[Widmung]

[100] Allerdurchlauchtigster Großmächtigster /

Unüberwindlichster

Römischer Käyser /

auch zu Hungarn und Böheim König /

Allergnädigster Käyser / König

und Herr.


Tugend und Glückseligkeit sind die zwey Angel-Sterne des Erdbodens. Wer diese zwey grosse Weltgestirne mit einander vereinbart / reichet mit der einen Hand biß an das Ende des Mittags / mit der andern biß zu der eusersten Nord-Spitze. Er behauptet die Herrschaft der Welt / und übermeistert die Gesetze der Natur. Die erstere wird unter dem Sinnenbilde des Löwen / von Ew. Käyser- und Königl. Majest. die andere durch den Nahmen dero Allerdurchlauchtigsten Gemahlin fürgebildet; Gleich als wenn es die Freude der Welt über dero glückseligsten Vermählung zu erwecken nicht genung wäre: daß ohne diß die Glückseligkeit nichts minder als die Gütigkeit dem hochlöblichsten Ertzt-Hause Oesterreich / wie der köstliche Geruch den Musch-Ziegen angebohren ist / und man weniger Ertzt-Hertzoge ohne grosse Tugenden / als Paradiß-Vögel mit Füssen gesehen hat; Und derogestalt die göttliche Versehung ihre geheime Weissagungen durch die klaren Buchstaben so deutlicher Nahmen entziffern wolte. Denn daß auch Nahmen nichts minder Merckmahle künftiger Begebenheiten / als die Gestirne Andeutungen bevorstehender Witterung sind /hat Franckreich von seinen unglückseligen Henrichen / Schottland von seinen Jacobern / Pohlen von seinen Casimirn mit Thränen; Oesterreich und Spanien aber von seinen ruhmwürdigsten Ferdinanden mit Gold und Purpur aufgezeichnet. Ja Deutschland / welchem dißfals der gestirnte Himmel mißgönnen muß: daß es an seinen Ertzt-Herzogen eitel Sonnen ohne Finsternüsse gehabt / hat über dieser Vermählung so vielmehr zu frolocken / weil diese glückselige CLAUDIA mit ihrem Nahmen die Geheimnüsse auffschleust / die das Verhängniß für so vielen Jahren in sein Geheimbuch von dieser Heyrath aufgeschrieben /und den Vorschmack der güldnen Zeit verkündigt /die die Nachwelt mit uns genüßen sol.[100] Denn in Warheit / die Vermählungen hoher Häupter haben auf die Völcker einen nachdrücklichem Einfluß / als die Vereinbarung guter oder böser Sterne über die Welt. Und die Schiffer dörffen sich so sehr nicht beym Ungewitter über dem Anblick der zweyverschwisterten Glück-Sternen / des Castors und der Helenæ; als die Welt bey ietzigen Sturmwinden über die Vereinbarung beider Oesterreichischen Sonnen vergnügen.

So vieler Völcker frolockendem Zuruffen / erkühne / unüberwindlichster Käyser / ich mich nun auch / nicht so wohl ein würdiges Opfer /als ein verächtliches Kennzeichen meiner allerunterthänigsten Pflicht-Schuld beyzusetzen. Denn wie sol ein so grosser Käyser ietzt einen ihm anständigen Redner oder Tichter finden? da der grosse Alexander in dem blühenden Griechen-lande schon über den Abgang eines Homerus geseufzet; und unserer danckbarern Vorfahren Unwissenheit der uhralten deutschen Helden Wunder-Wercke unter den Staub der Vergessenheit vergraben lassen?

Ich überliefere Fußfällig ein Schauspiel / nicht so wohl / weil die gantze Welt einen Schauplatz / die Menschen die Spielenden / ihr Leben das Spiel / der Himmel den urtheilenden Zuschauer fürstellet; als weil Ew. Käyserl. Majest. Helden-Thaten in diesem grossen Schauplatze ein Beyspiel aller vollkommenen Fürsten / und ein anbethens- würdiges Vorbild der Vollkommenheit bey der Nachwelt zu seyn; dero Allerdurchlauchtigste Gemahlin aber den vom Käyser Augustus der wiederkommenden Glückseligkeit gewiedmeten Tempel / ja köstlicher Ertzt und einen herrlichern Stand verdienen / als welches die Heydnischen Käyser zum Bilde der güldenen Glückseligkeit verschmeltzten / und in ihr Schlaffgemach zu ihrem Ab-Gotte auffsetzten. Wiewohl Ew. Käyserl. Majest. mehr güldne Glückseligkeit nicht nur dero Schlaffgemach / sondern so gar die Seele zu ihrem Heiligthume erlanget. Ein Ertztenes Glücks-Bild wahrsagte dem träumenden Galba sein künftiges Käyserthum; wie vielmehr haben wir von dieser Glückseligkeit Ew. Käyserl. Majest. Stammes und Reiches Außbreitung zu hoffen. Galba setzte solch todtes Bild zu Tusculum[101] für einen Ab-Gott auf / und opferte selbtem Monatlich; wie viel Hecatomben werden wir nun nicht der von Ew. Käyserl. Majest. aufgethröneten lebendigen Glückseligkeit schuldig werden?

Diß Schauspiel entwirfft die Gemüths-Flecken und die zu unserer Zeit sichtbare Verfinsterung eines Oßmannischen Mohnden; umb durch Ew. Käyserl. Majest. Gegensatz der Welt für Augen zu stellen: wie jene zwar durch stetige Herrschens-Sucht sich aufblähen; die Sonnen von Oesterreich aber aller Vergrösserung überlegen sind; und Ew. Käyserl. Majest. nicht nur durch dero Kriegs-Strahlen /welche die Rabe und Neutra mit so vielem Türckischem und dem Sultan Ibrahim selbst nah-anverwandtem Blute angeröthet / des Machmets Monden verfinstern; sondern auch durch dero reine Flammen jene beschämen: daß Liebe nichts minder ohne böse Lust /als Rosen ohne Dornen / Diamanten ohne Flecken /und Gold ohne Kupfer seyn könne.

Die Corinthier entschuldigten die Künheit ihres dem grossen Alexander angebothenen Bürgerrechts: sie hätten es vorhero niemanden / als dem Hercules angetragen; ich aber verdecke meine Vermässenheit damit: daß für mir noch keiner Ew. Käyser- und Königl. Majest. ein so grosses Geschencke geliefert / welches nicht ebenfalls für einen solchen HERRN zu unwürdig gewest / und daß mehrmahls grosse Könige sich an einer Hand voll Wasser/ wie GOTT an einem Lothe Weyrauch vergnüget; zumal wenn das Hertze die Beylage ist; als welches ich vielmehr als folgende Reymen aufopfere und ersterbe Ew. Käyser- und Königl. Majest.


Aller-unterthänigst-gehorsamster

Knecht

Daniel Casper von Lohenstein.

Quelle:
Daniel Casper von Lohenstein: Türkische Trauerspiele. Stuttgart 1953, S. 100-102.
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