XVIII. Juno macht ihrem Gemahl wegen seines Bastards Bacchus eifersüchtige Vorwürfe.

[299] Juno und Jupiter.


JUNO. Ich würde mich schämen, Jupiter, wenn ich einen solchen Sohn hätte, wie dein Bacchus ist, der so wollüstig und der Trunkenheit so ergeben ist, daß er gar nicht nüchtern wird und sich kein Bedenken macht, in einem weibermäßigen Kopfschmuck unter den rasenden Dirnen, mit denen er lebt, zu Trommeln, Pfeifen und Klapperbecken zu tanzen und herumzuschwärmen! Wenn er dein Sohn ist, so muß ich gestehen, daß er einem jeden andern ähnlicher ist als seinem Vater.

JUPITER. Gleichwohl hat dieser Weichling, den du nicht weibisch genug beschreiben kannst, Lydien erobert, die Anwohner des Tmolus bezwungen und die Thrazier in seine Gewalt gebracht; ja, er ist mit diesem nämlichen Weiberheer bis in Indien eingedrungen, hat sich ihrer Elefanten bemächtigt, ihr Land eingenommen und ihren König, der ihm zu widerstehen sich erkühnte, gefangen davongeführt; und das alles singend und tanzend, mit keinen andern Waffen als mit efeubekränzten Thyrsusstäben in der Hand, trunken, wie du sagst, und schwärmend. Und wer sich unterstand, ihn zu schmähen oder seiner Mysterien zu spotten, den ließ er entweder mit Weinranken fesseln oder machte, daß der Frevler von seiner eigenen Mutter für ein Hirschkalb angesehen und in Stücken zerrissen wurde. Das waren doch männliche Taten, dächte ich, deren sein Vater[299] sich nicht zu schämen hätte! Daß auch ein wenig Mutwillen und Leichtfertigkeit dabei mit unterläuft, muß ihm nicht so übel ausgelegt werden; zumal wenn man bedenkt, was er nüchtern sein müßte, da er betrunken schon so große Dinge tut.

JUNO. Du scheinst mir in der Laune zu sein, sogar die schöne Erfindung, auf die er sich so viel einbildet, den Weinstock und den Wein, gut zu heißen, ungeachtet du siehest, was die Folgen davon sind und zu was für wilden Ausschweifungen die Betrunknen in ihrem Taumel, der oft zu einer völligen Wut wird, hingerissen werden, wie Ikarius, der erste, den er mit der Weinrebe beschenkte, zum Beispiel dienen kann, der von seinen berauschten Zechbrüdern mit Hacken zu Tode geschlagen wurde.

JUPITER. Das will gar nichts sagen, daran hat weder der Wein noch Bacchus Schuld, sondern bloß, daß die Leute mehr trinken, als ihnen wohltut und als sie ertragen können. Wer im Trinken Maß zu halten weiß, wird nur fröhlicher und ein desto angenehmerer Gesellschafter, und seine Mittrinker können sehr sicher sein, daß sie das Schicksal des Ikarius nicht von ihm zu befürchten haben. Ich sehe wohl, liebe Juno, daß die Eifersucht hier wieder im Spiel ist und daß dir die Semele im Kopfe stecken muß, da du dem Bacchus sogar, was das Beste an ihm ist, zum Verbrechen machst.

Quelle:
Lukian: Werke in drei Bänden. Berlin, Weimar 21981, Band 1, S. 299-300.
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