Anhang: Zusätze In B

Denen Durchlauchtigen

Fürsten und Herren /


Herrn Georgen /


Der Röm. Kayser- auch

zu Hungarn und Böheimb Königl.

Maystt. Oberhauptmannschaffts-

Verwaltern im Hertzogthum Ober-

und Nieder-Schlesien.

Wie auch


Herrn Ludwig /


und

Herrn Christian /


Allerseits Gebrüdern und Hertzogen

in Schlesien / zu Liegnitz / Brieg

und Goldberg /

Meinen Genädigsten Fürsten

und Herren.


Durchlauchtigste Hertzoge

Genädigste Fürsten und Herren.


Wenn Eurer Hochfürstl. Durchl. vielfältige Tugenden / besonders aber die ruhmwürdige Kunstbewogenheit mich nicht überredeten: wie das große Welt-Auge die Sonne ihre durchdringende Feuer-Strahlen von dem höchsten Gipffel ihres Umbkreißes / auch den niedrigsten Thälern; Also E.H.F. Durchl. ihre Gnadens-Bezeugungen /denen die guten Künste und Wissenschafften sich gewiedmet /ich geschweige dem gemeinsten Pöfel / nicht mißgönneten; würde ich billich einer Selbst-Liebe / und Eigendünckels zu beschuldigen seyn: daß ich diese meiner Jugend noch unreiffe Sinn-Frucht und unzeitige Mißgeburth E. Hoch-Fürstl. Durchl. fürzutragen nicht[80] schamroth würde. Diese zu Deroselbten gedachte Zuversicht bekräfftigt mir leichte zu glauben: daß Eur. Hoch Fürstl. Durchl. dieses in schuldigster Demuth überreichtes Trauer-Spiel nicht allein nicht zu schmähen / [A3] sondern auch mit Ihren genädigsten Gunst-Strahlen anzublicken werden gesonnen seyn. Wird die Sonne doch nicht befleckt / wenn sie gleich unsaubere Oerter bescheinet. Also wenn Eur. Hoch Fürstl. Durchl. diese von keiner gelehrten Zierde gefüllete Blätter mit Ihrem vorhergesetzten Glantze derer durch alle Welt bekannten HochFürstlichen Nahmen bestrahlen werden.

Eur. Hoch Fürstl. Durchl. werden in des tapffern Ibrahims seiner unüberwindlichen Tugend / seiner großmüthigen Hertzhaftigkeit / seiner unsterblichen / wiewol übel belohnten Verdienste /wo nicht mit lebhaften Farben des langsamen Zeuxes abgebildet / doch mit nachahmenden Strichen des überhineilenden Agatarchus angedeutet / Dero eigene Tugenden als in einem Schau-Glase abgemahlet befinden. An der edelsten Fürstin Isabelle werden Sie verwundern die biß zu der Asche durch kein Unglück erleschliche Liebe. An dem Solymann werden sie schauen einen Tugendhafften / doch von den zwey schärffsten Gemüths-Regungen übermeisterten Fürsten; An der Roxellanen mehr ein von allen Welt-Lastern aufgeblasenes Weib / als eine Kayserin; An dem Rusthan aber einen [A3 b] Ehr-vergessenden Hof-Heuchler und Mord-stifftenden Ohrenbläser.

Ich weiß: daß Eur. Hochfürstl. Durchl. sich mit völliger Hertzens-Vergnügung ergetzen werden / wenn Sie das bey Ihnen selbsten noch vollkömmlicher / was an unterschiedlichen Gemüttern lobwürdig / dies aber / was an dem Türckischen Hofe zu schänden ist / aus Ihren Hochfürstlichen Höfen weit weg verbannet befinden werden. Ich lebe demnach vorgesetzter unterthänigster Bitte des ungezweifelten Vertrauens / Eur. Hoch Fürstl. Durchl. werden dieses meines in Unterthänigkeit verpflichteten Gemüttes für Dero Füsse gelegtes Opffer nicht von sich stossen / sondern als ein Zeichen meiner schuldig-sten Dienstfertigkeit / wiewol es von keiner sonderlichen Vortreffligkeit ist / auslegen. Hält man doch diesen auch für einen fruchtbaren Acker / welcher gleich nur mit dicken Unkraute / und Dörnichten Gestrittig bewachsen ist; weil man muthmassen kan: daß er / so er gepfleget würde / auch nutzbaren Uberfluß tragen würde; Also ich / da ich mit etwas besserm bey Eur. Hoch Fürstl. Durchl. mich angenehm[81] machen könte.

Vor solche hohe Gnaden-Bezeugung findet sich meine geringe Wenigkeit in schon-schuldigster Unterthänigkeit E.H.F.D. aufs höchste verpflichtet; und erwünschet sambt dem zuruffenden Vaterlande Eur. Hoch Fürstl. Durchl. glückselige Regierung / brüderliche Einigkeit / und dem gantzen von dem großen Piastus herstammenden Hause / des güttigen Himmels Seegen und Wohlergehen / der ich ersterben werde Eur. Hoch Fürstl. Durchlauchtigkeiten

Unterthänig-gehorsamster

Daniel Casper.


Hochgeneigter Leser!


Gegenwertiger Ibrabim Bassa ist vorlängst vergessen und verloren / auch unter des seelig-verstorbenen Herren von Lohensteins Schrifften kein Buchstaben davon zu finden gewesen; ausser daß etliche gutte Freunde / welche demselben in ihrer Jugend allhier in Breßlau auf dem Schau-Platze öffentlich vorstellen helffen / sich dessen erinnert / und nicht allein offtermahls nach ihme gefraget; sondern auch endlich einen Abdruck von ihme zuwege gebracht / und solchen drucken zu lassen inständig gebethen. Weil denn die Lüsternheit der menschlichen Gemütter derogestalt beschaffen ist: daß dieselben offtermals an unvollkommenen Sachen eben so grosse Vergnügung als des Grichischen Fürsten Pericles Gemahlin Aspasia /an unreiffen Weintrauben zu haben pflegen; Als wird in Ansehung dessen / auch solcher Ibrahim dem Leser hiermit wolmeinende überreichet; und derselbe darbeyis dienstfreundlich ersuchet; dafern ihm dessen Ausarbeitung oder Redens-Arth denen andern Lohensteinischen Trauer-Getichten nicht gleich zu seyn bedüncken möchte / hiervon kein übeles Urtheil zu fallen / weniger einige Lehrsätze davon zu nehmen. Sintemahl es eine Frucht ist / welche dem Seelig-Verstorbenen im funfzehenden Jahre seines Alters auß seiner Lehr-begierigen Feder gewachsen: die zum wenigsten angezeiget: daß dieser edle Stamm bey Männlichen Jahren der Welt einen viel schönern Schatz herrlicher Tugend-Früchte mittheilen[82] würde. Der hochgeneigte Leser gedencke im übrigen des seel. Herrn Verfassers im besten / und lebe darbey in Hoffnung eines bessern / allezeit wol.

Der Verleger.


Innhalt

Des Trauer-Spiels.


Das von den Lastern angefesselte Asien / erzehlet seine alte Herrligkeit / bejammert seine Unglückseligkeit / worein es durch die Laster gestürtzet worden; verfluchet des Solymanns Tyranney / und die gegen dem Ibrahim bezeigete Grausamkeit; ruffet auch deßwegen die Wolcken umb Straffe an.


Die Erste Abhandlung.


Nachdem Ibrahim ein Welscher Fürst / welchen Sultan Solymann / wegen tapfrerer Thaten aus einem Leibeigenen zum Groß-Visier gemacht / sich auf die Flucht nach Genua begeben / als wordurch er seine Liebste Isabelln / in welche sich der Solymann zeit seiner Abwesenheit in Persien / verliebet / zu retten gedacht: so verlanget der Sultan von dem Hali Bassa zu wissen: Ob er keine Nachricht von denen Flüchtigen habe? von dem Achmet aber ein Guttachten; wie Ibrahim / wenn man ihm bekäme / zu bestraffen sey? Dieser giebt den Rath: daß man ihm nachsetzen / und ihn fürs strenge Hals-Gerichte stellen und zum Tode verdammen lassen solle. Worauf Solymann ihnen beyden / bey Verlust ihrer Köpffe befiehlet / des Ibra-[A7] hims Kopf zu liefern. Nach diesem bringet Rusthan den Ibrahim und Isabellen vor den Kayser / und erzehlet / wie er dessen Schif erobert / und sie beyderseits gefangen bekommen habe. Der Kayser verweiset dem Ibrahim seinen Undanck und Flucht; gegen welchen aber Ibrahim seine Unschuld unerschrocken vertheidigt / auch daß er keine Verrätherey wider den Kayser angesponnen / sondern nur seine Gemahlin ausser Gefahr zu flüchten willens gewesen. Hingegen beschuldigt ihn Rusthan: daß er zu Wien bey Kayser Carln durch einen Türckischen Botschaffter gefährliche Anschläge wider das Türckische Reich schmieden lassen; gegen deme sich aber Ibrahim gleichfals hertzhafft verantwortet. Hierauff setzet[83] Solymann auch die Isabelle deßwegen zur Rede; die aber eben dergleichen Entschuldigung brauchet. Nachgehends befiehlet Solymann dem Rusthan / sie beyderseits / nebst andern eingebrachten Gefangenen ins Gefängnüs zu führen. Diese beklagen ihren unglückseligen Zustand / und nehmen voneinander mit vielen Liebes-Bezeugungen Abschied. Achmet und Hali-Bassa reden mit einander von des Ibrahims Falle /dessen Beyspiel sie in zimliche Furcht setzt.

In den Reyen bejammern die leibeignen Christen ihren elenden Zustand / und ruffen Gott umb Erlösung an.


Die andere Abhandlung.


Der Kayser Solyman gehet mit sich selbst zu Rathe /was er mit dem gefangenen Ibrahim thun solle; und ob ihn auch alsdenn die Isabella lieben würde; beschleust aber doch endlich bey sich seinen Tod. Hierauf erzehlet ihm Rusthan weitläuftig / wie sich der Ibrahim im Gefängnüs gestellet / und sich gegen dem Kayser zu rächen gedrohet / auch wie sich Isabella geberdet habe; worüber der verliebte Solymann sehr bestürtzt ist; den aber die darzu kommende Kayserinn Roxellane zu bestillen sich bemühet / und ihn beredet: daß er den Ibrahim aus dem Wege räumen lassen solle. Wiewol zwar Soliman hierein anfangs nicht willigen wil / sondern ihr des Ibrahim grosse Verdienste / und die wider das Türckische Reich ausgeübte tapffern Thaten dargegen hält; so verspricht er ihr doch auff ferneres Anhalten seinen Tod zu befördern; befiehlet auch bald dem Rusthan das Todes-Urtheil an dem Ibrahim zu vollziehen. Jedoch stehet der Kayser deßwegen in lauter Zweifel.

In den Reyen streiten die Begierde und Vernunft wegen ihrer Macht und Stärke mit einander; der Mensch aber giebet ihrer Sache einen rechten Außschlag.


Die Dritte Abhandlung.


Isabelle beklaget im Gefängnüs ihre vielfältig erlittene Zufälle und Unglücke seit ihrer mit dem! Ibrahim gepflogenen Liebe. Worauf Solimann zu ihr ins Gefängnüs kommet / und ihr mit vielen Dreuen / daß er sie nebst dem Ibrahim tödten lassen wolle / heftig zusetzet: daß sie ihn lieben solle. Die aber gantz nicht zu bewegen ist / also daß der[84] Kayser abziehen muß. Rustahn kündigt im Nahmen des Kaysers dem Ibrahim den Tod an / und überreicht ihm zugleich das Todten-Kleid und einen seidenen Strick; welches Ibrahim freudig annimbt / und sich bey der angestellten stillen Mahlzeit zum Sterben fertig macht. Als er aber bereits mit dem umb den Hals gemachten Stricke auf der Erden zum Würgen fertig liegt / kommt Solimann / und rufft: Genade! heißt ihn aufstehen und umbarmet ihn als seinen Freund. Der sich hierüber verwundernde Ibrahim verspricht mit vielen Dancksagen / vor den Solymann und sein Reich / Gutt und Leben aufzusetzen.

In den Reyen besingen die Saracenischen Priester das einfallende Opffer-Fest / und dancken darbey dem Mahomet und andern Propheten vor die sonderbahre Erhaltung des Ibrahims.


Die Vierdte Abhandlung.


Rusthan erzehlet der Roxolane: daß der Ibrahim / als er schon den Strick umb den Hals gehabt / und bereits zur Erden gelegen / von dem Solimann Genade bekommen / auch die Isabella auf freyen Fuß gestellet habe; welche sich darüber sehr verwundert; auf den [A 8 b] Kayser als einen weibischen Mann schmähet /und sich mit ihm berathschlaget / wie Ibrahims Todt am besten zu befördern sey. Der Kayser kommt und erzehlet der Sultanin einen seltzamen Zufall / der sich im Garten in seiner Gegenwart zugetragen / und deutet solchen als eine Anzeigung künftigen Unglücks auf sich. Die es ihm aber ausredet / und den geenderten Schluß wegen des Ibrahims hefftig verweiset; auch ihm ferner anlieget / nicht allein seinem ersten Schluße nachzukommen / sondern sich auch bey dem Mufti Raths zu erholen ermahnet. Rusthan hilft auff Begehren der Sultanin den Mufti bereden: daß er auf Mittel sinnen / und beym Kayser des Ibrahims Untergang und Todt befördern helffen solle. Welches die darzu kommende Roxellane wiederholet / und dem Mufti deßhalben alle Gnade verheißet. Hierauf verfüget sich der Mufti zum Solymann / bemühet sich ihn mit beweglichen Gründen zu vermögen; giebt ihm auch den Rath: daß der Kayser / damit er nicht wieder seinen Eyd handeln möchte / wenn er schlaffen würde / an dem Ibrahim das Todes-Urtheil vollziehen lassen solle; weil er geschworen: weil er lebte / solle dem Ibrahim nichts leides geschehn; hingegen aber ein schlaffender Mensch gleichsam vor[85] einen Todten zu achten were. Worein endlich auch der Kayser williget / und solche Vollziehung dem Rusthan von neuen befiehlet.

In dem Reyen erheben die Sinnen und der Schlaf ihre Gewalt / und streiten umb den Vorzug.


Die Fünfte Abhandlung.


Ibrahim und Isabelle preisen ihre Befreyung des Gefängnisses glückselig / und erzehlen einander / wie ihnen zur selben Zeit zu muthe gewesen; doch stehen sie in neuer Furcht und Gefahr; biß Rusthan nebst den Trabanten ihnen aufs neue im Nahmen des Sultans das Gefängnüs ankündiget; Welcher Befehl ihnen zwar seltzam vorkommt / sie doch selbigem gehorsamen müssen. Solimann befiehlet dem Rusthan / daß so bald er eingeschlaffen seyn würde / er den Ibrahim erwürgen lassen solle. Hierauf preisen die Sänger des Osmanns Macht / und warnigen hohe Bedienten: daß sie sich an Ibrahims Falle spiegeln sollen. Mustaphens Gespenste verfluchet des schlaffenden Solimanns verübte Grausamkeit; und zeiget die Leichen des ermordeten Giangirs / der Seraide / des jungen Mustapha / und endlich Ibrahims; schreyet deßwegen Weh und Zetter über ihn. Worüber Solimann mit grossen Schrecken erwacht / und nicht allein des Ibrahims Todes-Urthel hefftig bereuet / sondern auch den Rusthan mit harten Worten schilt / daß er den Ibrahim so geschwinde ermorden lassen; befiehlet ihm auch dessen Leiche herbey zu bringen / welche er sehr beklaget; dem Hali aber: daß er dem Kayfer des Rusthans Kopf und Hertze liefern solle; wie ingleichen: daß Achmat bey Isabellen ihres Liebsten Ibrahims Ermordung bestens entschuldigen / auch ihr dessen Haupt überbringen / und sie auf freyen Fußstellen solle. Worüber Isabelle Jämmerlich klaget / und sich durch nichts wil trösten lassen / sondern dem Solimann alles Unglück auf den Halß / und seinen Untergang wünschet.

Quelle:
Daniel Casper von Lohenstein: Türkische Trauerspiele. Stuttgart 1953, S. 78-86.
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