes Vergnügen über einen unerwarteten Einfall; und wenn er uns ermuntert hat, und wenn wir lachen, so hat er alle Ehre, die er hoffen kann. – Man sollte glauben,« fährt dieser tiefsinnige Kunstrichter fort, »daß diese beiden sehr verschiedenen Eigenschaften sich nicht wohl mit einander vertragen könnten. Ich wenigstens«131

Ja, er wenigstens! – Er, der Freund des Herrn Dusch! – Er wird es solchergestalt gleich a priori wissen, daß die Trauerspiele unsers scherzhaften Liederdichters nichts taugen. Wollen Sie es bei dieser philosophischen Nativitätstellung bewenden lassen? Oder wünschten Sie lieber, mit Ihren eigenen Augen zu sehen, und nach Ihren eigenen Empfindungen zu schließen? – Ich weiß schon, was Sie tun werden; und dieser Brief mag Sie darauf vorbereiten.

In dem Vorberichte klaget Herr Weise – denn warum sollte ich Bedenken tragen, Ihnen den Mann zu nennen, der Ihnen gefallen hat, und den Sie nun bald hoch schätzen werden? – über den Mangel an deutschen Trauerspielen. Daß es den Deutschen am tragischen Genie fehlen sollte, kann er sich nicht überreden. »Aber ein unglückliches Schicksal, sagt er, hat bisher über die deutsche Schaubühne gewaltet. Einige dieser Lieblinge der Musen sind in der Morgenröte ihres Witzes verblühet, und haben uns durch ihre ersten Früchte gezeiget, was für eine angenehme Hoffnung wir mit ihnen verloren haben.« – Dieses muß Sie an die Herren von Cronegk und von Brawe erinnern, von welchen beiden ohne Zweifel der letztere das größere tragische Genie war. Er hat noch ein Trauerspiel in Versen völlig ausgearbeitet hinterlassen,[258] und Freunde, die es gelesen haben, versichern mich, daß er darin mehr geleistet, als er selbst durch seinen »Freigeist« zu versprechen geschienen. – »Andere«, fähret Herr W. fort, »lassen, wir wissen nicht aus was für unglücklichen Ursachen, die Jahre des Genies vorbei fliehen: sie schmeicheln uns mit Hoffnung, und lassen sie unerfüllet, bis sie die Geschäfte des Lebens überhäufen, oder sie sich in andere Sorgen verteilen.« – Ich kann nicht sagen, wer diese andere sind. Sind es aber wirklich tragische Genies, so verspreche ich mir von ihrer Verzögerung mehr Gutes als Schlimmes. Die Jahre der Jugend sind die Jahre nicht, von welchen wir tragische Meisterstücke erwarten dürfen. Alles was auch der beste Kopf in dieser Gattung, unter dem dreißigsten Jahre, leisten kann, sind Versuche. Je mehr man versucht, je mehr verdirbt man sich oft. Man fange nicht eher an zu arbeiten, als bis man seiner Sache zum größten Teile gewiß ist! Und wenn kann man dieses sein? Wenn man die Natur, wenn man die Alten gnugsam studieret hat. Das aber sind lange Lehrjahre! Gnug, daß die Jahre der Meisterschaft dafür auch desto länger dauern. Sophokles schrieb Trauerspiele bis in die achzigsten Jahre. Und wie gut ist es einem Tragicus, wenn er das wilde Feuer, die jugendliche Fertigkeit verloren hat, die so oft Genie heißen, und es so selten sind. »Noch andern, heißt es weiter, fehlt es an Aufmunterung; sie haben niemals eine gute Schauspielergesellschaft gesehen, und kennen die dramatische Dichtkunst bloß aus den Aristoteles und Hedelin.« –

Das ist ohne Zweifel ein Hauptpunkt! Wir haben kein Theater. Wir haben keine Schauspieler. Wir haben keine Zuhörer. – Hören Sie, was ein neuer französischer Schriftsteller132 von diesem Punkte der Aufmunterung sagt: »Eigentlich zu reden, sagt er, gibt es ganz und gar keine öffentlichen Schauspiele mehr. Was sind unsere Versammlungen in dem Schauplatze, auch an den allerzahlreichsten Tagen, gegen die Versammlungen des Volks zu Athen und zu Rom? Die alten Bühnen konnten an die achtzig tausend[259] Bürger einnehmen. Die Bühne des Scaurus war mit drei hundert und sechzig Säulen, und mit drei tausend Statuen gezieret. Wie viel Gewalt aber eine große Menge von Zuschauern habe, das kann man überhaupt aus dem Eindrucke, den die Menschen auf einander machen, und aus der Mitteilung der Leidenschaften abnehmen, die man bei Rebellionen wahrnimmt. Ja der, dessen Empfindungen, durch die große Anzahl derjenigen, welche daran Teil nehmen, nicht höher steigen, muß irgend ein heimliches Laster haben; es findet sich in seinem Charakter etwas Einsiedlerisches, das mir nicht gefällt. Kann nun ein großer Zulauf von Menschen die Rührung der Zuschauer so sehr vermehren, welchen Einfluß muß er nicht auf die Verfasser, und auf die Schauspieler haben? Welcher Unterschied, zwischen heut oder morgen einmal, ein Paar Stunden, einige hundert Personen, an einem finstern Orte zu unterhalten; und die Aufmerksamkeit eines ganzen Volkes, an seinen feierlichsten Tagen zu beschäftigen, im Besitz seiner prächtigsten Gebäude zu sein, und diese Gebäude mit einer unzählbaren Menge umringt und erfüllt zu sehen, deren Vergnügen oder Langeweile von unsern Talenten abhangen soll?« – So redet ein Franzose! Und welcher Sprung von dem Franzosen auf den Deutschen! Der Franzose hat doch wenigstens noch eine Bühne; da der Deutsche kaum Buden hat. Die Bühne des Franzosen ist doch wenigstens das Vergnügen einer ganzen großen Hauptstadt; da in den Hauptstädten des Deutschen, die Bude der Spott des Pöbels ist. Der Franzose kann sich doch wenigstens rühmen, oft seinen Monarchen, einen ganzen prächtigen Hof, die größten und würdigsten Männer des Reichs, die feinste Welt zu unterhalten; da der Deutsche sehr zufrieden sein muß, wenn ihm ein Paar Dutzend ehrliche Privatleute, die sich schüchtern nach der Bude geschlichen, zuhören wollen.

Doch lassen Sie uns recht aufrichtig sein. Daß es mit dem deutschen Drama noch so gar elend aussiehet, ist vielleicht nicht einzig und allein die Schuld der Großen, die es an ihrem Schutze, an ihrer Unterstützung mangeln lassen. Die Großen geben sich nicht gern mit Dingen ab, bei welchen sie wenig oder gar keinen glücklichen Fortgang voraussehen.[260]

Und wenn sie unsere Schauspieler betrachten, was können ihnen diese versprechen? Leute ohne Erziehung, ohne Welt, ohne Talente; ein Meister Schneider, ein Ding, das noch vor ein paar Monaten Wäschermädchen war etc. Was können die Großen an solchen Leuten erblicken, das ihnen im geringsten ähnlich wäre, und sie auffrischen könnte, diese ihre Repräsentarii auf der Bühne, in einen bessern und geachtetern Stand zu setzen? –

Ich verliere mich in diesen allgemeinen Betrachtungen, die uns noch sobald keine Änderung hoffen lassen. – Das erste Trauerspiel des Hrn. Weise heißt: »Eduard der Dritte«.

Eduard der Zweite war gezwungen worden, sich von der Regierung los zu sagen, und es geschehen zu lassen, daß sie auf seinen Sohn, Eduard den Dritten übergetragen wurde, während dessen Minderjährigkeit seine Mutter Isabella, mit ihrem Lieblinge Mortimer freie Hand zu haben hofften, und sie eine Zeitlang auch wirklich hatten. Der abgesetzte König ward aus einem Gefängnisse ins andere geschleppt; und ich habe folgenden Umstand bei dem Rapin nie ohne die größte Rührung lesen können. »Als ihn die Ritter Maltraves und Gournay, die ihm als Wächter oder vielmehr als Peiniger zugegeben waren, in sein letztes Gefängnis, in das Schloß zu Barkley brachten, nahmen sie tausend unanständige Dinge mit ihm vor, sogar daß sie ihm auf freiem Felde mit kaltem Wasser, welches aus einem schlammigten Graben genommen worden, den Bart putzen ließen. So viel Beständigkeit er auch bis dahin bezeuget hatte, so konnte er sich doch bei dieser Gelegenheit nicht enthalten, sein Unglück zu beweinen, und zu erkennen zu geben, wie sehr er davon gerührt sei. Unter den Klagen und Vorwürfen, die er denjenigen machte, welche ihm mit so vieler Grausamkeit begegneten, sagte er, daß sie, sie möchten auch machen, was sie wollten, ihm doch nicht den Gebrauch des heißen Wassers nehmen sollten, um sich den Bart putzen zu lassen. Und indem ließ er zwei Ströme von heißen Tränen aus seinen Augen die Wangen herabfließen.«

Der arme Mann! – Und es war ein König! – Aber was fällt Ihnen sonst bei dieser Antwort ein? Wenn sie ein Dichter erfunden[261] hätte, würde nicht der gemeine Haufe der Kunstrichter sagen: sie ist unnatürlich; der Schmerz ist so witzig nicht? Und doch war der Schmerz hier so witzig; wenn derjenige anders witzig ist, der das sagt, was ihm die Umstände in den Mund legen. Demnach denke nur auch der Dichter vor allen Dingen darauf, seine Personen, so zu reden, in eine witzige Situation zu setzen? und er kann gewiß sein, daß alle der Witz, den ihnen diese Situation gibt, nicht nur untadelhaft, sondern höchst pathetisch sein wird. Diderot, den ich Ihnen oben angeführt habe, erläutert den nämlichen Satz durch das Exempel einer geringern Person: »Eine Bäuerin, erzählt er, schickte ihren Mann zu ihren Ältern, die in einem benachbarten Dorfe wohnten. Und da ward dieser Unglückliche von einem seiner Schwäger erschlagen. Des Tages darauf ging ich in das Haus, wo sich der Fall zugetragen hatte. Ich erblickte ein Bild, und hörte eine Rede, die ich noch nicht vergessen habe. Der Tote lag auf einem Bette. Die nackten Beine hingen aus dem Bette heraus. Seine Frau lag, mit zerstreuten Haaren, auf der Erde. Sie hielt die Füße ihres Mannes, und sagte unter Vergießung von Tränen, und mit einer Aktion, die allen Anwesenden Tränen auspreßte: Ach, als ich dich hieher schickte, hätte ich wohl geglaubt, daß diese Füße dich zum Tode trügen!« Auch das war Witz, und noch dazu Witz einer Bäuerin; aber die Umstände machten ihn unvermeidlich. Und folglich auch muß man die Entschuldigung der witzigen Ausdrücke des Schmerzes und der Betrübnis nicht darin suchen, daß die Person, welche sie sagt, eine vornehme, wohl erzogene, verständige und auch sonst witzige Person sei; denn die Leidenschaften machen alle Menschen wieder gleich: sondern darin, daß wahrscheinlicher Weise ein jeder Mensch ohne Unterschied, in den nämlichen Umständen das nämliche sagen würde. Den Gedanken der Bäuerin hätte eine Königin haben können, und haben müssen: so wie das, was dort der König sagt, auch ein Bauer hätte sagen können, und ohne Zweifel würde gesagt haben.

Aber ich komme von unserm Eduard ab. Sie wissen sein grausames Ende. Er wollte vor Betrübnis und Kummer nicht[262] bald genug sterben. Seine Wächter erhielten also Befehl, Hand anzulegen. Sie überfielen ihn, und steckten ihm eine Röhre von Horn in den Leib, durch welche sie ein glühendes Eisen stießen, das ihm das Eingeweide verbrennen mußte. Er starb unter den entsetzlichsten Schmerzen; und sein Sohn ward überredet, daß er eines natürlichen Todes gestorben sei.

Der Bruder dieses Unglücklichen, und der Oheim des jungen Königes, Edmund Graf von Kent, hatte an der Veränderung der Regierung nicht geringen Anteil gehabt. Er hatte sich von den Kunstgriffen der Isabella hintergehen lassen, und erkannte es zu spät, daß er seiner brüderlichen Liebe, zum Besten einer Buhlerin, und nicht zum Besten seines Vaterlandes, vergessen habe. Seine Großmut erlaubte ihm nicht, sich lange zu verstellen. Er ließ es Isabellen und ihrem Mortimer gar bald merken, wie übel er mit ihrer Aufführung zufrieden sei; und da sein Verhalten sonst unsträflich war, so konnten ihm diese nicht anders als mit List beikommen. Sie ließen ihm nämlich durch Personen, die er für seine Freunde hielt, auf eine geschickte Art zu verstehen geben, daß sein Bruder Eduard noch am Leben sei, und daß man seinen Tod aus keiner andern Ursache ausgesprengt habe, als um den Bewegungen zuvor zu kommen, die seine Anhänger erwecken könnten. Sie fügten hinzu, daß er in dem Schlosse Corfe genau bewahret werde, und wußten dieses vorgegebene Geheimnis nicht allein durch verschiedene Umstände zu unterstützen, sondern auch durch das Zeugnis vieler angesehenen Personen zu bestätigen, unter welchen sich zwei Bischöfe befanden, die entweder sowohl als Edmund betrogen waren, oder ihn betriegen halfen. Der ehrliche Edmund ließ sich in dieser Schlinge fangen, und faßte den Anschlag, seinen Bruder aus dem Gefängnisse zu ziehen. Er begab sich selbst nach Corfe, und verlangte frei heraus, zu seinem Bruder gelassen zu werden. Der Befehlshaber des Schlosses stellte sich bestürzt, daß Edmund von diesem Geheimnisse Nachricht bekommen habe, und leugnete ihm gar nicht, daß Eduard in dem Schlosse sei, aber er versicherte ihm, daß er die nachdrücklichsten Befehle habe, niemanden zu ihm zu[263] lassen. Edmund verdoppelte sein Anhalten; der Befehlshaber bestand auf seiner Weigerung; endlich faßte jener den unglücklichen Entschluß, diesem ein Schreiben an den Gefangenen anzuvertrauen, in welchem er ihm versicherte, daß er mit allem Ernste an seiner Freiheit arbeiten wolle. Dieses Schreiben ward sogleich der Königin gebracht! Sie hatte ihren Zweck erreicht; Edmund hatte sich strafbar gemacht. Sie vergrößerte ihrem Sohne die Gefahr, in der er sich durch die Ränke seines Oheims befinde; und kurz, Edmund verlor seinen Kopf.

Nun darf ich Ihnen bloß sagen, daß unser Dichter diese gegen den Edmund gebrauchte List, als eine Wahrheit angenommen, und das Schicksal des Edmunds mit dem Schicksale des gefangenen Königs verbunden hat: und sogleich wird Ihnen der ganze Inhalt des Stückes ohngefähr in die Gedanken schießen. Die Ökonomie ist die gewöhnliche Ökonomie der französischen Trauerspiele, an welcher wenig auszusetzen, aber selten auch viel zu rühmen ist. Und eben daher kann ich mich in keine Zergliederung einlassen.

Das erste Dutzend Verse verspricht, in Ansehung des Ausdruckes und der Wendung, nichts geringers als eine Schlegelsche Versifikation.


LOKESTER zu dem Grafen von Kent.

Ja Freund, dies ist der Dank, den man am Hofe gibt,

Wo man den Edeln haßt, und den Verräter liebt!

Ich, der der Königin ein Heer nach Suffolk brachte,

Mich bei der Welt verhaßt, und sie gefürchtet machte,

Die oft durch meinen Rat, stets durch mein Schwerd gekriegt,

Durch jenen Ruhm erwarb, durch dieses oft gesiegt;

Ich, der an sie zuletzt den König selbst verraten,

So sehr sein Elend sprach und Freunde für ihn baten:

Ich werd itzt kaum gehört, und niemals mehr befragt,

Und wär ich ohne dich, so wär ich schon verjagt.


Doch dieser schöne Anfang zeigt nur, wie edel die Sprache unsers Dichters sein könnte, wenn er sich überall die gehörige[264] Mühe gegeben hätte. Er hat sich leider ein wenig zu oft vernachlässiget, und dadurch selbst seinen Charakteren und Situationen den größten Schaden getan. Charaktere und Situationen sind die Contours des Gemäldes; die Sprache ist die Colorite; und man bleibt ohne diese nur immer die Hälfte von einem Maler, die Hälfte von einem Dichter.

Ich will Sie aber dadurch nicht abgeschreckt haben! So wie der Anfang ist, so werden Sie noch unzähliche Stellen finden. Besonders in den Szenen, die Edmund mit dem jungen Könige, und mit der Isabella hat. Was kann, einige Kleinigkeiten ausgenommen, stärker sein, als folgende Stelle? Edmund hat der Königin bittere Wahrheiten, in Gegenwart ihres Sohnes hören lassen; und sie versetzt: Er habe eine andere Sprache geführt,


– – – – so lang er noch geglaubt,

Daß er für sich allein nur Englands Thron geraubt.

EDMUND. – – – – Nein; sprich, so lang er glaubte,

Daß nicht die Königin für Mortimern ihn raubte;

So lang er noch geglaubt, es stritte seine Hand

Für Freiheit, und Gesetz, und Prinz und Vaterland;

So lang er noch geglaubt, daß er der Briten Rechte,

Die Schottland an sich riß, durch seinen Mut verfechte;

So lang er noch geglaubt, daß Englands Ruh und Glück

Dein großer Endzweck wär, und daß man das Geschick

Der Staaten Albions, der Herrschaft schwere Bürde,

Den Weisesten des Reichs indes vertrauen würde:

Allein so bald er sah, daß Geiz nach eigner Macht,

Stolz, blinde Rachbegier den Anschlag ausgedacht,

Daß man nicht für das Glück des besten Prinzen sorgte,

Und zu der Missetat frech seinen Namen borgte,

Daß man den König nicht der Freiheit überließ,

Durch Barbarngleiche Wut ihn in den Kerker stieß,

Wo man vielleicht noch itzt den Unglückselgen quälet,

Wenn unaussprechlich Leid ihn nicht bereits entseelet –


ISABELLA die ihrem Sohne den Degen von der Seite reißen will.

Verwegner! Rasender! entgehe meiner Wut –[265]

EDMUND. Kühl in des Lieblings Arm dein aufgebrachtes Blut! etc.

G.


XII. Den 20. März 1760
Ein und neunzigster Brief

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Noch ein Wort von der schuldigen Ehrenrettung des Herrn Prof. Gottscheds! Die vermeinte Ehrenrührung, darüber sich Herr Gottsched beschwert, gründet sich auf einen Brief im 17ten Stücke der Schadischen Staats- und gelehrten Zeitung, in welchem ein gewisser G. aus L. versichert, er sei der Verfasser der bekannten Schrift, die der Herr von V. unter dem Titel: Candide ou l'Optimisme, traduit de l'allemand de Mons. le Docteur Ralph, im französischen herausgegeben. Er, Herr G. aus L. habe das Manuskript an seinen vertrauten Freund, den Herrn S. G. nach Paris geschickt, es sei aber demselben entwendet, und darauf so ins Französische übersetzt worden, »wie die Herren Franzosen gemeiniglich die deutschen Schriften zu übersetzen pflegen.« Er verwundert sich über den Herrn v. V. daß er ihm einen solchen Streich gespielet, da er, V. ihm, dem Herrn G. doch mehr als einmal öffentliche Zeugnisse seiner Hochachtung gegeben, und noch mehr befremdet es ihn, daß ihm V. den Namen Doktor Ralph beigelegt, da ihm doch der Name G. beinahe so gut bekannt sein müßte, als sein eigener. »Jedoch, setzt Herr G. hinzu, man kann ungefähr die Ursachen des Neides erraten, seitdem ich einer Gnade gewürdigt worden, von welcher nicht nur ganz Germanien spricht, sondern die auch in Frankreich hat bekannt werden müssen.« Herr Gottsched, der selten Spaß verstehet, besorgte, die ganze Welt würde ihn für den Verfasser des »Candide« halten, »und einem Unschuldigen, wie er sich im Neuesten ausdrückt, solche groben Irrtümer, und satyrische Verwegenheit zuschreiben, davon ihn in seinem Leben nicht geträumet hat.« Er machte gewaltigen Lärm in seinem Neuesten, schrieb auch deswegen an Schaden. Dieser schiebt die Schuld auf den Sekretär Dreyer, und versichert, er habe die Schrift, Candide niemals gelesen, und sich daher gar nicht vorstellen können, daß eine Bosheit darunter stecke. Um aber dem Herrn Dreyer gar keine Ausflucht zu lassen, beweiset Herr Schade in bester Form, daß man den Herrn Pr. Gottsched notwendig für den Urheber besagten Briefes halten müsse; 1) aus dem Anfangsbuchstaben des Orts L. 2) aus dem Anfangsbuchstaben des Namens G. 3) aus der Gnade, die dem Herrn Pr. Gottsched von Sr. Königl. Maj. in Preußen widerfahren, und endlich 4) aus dem vertraueten Freund S. G.[266] zu Paris. Doch trauet Herr Sch. dem letzten Beweis selbst nicht viel zu, und mit Recht! denn wer weiß, wie viel vertraute Freunde in Paris S. G. heißen mögen?

Dem sei wie ihm wolle, Gottsched erlangt Genugtuung, und Herr Schade demonstriert gar deutlich, daß Herr Gottsched unmöglich der Verf. des Candide sein könne. Ich dächte Gottsched hätte sich immer auf seine Unschuld verlassen können. Kein Vernünftiger wird in ihm den schalkhaften Doktor Ralph suchen. Eher möchte ich Dreyer für den Erfinder der vernünftigen Archäenwanderung, als Gottsched für den Verf. des Candide halten.

Z.


N.S.


Ich kann diesen Brief unsers Z. unmöglich ohne einen kleinen Zusatz fortschicken. Der gute Z., sehe ich wohl, verstehet von den Gottschedischen Autorstreichen eben so wenig als von der Schadischen Archäenwanderung. Würde er sonst die Protestation des Professors, daß er der Verfasser des »Candide« nicht sei, so gutherzig an und aufgenommen haben? Woraus beweiset Herr Gottsched, daß er den »Candide« nicht könne gemacht haben? Nicht wahr, aus seiner Verabscheuung der darin vorgetragenen Lehren? Wenn ich Ihnen nun aber beweise, daß er diese Verabscheuung nur vorgibt, und daß er das aller unsinnigste, was im »Candide« zu finden ist, in völligem Ernste behauptet? Wie da? Und nichts ist leichter zu beweisen. Erinnern Sie sich wohl den närrischen italienischen Grafen im »Candide«, dem nichts mehr gefällt, der alles überdrüssig geworden ist, der von den vortrefflichsten Werken der Alten und Neuern auf eine so skurrile Art urteilet, daß man notwendig an seinem gesunden Verstande zweifeln muß? Sollte man nicht glauben, daß dieser rasende Virtuose nur deswegen eingeführet worden, um ihn durch seinen eigenen Mund lächerlich und verächtlich zu machen? Notwendig. Und doch betriegen wir uns alle, die wir dieses glauben. Denn sieh, Herr Gottsched erkläret ausdrücklich, in seinem Handlexico der schönen Wissenschaften, daß es die pure lautere Wahrheit sein soll, was der närrische Italiener sagt. Kann man das anders als eine authentische Erklärung, als eine Erklärung annehmen, die der Verfasser als derjenige gibt, der sich seiner Meinung am[267] besten bewußt sein muß? Er schreibt nämlich unter dem Artikel Milton. »Das verlorene Paradies hat unter den Deutschen so viele Bewunderer und Tadler gefunden, daß wir unsere Meinung nicht sagen, sondern nur die Worte eines auch unstreitig großen französischen Dichters (der aber auch gut Engländisch versteht) hieher setzen wollen.« – Und nun folgt das atrabiläre Urteil des Grafen, welches ich Ihnen unmöglich abschreiben kann, weil es wahre Tollheiten sind. Herr Gottsched aber schließt es mit den Worten: »So schreibt Herr von Voltaire in seinem Optimisme.« – Wir kennen den Voltaire nunmehr, der das geschrieben hat! Denn was? Das wäre Voltairens Urteil über den Milton? Das ist das Urteil des Sénateur Procuranté Noble Venitien! (Denn itzt besinne ich mich erst, daß ihn Herr Gottsched zu keinem Grafen gemacht hat) Das ist das Urteil Viri celeberrimi Joannis Christophori Gottschedii P. P. Metaphysices ordinarii et Poeseos extraordinarii in Academia Lipsiensi. – Und kurz, glauben Sie mir nur auf mein Wort, ich weiß es eben so gewiß, daß Herr Gottsched den »Candide« gemacht hat, als Herr Gottsched weiß, daß der Verfasser der »Miß Sara Sampson« die »Briefe die neueste Literatur betreffend«, macht.133

G.

118

Vergilii Maronis Georgicorum libri IV. Mit kritischen und ökonomischen Erklärungen Hrn. D. Johann Martins, Lehrers der Botanik zu Cambrigde, und anderer der berühmtesten Ausleger. Nebst einer deutschen Übersetzung und Anmerkungen. Zum Gebrauch der Schulen, um die Jugend zu einer frühen Erlernung der Haushaltungskunst zu ermuntern. Hamburg und Leipzig bei Grunds Wittwe und Holle. 1759 in groß Oktav 2 Alph. 6 Bogen.

119

S. den ein und vierzigsten Brief im zweiten Teil.

120

S. die Einleitung zu dem ersten Teile dieser Briefe.

121

Lib.I. v. 28.

122

Lib. II. 380.

123

Lib. II. v. 400.

124

Lib. II. v. 457.

125

Lib. II. v. 180.

126

Lib. III. v. 8. 9.

127

Lib. III. v. 12.

128

Lib. III. v. 19. 20.

129

Lib. III. v. 58.

130

Beitrag zum deutschen Theater. Leipzig bei Dyk 1759.

131

S. Duschs vermischte Schriften. S. 46.

132

Diderot in den Unterredungen über seinen natürlichen Sohn.

133

Man sehe das Neueste aus der anmutigen Gelehrsamkeit No. II. von diesem Jahre.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 5, München 1970 ff., S. 242-268.
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