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[226] Was die Art und Weise betraf, in die Stadt zu dringen, so hatte Renzo im allgemeinen sagen gehört, daß der strengste Befehl gegeben sei, Niemand ohne Gesundheitspaß einzulassen; daß man aber sehr leicht hineinkomme, wenn man sich nur ein wenig zu helfen und den richtigen Moment abzupassen wisse. So war es in der That; lassen wir auch die allgemeinen Ursachen bei Seite, weshalb jeder Befehl zu jener Zeit wenig beachtet wurde, auch die besonderen, welche seine strenge Vollziehung so schwierig machten, so befand sich Mailand bereits in einer solchen Lage, daß man nicht einsah, was die Bewachung helfen sollte; und wer dahin kam, der konnte eher unbekümmert um seine eigene Gesundheit scheinen, als gefahrbringend für die der Bürger.
Auf diese Nachrichten hin war es Renzo's Absicht, bei dem ersten Thore, bei welchem er ankäme, den Eintritt zu versuchen; stieße er dort auf ein Hinderniß, so wollte er von außen die Mauer entlang gehen, bis er ein anderes leichter zugängliches fände. Weiß der Himmel, wie viele Thore er sich in Mailand vorstellte. Bei den Stadtmauern angelangt, blieb er stehen und sah umher, wie einer, der nicht weiß, wohin er sich am besten zu wenden habe, und der aus jedem Dinge irgend eine Weisung zu erwarten und zu fordern scheint. Doch zur Rechten und Linken sah er nichts als zwei Strecken einer gewundenen Straße, geradeüber ein Stück Mauer; auf keiner Seite ein Zeichen von lebenden Wesen; nur an einem gewissen Punkte des Walles sah er eine dichte, schwarze Rauchsäule, die, indem sie aufstieg, sich verbreitete, in große Kreise sich wieder zusammenwälzte und sich dann in die regungslosen und grauen Lüfte verlor. Man verbrannte Kleider, Betten und andere angesteckte Sachen, und so traurige Feuer zündete man unaufhörlich an, nicht bloß hier, sondern an verschiedenen Seiten der Mauer.
Das Wetter war düster, die Luft dick, der Himmel überall umwölkt, oder von einem gleichmäßigen, dichten Nebel umschleiert,[226] der die Sonne verhüllte ohne Regen zu versprechen; die umliegenden Felder, zum Theil unbestellt, zum Theil ganz verdorrt, alles Grün vertrocknet, und nicht ein Tropfen Thau auf den welken, niederhangenden Blättern. Die Einsamkeit, die Stille so dicht bei einer großen Stadt vermehrte noch Renzo's Niedergeschlagenheit und Unruhe und machte alle seine Gedanken noch schwärzer.
Nachdem er eine Weile hier gestanden, schlug er aufs Gerathewohl den Weg zur Rechten ein und ging ohne es zu wissen auf die Porta Nuova zu, die er, so nahe er ihr war, wegen eines Bollwerks, hinter dem sie damals versteckt lag, nicht wahrnehmen konnte. Nach einigen Schritten hörte er ein Schellengeklingel, das in Pausen sich wiederholte, darauf einige menschliche Stimmen. Er ging weiter, und um die Ecke des Bollwerks biegend, war das Erste, was er sah, ein großes, hölzernes Haus und vor der Thüre eine Schildwache, die sich mit einer gewissen Ermüdung und Nachlässigkeit auf die Flinte stützte; dahinter war ein Stacket und hinter diesem das Thor, das heißt zwei Flügel, mit einem Dache darüber, um sie zu stützen; diese wie die Gitterthür des Stackets standen weit offen. Doch dicht vor dem Eingang befand sich auf der Erde ein trauriges Hinderniß: eine Bahre, auf welcher zwei Monatti einen Unglücklichen zurechtlegten, um ihn fortzutragen. Es war der Oberzolleinnehmer, der kurz zuvor von der Pest befallen worden war. Renzo blieb stehen und wartete das Ende ab; als das Geleit vorüber war und Niemand kam, um die Gitterthür zu schließen, da schien es ihm Zeit, und er schritt schnell darauf zu; die Schildwache aber schrie ihm mit unfreundlicher Miene ein »Holla!« zu. Er stand sogleich still, gab ihr einen Wink mit den Augen, zog einen halben Ducaten heraus und zeigte ihn. Jener, der entweder schon die Pest gehabt hatte, oder sie weniger fürchtete, als er die halben Ducaten liebte, winkte Renzo, ihm denselben zuzuwerfen, und da er ihn sogleich zu seinen Füßen fliegen sah, murmelte er: »Geht schnell durch.« Renzo ließ es sich nicht zweimal sagen, schritt durch das Stacket, schritt durch das Thor, eilte vorwärts, ohne daß ihn Jemand bemerkte oder auf ihn achtete; nur als er vielleicht vierzig Schritte gemacht hatte, hörte[227] er ein abermaliges »Holla«, das ein Zolleinnehmer ihm nachschrie. Dieses Mal that er, als ob er es nicht hörte, und ohne sich nur umzusehen beschleunigte er seinen Schritt. »Holla!« schrie der Zöllner von neuem, jedoch mit einer Stimme, die mehr Ungeduld als Entschlossenheit verrieth, sich Gehorsam zu verschaffen; da er diesen nicht fand, zuckte er die Achseln und kehrte in sein Haus zurück wie Jemand, dem mehr daran lag, sich den Reisenden nicht allzu sehr zu nähern, als sich nach ihren Angelegenheiten zu erkundigen.
Die Straße, welche Renzo eingeschlagen hatte, lief damals wie jetzt geradeaus bis zu dem sogenannten Kanal Naviglio; an den Seiten waren Hecken oder Gartenmauern, Kirchen und Klöster und einige Häuser; am Ende dieser Straße und in der Mitte von derjenigen, die an dem Kanal hinläuft, befand sich eine Säule mit einem Kreuze, das Kreuz des heiligen Eusebius genannt. So weit Renzo auch vor sich sehen mochte, er sah nichts als dieses Kreuz. An dem Kreuzweg angelangt, der die Straße ungefähr in zwei Hälften theilt, blickte er sich zu beiden Seiten um und sah zur Rechten in der Straße, welche die große Straße der heiligen Theresa heißt, einen Bürger, der gerade auf ihn zukam. – Endlich eine Christenseele! – sagte er bei sich und wandte sich nach ihm hin in der Absicht, von ihm sich den Weg weisen zu lassen. Dieser hatte auch den Fremden gesehen, der näher kam, und er betrachtete ihn mit einem argwöhnischen Blick aus der Ferne, um so mehr, als er gewahrte, daß er anstatt seines Weges zu gehen gerade auf ihn zukam. Als Renzo nur noch wenig von ihm entfernt war, zog er, als der ehrerbietige Bergbewohner, der er war, seinen Hut, hielt ihn mit der Linken, steckte die andere Hand in die Kopfhöhle desselben und schritt gerade auf den Unbekannten zu. Dieser aber verdrehte die Augen, that einen Schritt zurück, erhob bei Renzo's Anblick einen Knotenstock, drehte die Spitze um, die von Eisen war, und schrie: »fort! fort! fort!«
»Oh! Oh!« schrie auch Renzo; setzte den Hut wieder auf und da er, wie er nachher erzählte, durchaus nicht geneigt war in diesem Augenblicke Streit anzufangen, so drehte er dem sonderbaren[228] Menschen den Rücken und ging seine Straße weiter, oder, um besser zu sagen, ging die weiter, in der er sich befand.
Der andere zog auch seines Weges, brummte und sah sich jeden Augenblick um. Nach Hause angekommen, erzählte er, daß sich ihm ein Salber genähert hätte mit einer unterwürfigen, sanftmüthigen Miene und einem schändlichen Betrügergesicht, die Salbbüsche, oder das Pulverpäckchen – er war nicht recht gewiß, welches von beiden – in der Hand, die in dem Hutkopfe steckte, um ihm einen Streich zu spielen, wenn er ihn nicht fern zu halten gewußt hätte. »Wenn er mir noch einen Schritt näher kam«, fügte er hinzu, »so spießte ich ihn geradezu auf, ehe er noch Zeit hatte, an mich heran zu kommen, der Schurke. Das Unglück war, daß wir uns an einem so abgelegenen Orte befanden, denn wenn es mitten in Mailand war, hätte ich Leute zu Hülfe gerufen, um ihn zu erwischen. Sicher hätte man die verfluchte Sauerei in seinem Hute gefunden. Dort aber, ganz allein mit ihm, mußte ich mich begnügen, ihm Furcht einzujagen, um mir nicht ein großes Unglück auf den Hals zu ziehen, denn ein wenig Pulver ist bald verstreut, und diese haben darin eine besondere Geschicklichkeit und den Teufel auf ihrer Seite. Jetzt wird er wohl in Mailand herumlaufen; wer weiß, was er für Unheil anrichtet!« Und so lange er lebte, was viele Jahre waren, wiederholte er diese Geschichte jedes Mal, wenn er von Salbern sprach, und fügte hinzu: »Diejenigen, die noch behaupten, daß es nicht wahr gewesen, sollen mir nicht damit kommen, denn die Dinge muß man mit angesehen haben.«
Renzo, der keine Ahnung hatte, welcher Gefahr er so glücklich entgangen, und der viel mehr von Aerger als von Furcht bewegt war, dachte unterwegs über diese Bewillkommnung nach und errieth so ziemlich, was der Unbekannte von ihm gedacht haben mochte; aber die Sache kam ihm so unvernünftig vor, daß er meinte, jener müsse so halb und halb närrisch gewesen sein. – Das Hauptübel ist – dachte er jedoch – daß hier in diesem Mailand ein Unstern über mich zu walten scheint. Um hereinzukommen, ist mir alles günstig, und dann, wenn ich drinnen bin, warten die Verdrießlichkeiten hier schon auf mich. Genug .... mit Gottes[229] Hülfe .... wenn ich sie finde .... wenn es mir gelingt sie zu finden .... eh! so hat das alles nichts zu sagen. –
Bei der Brücke angekommen, bog er, ohne sich zu besinnen, zur Linken in die Straße San Marco ein, die ihm in das Innere der Stadt zu führen schien. Vorwärts schreitend, blickte er sich nach allen Seiten um, ob er nicht irgend ein menschliches Wesen entdecken könnte; er sah aber nichts als einen entstellten Leichnam in dem kleinen Graben, der zwischen den wenigen Häusern – denn damals waren es nur wenige – und der Straße eine Strecke lang sich hinzieht. Als er diese Strecke hinter sich hatte, hörte er »o lieber Mann!« schreien und indem er sich nach jener Seite hinwandte, sah er unfern auf einer Terrasse eines einsamen Häuschens eine arme Frau mit einem Haufen kleiner Kinder um sich herum; sie rief noch immer fort, winkte ihm auch mit der Hand näher zu kommen. Er lief hinzu und als er nahe war, sagte die Frau: »O junger Mann, habt um eurer armen Todten willen die Barmherzigkeit, geht zu dem Kommissär und benachrichtigt ihn, daß man uns hier vergessen hat. Man hat uns als verdächtig im Hause eingeschlossen, weil mein armer Mann gestorben ist; man hat uns die Thür vernagelt, wie ihr seht; und seit gestern Morgen ist Niemand gekommen, uns was zu essen zu bringen. Seit so vielen Stunden, als wir hier stehen, habe ich keine Christenseele finden können, die mir diese Barmherzigkeit erwiesen hätte, und die armen unschuldigen Kleinen kommen vor Hunger um.«
»Vor Hunger!« rief Renzo und fuhr mit den Händen in die Taschen, »hier, hier«, sagte er, indem er die beiden Brode herauszog, »laßt was herab, um sie hinauf zu ziehen.«
»Gott wird es euch lohnen; wartet einen Augenblick«, sagte die Frau und holte einen Korb und einen Strick, um ihn daran herabzulassen. Renzo erinnerte sich während dessen der Brode, die er bei seinem früheren Eintritt in Mailand an dem Kreuze gefunden hatte, und dachte – siehe da: das ist eine Zurückerstattung und vielleicht besser, als wenn ich sie dem Eigenthümer selbst wieder zugestellt hätte; denn hier ist es wirklich ein Werk der Barmherzigkeit. –[230]
»Was den Kommissär betrifft, von dem ihr sprecht, gute Frau«, sagte er darauf, indem er die Brode in den Korb legte, »so kann ich euch nicht dienen, denn, die Wahrheit zu sagen, ich bin ein Fremder und weiß in dieser Gegend gar nicht Bescheid. Indessen, wenn ich irgend einem zugänglichen Menschen begegne, der mit sich reden läßt, so werde ich es ihm sagen.«
Die Frau bat ihn, es zu thun und sagte ihm den Namen der Straße, damit er sie anzugeben wüßte.
»Auch ihr, glaube ich«, nahm Renzo das Wort, »könntet mir einen Dienst erweisen, eine wahre Wohlthat, ohne das es euch Beschwerde macht. Wüßtet ihr mir wohl das Haus einer vornehmen, adligen Herrschaft hier in Mailand, das Haus *** anzugeben?«
»Ich weiß, daß es dieses Haus hier giebt«, antwortete die Frau, »aber wo es liegt, das weiß ich wahrhaftig nicht. Wenn ihr weiter hinein geht, nach der Seite hin, werdet ihr schon Jemand finden, der euch zurecht weist. Und vergeßt nicht, auch von uns mit ihm zu sprechen.«
»Verlaßt euch darauf«, sagte Renzo und ging weiter.
Bei jedem Schritt hörte er ein Geräusch stärker werden und näher kommen, das er schon gehört hatte, während er noch im Gespräche dort begriffen war; ein Geräusch von Rädern und Pferden mit einem Schellengeklingel, hin und wieder ein Peitschenknallen von Geschrei begleitet. Er blickte hin, aber er sah nichts. Als er an den Ausgang der Straße kam und auf den Sanct Marcusplatz trat, war das Erste, was ihm in die Augen fiel, zwei aufgerichtete Balken mit einem Seil und gewissen Rollwinden; und er erkannte sogleich – denn es war in jener Zeit eine alltägliche Sache – die abscheuliche Folter-Maschine. Sie war an diesem Platze und nicht an diesem allein, sondern auf allen Plätzen und in den geräumigsten Straßen errichtet, damit die Verordneten aus jedem Stadtviertel, die dazu die unbeschränkteste Gewalt hatten, ohne weiteres einen Jeden foltern lassen konnten, der ihnen Strafe verdient zu haben schien: entweder Eingesperrte, die das Haus verlassen, oder Unterbeamte, die ihre Pflicht nicht thaten, oder sonst Jemand. Es war eines jener maßlosen und unwirksamen[231] Mittel, mit denen man in jener Zeit und in jenen Augenblicken vorzüglich so verschwenderisch umging.
Jetzt, während Renzo dieses Instrument betrachtet und überlegt, warum es an diesem Orte aufgerichtet sein könnte, hört er den Lärm immer näher kommen und sieht von der Ecke der Kirche einen Mann erscheinen, der eine kleine Glocke hin und her bewegte; es war ein Apparitore; hinter ihm zwei Pferde, die mit vorgestrecktem Halse und schweren Tritten mühsam vorwärts kommen; sie zogen einen Todtenkarren, nach diesem kam ein anderer und noch ein anderer und wieder ein anderer; hier und da an den Seiten der Pferde Monatti, die sie mit Peitschenhieben, mit Stößen, mit Flüchen antrieben. Der größte Theil der Leichen war nackt; einige nothdürftig in Lumpen gewickelt, aufeinander gehäuft, ineinander geschlungen wie ein Haufen Schlangen, die bei der Wärme des Frühlings sich langsam auseinander wickeln; denn bei jedem Stoße, bei jeder Erschütterung sah man die traurigen Haufen sich bewegen und in die widerwärtigste Lage kommen – Köpfe herunter baumeln, jungfräuliches Haar sich auflösen, Arme sich losmachen und auf die Räder schlagen – um dem schon entsetzten Auge zu zeigen, wie ein solcher Anblick noch trüber und widriger werden könnte.
Der Jüngling war an der Ecke des Platzes stehen geblieben, dicht am Geländer des Kanals und betete inzwischen für die unbekannten Todten. Ein gräßlicher Gedanke fuhr ihm durch den Sinn – vielleicht sie dabei, darunter .... O Herr! laß es nicht wahr sein! laß mich nicht daran denken! –
Als der Leichenzug vorüber war, setzte sich Renzo wieder in Bewegung, schritt über den Platz und schlug die Straße zur Linken, dem Kanal entlang ein, ohne einen andern Grund zu seiner Wahl zu haben, als weil der Zug nach der entgegengesetzten Seite gegangen war. Nach einigen Schritten zwischen der Seite der Kirche und dem Kanal sah er zur Rechten die Marcellinobrücke; er ging hinüber und kam in die Straße Borgo Nuovo. Und indem er sich immer in der Absicht umsah, irgend Jemand zu finden, der ihm den Weg zeige, sah er am Ende der Straße einen Priester im Wamms, mit einem Stöckchen in der Hand, der vor[232] einer halb zugemachten Thür stand, mit gesenktem Kopfe, das Ohr an der Oeffnung; bald darauf sah er ihn die Hand erheben und segnen. Er vermuthete, wie es wirklich war, daß Jemand gebeichtet habe, und sagte bei sich: Das ist der Mann für mich. Wenn ein Priester, in priesterlicher Verrichtung nicht ein wenig Erbarmen, ein wenig Menschenliebe und Wohlwollen hat, so muß man sagen, daß auf dieser Welt davon nichts mehr zu finden ist.
Während dessen entfernte sich der Priester von der Thür und kam auf Renzo zu, indem er sich mit großer Vorsicht in der Mitte der Straße hielt. Als Renzo ihm nahe war, zog er den Hut und bedeutete ihn, daß er ihn zu sprechen wünsche, indem er zu gleicher Zeit stehen blieb, um ihm so zu verstehen zu geben, daß er sich ihm nicht weiter nähern würde. Jener blieb gleichfalls stehen, zeigte sich willig ihn anzuhören, pflanzte jedoch seinen Stock vor sich hin auf die Erde, um sich gleichsam ein Bollwerk daraus zu machen. Renzo that seine Frage; der Priester nannte ihm nicht nur den Namen der Straße, wo das Haus lag, sondern gab ihm auch den Weg ein wenig genauer an, da er sah, daß der arme Junge nicht Bescheid wußte; er beschrieb ihm durch rechts und links, durch Kreuze und Kirchen die sechs oder acht Straßen, die er noch zu durchwandern hatte, um dahin zu gelangen.
»Gott erhalte Sie immerdar gesund«, sagte Renzo, und während jener sich anschickte weiter zu gehen, fügte er hinzu, »noch eine andere Wohlthat«, und er sprach ihm von der armen vergessenen Frau. Der gute Priester dankte, daß er ihm Gelegenheit gegeben habe, ein so dringendes Werk der Barmherzigkeit zu thun, und indem er sagte, er werde sogleich gehörigen Ortes die Anzeige davon machen, ging er weiter. Renzo setzte sich auch wieder in Bewegung, und weiterschreitend wiederholte er sich die Angabe des Weges, um nicht an jeder Ecke noch einmal fragen zu müssen. Aber man kann sich nicht vorstellen, wie sauer ihm diese Arbeit wurde, nicht sowohl durch die Schwierigkeit der Sache an sich, als durch die neue Unruhe, die in seiner Seele erzeugt war. Der Name der Straße, die Angabe des Weges hatte ihn so in Aufruhr gebracht. Es war die Auskunft, die er gewünscht[233] und verlangt, ohne die er nichts anfangen konnte; es war ihm damit nichts gesagt worden, woraus er hätte auf irgend ein Unglück schließen können; aber was war es denn? Der Gedanke einem Ziele so nahe zu sein, wo er aus einer großen Ungewißheit gerissen werden sollte, wo er sich sagen konnte, sie lebt, oder sie ist todt; dieser Gedanke hatte ihn so ergriffen, daß es ihm in diesem Augenblick lieber gewesen wäre, sich noch über alles im Dunkeln zu befinden, erst am Anfang der Reise zu sein, deren Ziel er jetzt schon vor sich sah. Er sammelte jedoch seine Kräfte. – Ei! sagte er sich, wenn ich jetzt anfange mich kindisch zu betragen, wie soll es weiter gehen? – So wieder aufs beste ermuthigt, setzte er seinen Weg fort und gelangte tiefer in die Stadt hinein. Welche Stadt! und was war sie jetzt im Vergleich, was sie im vorigen Jahre in Folge der Hungersnoth gewesen war!
Es traf sich gerade, daß Renzo durch einen der traurigsten und am meisten verwüsteten Theile kam: den Kreuzweg von Straßen, den man den Carrobio der Porta Nuova nannte. – Hier stand damals in der Mitte ein Kreuz und ihm gegenüber, an der Seite, wo jetzt San Francesco di Paola steht, eine alte nach der heiligen Anastasia genannte Kirche. – In dieser Gegend war die Heftigkeit des Contagiums und der Geruch der liegengebliebenen Leichname so arg gewesen, daß die Wenigen, welche am Leben geblieben, sich gezwungen sahen, wegzuziehen; zu der Betrübniß, welche dem Vorübergehenden bei dem Anblick der Einsamkeit und Oede überkam, gesellte sich der Schrecken und der Ekel vor den Spuren und Ueberbleibseln der früheren Bewohner. Renzo beschleunigte seinen Schritt und ermuthigte sich durch den Gedanken, daß sein Ziel noch nicht so nahe sein müßte, und hoffte, ehe er es erreichte, den Schauplatz wenigstens zum Theil verändert zu finden; und in der That, nicht weit von hier kam er in eine Gegend, die doch noch eine Stadt von lebenden Menschen genannt werden konnte; aber was für eine Stadt, was für Menschen! Aus Argwohn und Schrecken waren alle Thüren nach der Straße zu verschlossen, diejenigen ausgenommen, die durch Verödung oder Einbruch offen standen; einige von außen vernagelt und versiegelt, weil in den Häusern an der Pest Gestorbene oder Erkrankte[234] lagen; andere durch Kohle mit einem Kreuz gezeichnet, zur Nachricht für die Monatti, daß Leichen daraus abzuholen wären. Alles dies richtete sich mehr nach dem Zufall, als nach etwas Anderem, je nachdem sich früher, hier oder dort irgend ein Kommissär der Gesundheitsbehörde, oder ein anderer Beamter gefunden hatte, der die Verordnungen vollziehen oder eine Erpressung ausüben wollte. Ueberall Lumpen, Verbände voller Eiter, verpestetes Stroh, oder zu den Fenstern herausgeworfene Laken voller Eiter; zuweilen Körper, die entweder plötzlich auf der Straße verschieden und dort liegen gelassen waren, bis ein Karren vorüberkäme, um sie fortzuschaffen, oder die von den Karren selbst heruntergeglitten, oder aus den Fenstern herabgeworfen worden waren. So sehr hatte die Hartnäckigkeit und die Wuth des Unglücks die Gemüther verwildert und sie jede Sorgfalt des Mitleids und jede gesellige Rücksicht vergessen lassen! Da jedes Geräusch in den Werkstätten, jedes Gerassel der Wagen, jedes Geschrei der Verkäufer, jedes Gespräch der Vorübergehenden aufgehört, so wurde diese Todtenstille nur selten von etwas Anderem unterbrochen, als von dem Geräusch der Todtenkarren, den Klagen der Armen, dem Gewimmer der Kranken, dem Geheul der Wahnsinnigen, dem Geschrei der Monatti. Beim Anbruch des Tages, Mittags und Abends gab eine Glocke vom Dome das Zeichen, gewisse vom Erzbischof bestimmte Gebete herzusagen; auf diesen Glockenschlag antworteten die Glocken der übrigen Kirchen und man konnte dann die Leute ans Fenster treten sehen, um gemeinschaftlich zu beten, und das Geflüster von Stimmen und Klagen hören, in denen sich eine Traurigkeit kund gab, die doch nicht ohne jeden Trost war.
Da um diese Zeit vielleicht zwei Drittheile der Bürger gestorben, ein guter Theil der übrigen ausgewandert oder erkrankt waren, der Zulauf der Leute von außen sich fast auf nichts verringert hatte, so war es kein Wunder, daß man in einem weiten Umkreise unter den Wenigen, die auf den Straßen gingen, nicht einem einzigen begegnete, an dem nicht etwas Seltsames auffiel, und der nicht Zeugniß von der traurigen Verwandlung der Dinge gab. Man sah die vornehmsten Männer ohne Kapuze und[235] Mäntel, damals ein wesentlicher Theil der bürgerlichen Kleidung; die Priester ohne Sultane und auch die Mönche ohne Kutte; kurz jede Art von Kleid war abgelegt, das mit den Zipfeln und Enden irgend etwas berühren, oder – was man über alles fürchtete – den Salbern Gelegenheit geben konnte. Außer dieser Sorge, so viel als möglich in aufgeschürzter und eng anschließender Tracht zu gehen, gab eines Jeden Aussehen auch Vernachlässigung und Unordnung zu erkennen; der Bart länger, als man ihn zu tragen pflegte, bei denen stehen geblieben, die sonst gewohnt waren ihn scheeren zu lassen; auch das Haar auf dem Kopf lang und verwirrt, nicht bloß in Folge der Nachlässigkeit, die aus einer Gleichgültigkeit des Alters entsteht, sondern weil auch die Barbiere verdächtig geworden waren, seitdem man einen von ihnen, Giangiacomo Mora, als berüchtigten Salber festgenommen und verurtheilt hatte; sein Name behielt für eine lange Zeit weit und breit eine schmachvolle Berühmtheit, während er doch verdient hätte, mit dem größten Mitleid genannt zu werden. Die meisten trugen einen Stock in der einen Hand, einige auch eine Pistole zur drohenden Warnung für denjenigen, der Lust gehabt hätte, sich ihnen allzu sehr zu nähern; in der andern Hand Räucherkerzen, oder durchbohrte Kugeln von Metall oder Holz mit Schwämmen darin, die mit Kräuteressig getränkt waren und die sie von Zeit zu Zeit an die Nase führten oder fortwährend daran hielten. Andere trugen auch am Halse ein Fläschchen mit ein wenig Quecksilber darin, weil sie meinten, daß es die gute Eigenschaft besäße, jede pestilenzialische Ausdünstung einzusaugen und abzuhalten; sie sorgten dafür es alle paar Tage zu erneuern. Die Edelleute gingen nicht allein ohne das gewohnte Gefolge durch die Straßen, sondern wurden auch mit einem Korbe am Arm gesehen, um die nothwendigsten Nahrungsmittel selbst einzukaufen. Wenn sich zwei Freunde auf der Straße begegneten, so begrüßten sie sich von ferne mit stummen, eiligen Winken. Ein Jeder hatte unterwegs genug zu thun, um den widrigen, todbringenden Hindernissen auszuweichen, die zerstreut am Boden lagen und die ihn stellenweise auch ganz und gar einnahmen. Ein jeder suchte sich in der Mitte der Straße zu halten aus Furcht vor Unreinlichkeiten, oder[236] andern noch schlimmern Belästigungen, die ihm von den Fenstern aus auf den Kopf kommen konnten; aus Furcht vor den vergifteten Pulvern, die man öfter, wie es hieß, auf die Vorübergehenden herabstäuben ließe; aus Furcht endlich vor den Wänden, die eingesalbt sein konnten. So fügte die Unwissenheit, die immer zur Unzeit vorsichtig und beherzt ist, jetzt Angst zu Angst und rief statt der vernünftigen und heilsamen Schrecken, die sie anfangs außer Acht gelassen hatte, thörichte hervor.
So war das minder Widerwärtige und minder Bemitleidenswerthe beschaffen, was sich rings herum um die Gesunden, um die Wohlhabenden blicken ließ; nach so vielen Bildern des Elends, und an das noch schwerere denkend, durch welches wir den Leser noch führen müssen, werden wir uns jetzt nicht damit aufhalten, den Anblick der Pestkranken, die sich in den Straßen herumschleppten oder umher lagen, der Armen, der Kinder, der Frauen zu schildern. Er war der Art, daß der Zuschauer fast einen verzweifelten Trost in dem finden konnte, was den Entfernteren und den Nachkommen den stärksten und schmerzlichsten Eindruck macht; ich meine in dem Gedanken, dem Anblick, bis auf wie wenige die Ueberlebenden zusammengeschmolzen waren.
Mitten durch diese Verwüstung hatte Renzo bereits ein gutes Stück seines Weges zurückgelegt, als er, noch viele Schritte von einer Straße entfernt, in welche er einbiegen mußte, ein verworrenes Getöse aus derselben kommen hörte, in dem sich das gewohnte, entsetzliche Geklingel unterscheiden ließ.
An die Ecke der Straße angelangt, die eine der breitesten war, sah er in der Mitte vier stillhaltende Karren, und wie man auf einem Getreidemarkte Leute kommen und gehen, Säcke aufladen und umstürzen sieht, so war die Bewegung an diesem Orte; Monatti, die in die Häuser liefen, Monatti, die heraus kamen mit einer Last auf den Schultern, die sie auf den einen oder andern Karren niede warfen; einige in ihrer rothen Tracht, andere ohne diese unterscheidende Livree; viele in einer noch widerwärtigeren Kleidung mit buntfarbigen Federbüschen und Quasten, welche die Unseligen gleichsam als Zeichen der Fröhlichkeit bei so allgemeiner Trauer trugen. Aus dem und jenem Fenster rief bald hier bald[237] dort eine traurige Stimme: »Hier Monatti!« Und mit noch düsterem Tone erwiederte aus dem traurigen Gewimmel irgend eine rauhe Stimme: »Gleich, gleich.« Oder es waren die Miether, welche murrten und zur Eile antrieben, worauf die Monatti mit Flüchen antworteten.
In die Straße eingetreten, beeilte Renzo seinen Schritt, und indem er jene Hindernisse nicht mehr zu beachten suchte, als nöthig war, um ihnen auszuweichen, traf sein Blick auf einen Gegenstand besonderen Mitleidens, eines Mitleidens, welches das Gemüth reizte, ihn zu betrachten, so daß er fast ohne es zu wollen stehen blieb.
Ueber die Schwelle eines dieser Eingänge schritt eine Frau und kam auf das Geleit gerade zu; eine Frau, deren Aeußeres eine vorgerückte, aber noch nicht vorübergegangene Jugend ankündigte; es schien eine Schönheit, die durch ein großes Leiden und eine tödtliche Ermattung verhüllt und verdunkelt, aber nicht zerstört war; die weiche und zugleich majestätische Schönheit, die in der lombardischen Abstammung glänzt. Ihr Gang war mühsam, aber nicht hinfällig; ihre Augen vergossen keine Thränen, aber sie trugen Spuren, viele vergossen zu haben; es lag in diesem Schmerze eine gewisse Ruhe und Tiefe, eine Seele verrathend, die sich seiner ganz bewußt war und ihn lebhaft fühlte. Aber es war nicht ihr Anblick allein, der unter so vielfachem Elend sie als so besonders bemitleidenswerth hinstellte und für sie das in den Herzen schon erloschene, abgestumpfte Gefühl neu belebte. Sie hielt in ihren Armen ein todtes, vielleicht neun Jahre altes Mädchen, sorgfältig angekleidet, das Haar auf der Stirn gescheitelt, in einem weißen Kleide, als ob es diese ihre Hände zu einem seit langer Zeit schon versprochenen und ihm zur Belohnung gegebenen Feste geschmückt hätten. Auch trug sie es nicht liegend, sondern aufgerichtet, auf den einen Arm gesetzt, mit der Brust an ihre Brust gelehnt, als ob es lebend wäre, nur daß ein weißes, wachsähnliches Händchen mit einer gewissen leblosen Schwere auf der einen Seite herabhing und der Kopf mit einer Erschlaffung stärker als der Schlaf auf der Schulter der Mutter ruhte, der Mutter – denn, wenn auch die Aehnlichkeit der Gesichter nicht dafür bürgte, so[238] hätte es doch dasjenige von beiden deutlich genug ausgesprochen, welches noch eine Empfindung ausdrückte.
Ein häßlicher Monatto ging auf sie zu, um ihr das Kind aus den Armen zu nehmen, jedoch mit einer Art ungewohnter Ehrfurcht, mit einem unwillkürlichen Zögern. Sie aber trat zurück, ohne Unwillen noch Verachtung zu zeigen. »Nein!« sagte sie, »rührt sie mir jetzt nicht an; ich muß sie auf den Karren legen; nehmt!« Mit diesen Worten that sie eine Hand auf, zeigte eine Börse und ließ sie in die ihr entgegengestreckte Hand des Monatto gleiten. Dann fuhr sie fort: »Versprecht mir, nicht einen Faden von ihr zu nehmen, noch zuzulassen, daß andere es zu thun wagen und sie so wie sie ist in die Erde zu legen.«
Der Monatto legte die Hand auf die Brust; und ganz eilfertig und fast ehrerbietig, mehr durch die neue Empfindung, die ihn gleichsam beherrschte, als durch die unerwartete Belohnung, bemühte er sich auf dem Karren ein wenig Platz für die kleine Todte zu machen. Die Mutter gab dieser einen Kuß auf die Stirn, legte sie dahin wie in ein Bett, breitete ein weißes Tuch über sie und sprach die letzten Worte: »Lebe wohl, Cecilia! ruhe in Frieden! Heute Abend kommen auch wir, um immer beisammen zu bleiben. Bete indessen für uns; ich werde für dich und für die andern beten.« Dann wandte sie sich wieder zu dem Monatto und sagte: »Wenn ihr gegen Abend wieder hier vorbei fahrt, so kommt herauf auch mich abzuholen und mich nicht allein.«
Nach diesen Worten trat sie wieder in das Haus und einen Augenblick später erschien sie am Fenster, ein anderes noch kleineres Mädchen auf dem Arm haltend, das lebte, aber mit den Anzeichen des Todes im Gesichte. Sie stand und betrachtete das so unwürdige Leichenbegängniß des ersten, so lange der Karren anhielt, so lange sie ihn sehen konnte; dann verschwand sie. Und was konnte sie Anderes thun, als die Einzige, die ihr blieb, auf das Bett zu legen und sich daneben, um zusammen zu sterben? Wie die schon üppig auf ihrem Stiele blühende Blume mit dem noch in der Knospe schlummernden Blümchen zugleich von der mähenden Sichel fällt, die alle Gräser der Wiese gleichmäßig abmäht. »O[239] Herr!« rief Renzo aus, »erhöre sie! nimm sie zu dir, sie und die arme Kleine, sie haben genug gelitten! sie haben genug gelitten!«
Von dieser ungewöhnlichen Gemüthsbewegung wieder zu sich gekommen, und während er sich die Wegweisung wieder in das Gedächtniß zu rufen suchte, um herauszufinden, ob er bei der nächsten Straße einbiegen und ob er rechts oder links gehen müsse, hörte er auch aus dieser einen andern verschiedenartigen Lärmen kommen, einen verworrenen Schall gebieterischen Geschreies, schwache Klagelaute, ein Weinen von Frauen, ein Geheul von Kindern.
Er ging vorwärts mit der gewohnten traurigen und bangen Erwartung im Herzen. Bei dem Kreuzwege angekommen, sah er von der einen Seite eine verworrene Menge näher kommen; er blieb stehen, um sie vorüber zu lassen. Es waren Kranke, die nach dem Lazareth geführt wurden; einige, mit Gewalt fortgetrieben, widersetzten sich vergebens, schrien vergebens, sie wollten in ihrem Bette sterben, und antworteten mit ohnmächtigen Verwünschungen auf die Flüche und auf die Gebote der Monatti, die sie geleiteten; andere gingen stillschweigend, ohne Schmerz noch irgend eine andere Empfindung zu zeigen, wie besinnungslos; Frauen mit Kindern auf dem Arm; Kinder, durch das Schreien, durch das Befehlen, durch die Begleitung mehr als durch den unbestimmten Gedanken des Todes erschreckt, die mit lautem Geschrei nach der Mutter, nach ihren Wärterinnen und nach ihrem Hause verlangten. Ach! und die Mutter, die sie schlafend auf ihrem Bette verlassen zu haben meinten, war vielleicht plötzlich von der Pest befallen worden und lag besinnungslos da, um auf einem Karren nach dem Lazareth gebracht zu werden, oder nach der Grube, wenn der Karren zu spät kam. Vielleicht, o Unglück noch schmerzlicherer Thränen werth! hatte die Mutter, ganz von ihren Leiden eingenommen, auch die Kinder vergessen und nur den einen Gedanken noch, ruhig zu sterben. Doch in all dieser Verwirrung sah man auch noch ein und das andere Beispiel von Ausdauer und Mitleid; Väter, Mütter, Brüder, Kinder, Gatten, die ihren Lieben beistanden und sie mit Worten des Trostes begleiteten; und nicht nur Erwachsene, auch kleine Knaben, kleine Mädchen führten die noch[240] jüngeren Geschwister und ermahnten sie mit dem Verständniß und dem Mitleid von Erwachsenen zum Gehorsam, versicherten sie, daß man mit ihnen nach einem Orte ginge, wo man für sie sorgte, damit sie wieder gesund würden.
Mitten in der Traurigkeit und Rührung eines solchen Anblicks bewegte und beunruhigte unsern Wanderer eine Sache noch lebhafter. Das Haus mußte hier in der Nähe sein, und wer weiß, ob unter diesen Leuten .... Aber als der ganze Zug vorüber und dieser Zweifel gehoben war, wandte er sich an einen Monatto, der hinterdrein kam, und fragte ihn nach der Straße und nach dem Hause von Don Ferrante. »Geh zum Henker, Grobian«, war die Antwort, die erfolgte. Und er hütete sich wohl jenem darauf zu erwiedern, was er verdiente; da er aber nach einigen Schritten einen Kommissär sah, der den Zug beschloß und der ein christlicheres Aussehen hatte, so richtete er an ihn die nämliche Frage. Dieser zeigte mit einem Stock nach der Gegend, von wo er kam, und sagte: »Die erste Straße rechts, das letzte große Haus links.«
Mit einer neuen und noch stärkern Unruhe im Herzen schlug der Jüngling den Weg nach jener Seite ein. In der Straße unterschied er sogleich das Haus von den andern niedrigeren und unscheinbareren; er nähert sich der Thür, die verschlossen ist, legt die Hand an den Klopfer und läßt ihn ungewiß darin ruhen, wie in einer Urne, ehe er das Loos zieht, worauf sein Leben oder Tod geschrieben steht. Endlich erhebt er den Klopfer und schlägt fest an.
Nach einigen Momenten öffnet man ein wenig das Fenster; eine Frau steckt den Kopf heraus und sieht nach der Thür, mit einem scheuen Gesicht, das zu fragen scheint: Monatti? Landstreicher? Kommissäre? Salber? Teufel?
»Gnädige Frau«, sagt Renzo hinaufblickend und mit nicht allzu fester Stimme, »dient hier ein junges Landmädchen, die Lucia heißt?«
»Die ist nicht mehr hier, geht«, antwortet die Frau und schickt sich an, das Fenster zu schließen.[241]
»Einen Augenblick, aus Barmherzigkeit! Sie ist nicht mehr hier? Wo ist sie?«
»Im Lazareth;« und wieder wollte sie das Fenster schließen.
»Nur einen Augenblick, um des Himmels willen! an der Pest?«
»Freilich. Eine Neuigkeit, he? Geht!«
»O ich Aermster! Warten Sie; war sie sehr krank? Wie lange ist es her ....?«
Aber inzwischen war das Fenster wirklich geschlossen worden.
»Liebe Frau! liebe Frau! auf ein Wort, aus Barmherzigkeit! um Ihrer armen Todten willen! Ich verlange ja weiter nichts von Ihnen!« Es war aber den Wänden gesprochen.
Von der Nachricht betrübt und über die Behandlung entrüstet, ergriff Renzo noch einmal den Klopfer, drehte und wand ihn, indem er sich gegen die Thür lehnte, in der Hand, erhob ihn, um nochmals verzweifelt zu klopfen, und hielt ihn darauf in die Höhe. In dieser Aufregung sah er sich um, ob vielleicht irgend Jemand in der Nähe wäre, der ihm vielleicht genauere Auskunft, irgend einen Fingerzeig, der ihm Licht geben könnte. Aber die erste, die einzige Person, die er erblickte, war eine andere Frau, vielleicht zwanzig Schritte von ihm entfernt, mit einem Gesichte, das Schrecken, Haß, Ungeduld und Bosheit ausdrückte, mit gewissen verdrehten Augen, die auf ihn und zugleich in die Ferne sehen wollten; sie riß den Mund weit auf, als wollte sie aus vollem Halse schreien, hielt zugleich den Athem an sich, hob zwei fleischlose Arme empor, streckte zwei runzelige Hände aus und zog sie wieder zusammen wie Krallen, als ob sie etwas zu erwischen suchte; man sah, daß sie Leute herbeirufen wollte, ohne daß es Jemand gewahr werden sollte. Als ihre Blicke sich begegneten, fuhr sie, noch häßlicher werdend, wie Jemand, der ertappt ist, zusammen.
»Was zum Henker? ....« sing Renzo an, indem auch er die Hände gegen die Frau erhob; als diese aber die Hoffnung verlor, ihn unversehens ergreifen zu lassen, brach sie in das bis jetzt unterdrückte Geschrei aus: »Der Salber! packt ihn! packt ihn! packt den Salber!«[242]
»Wer? ich! du lügenhafte Hexe! schweig still«, rief Renzo und sprang auf sie zu, um ihr Furcht einzujagen und sie zum Schweigen zu bringen. Aber er besann sich sogleich, daß er an seine Angelegenheiten denken müsse. Auf das Gekreisch der Alten liefen von allen Seiten Leute herbei, kein solcher Schwarm, wie er in einem ähnlichen Falle drei Monate früher zusammengelaufen wäre, aber immer noch groß genug, um einem Menschen den Garaus zu machen. In demselben Augenblick öffnete sich das Fenster wieder und dieselbe unhöfliche Frau von vorher zeigte sich auch diesmal und rief: »Greift ihn, greift ihn; denn er muß einer von den Schurken sein, die herumlaufen, die Thüren ehrlicher Leute zu salben.«
Renzo überlegte nicht lange; es schien ihm sogleich gerathener, sich aus dem Staube zu machen, als da zu bleiben, um sich zu rechtfertigen. Er warf einen Blick nach rechts und nach links, auf welcher Seite die wenigsten Leute wären; nach dieser entlief er, stieß mit einem tüchtigen Stoß einen zurück, der ihm den Weg versperrte; durch einen kräftigen Faustschlag gegen die Brust stieß er acht oder zehn Schritte weiter einen Andern aus dem Wege, der ihm entgegen lief, und fort ging's im Galopp, mit festgeballter emporgehobener Faust, schlagfertig für einen Jeden, der ihm vor die Füße käme. Die Straße vor ihm war frei; aber hinter sich drein hörte er das Getrampel und noch stärker als das Getrampel das wüthende Geschrei: »Packt ihn; packt ihn! den Salber!« Er wußte nicht wann er anhalten, wo er sich in Sicherheit bringen könnte. Sein Zorn ward zur Wuth, seine Angst stieg zur Verzweiflung; und indem es ihm schwarz vor den Augen wird, legt er Hand an sein Messer, reißt es heraus, steht still, dreht sich mit einem fürchterlicheren, wüthenderen Gesichte, als er sein Lebtag gemacht hatte, um; und mit ausgestrecktem Arm, die blitzende Klinge in der Luft schwingend, schreit er: »Wer Muth hat, komme heran, Gesindel! ich will ihn damit im Ernste salben.«
Aber mit Verwunderung und mit einem verworrenen Gefühl von Trost sah er, daß seine Verfolger schon zurückgeblieben waren und unentschlossen dastanden, und daß sie, immer noch brüllend, mit den Händen gleich Bessenen gewisse Zeichen in der Luft[243] machten, wie zu Leuten, die von ferne hinter ihnen kämen. Er drehte sich wieder um und sah – denn seine große Aufregung hatte ihn denselben einen Moment früher nicht sehen lassen – einen daherfahrenden Karren, sogar eine ganze Reihe dieser gewöhnlichen Todtenkarren, mit dem gewöhnlichen Geleite, dahinter, in einiger Entfernung, einen anderen Haufen Leute, die auch gern über den Salber hergefallen wären und hin zerrissen hätten; aber auch sie wurden von dem nämlichen Hinderniß zurückgehalten. Sich so zwischen zwei Feuern sehend, fiel ihm ein, daß dasjenige, was der Schrecken von jenen war, für ihn zur Rettung dienen konnte; er dachte, daß es nicht an der Zeit sei, den Bedenklichen zu spielen, steckte das Messer wieder zu sich, lief auf die Karren zu dem ersten vorbei und entdeckte auf dem zweiten einen ziemlich leeren Raum. Er faßte sein Ziel ins Auge, that einen Sprung, ist oben, auf dem rechten Fuße stehend, den linken in der Luft, die Arme emporgehoben.
»Brav! brav!« schrien einstimmig die Monatti, von denen einige dem Zuge zu Fuß folgten, andere auf den Karren saßen, noch andere, um das Entsetzliche wie es war zu sagen, auf den Leichen saßen und aus einer großen Flasche, die herumging, einander zutranken. »Brav! ein schöner Streich!«
»Du hast dich unter den Schutz der Monatti gestellt; du sollst sicher sein wie in der Kirche«, sagte einer von den beiden zu ihm, die auf dem Karren standen, auf den er gesprungen war.
Während der Zug sich näherte, hatten die meisten seiner Feinde den Rücken gekehrt und waren abgezogen, indem sie immer noch schrien: »Packt ihn! packt ihn! den Salber!« Einige unter ihnen zogen sich langsamer zurück, blieben alle Augenblick stehen und wendeten sich mit drohenden Gesichtern und Geberden nach Renzo um, welcher ihnen, mit den Fäusten in der Luft herumschlagend, von dem Karren herab antwortete.
»Laßt mich machen«, sagte ein Monatto zu ihm; er riß einem Leichnam einen schmutzigen Lappen vom Leibe, wickelte ihn schnell zusammen, faßte ihn bei einem der Zipfel, erhob ihn wie einen Schleuder gegen die Hartnäckigen und machte Miene sie damit zu werfen, indem er schrie: »Wartet Gesindel!« Bei dieser Geberde[244] ergriffen alle entsetzt die Flucht; Renzo sah von seinen Feinden nichts mehr als die Rücken und Fersen, die schnell in die Luft flogen, nach Art von Walken.
Unter den Monatti erhob sich ein Siegesgeheul, ein schallendes Gelächter, ein langes »Uh«, wie zur Begleitung der Flucht.
»Aha! siehst du, ob wir ehrliche Leute zu schützen wissen?« sagte jener Monatto zu Renzo, »einer von uns wiegt hundert von diesen Memmen auf.«
»Gewiß, ich kann sagen, daß ich Euch mein Leben verdanke«, antwortete Renzo, »und ich danke Euch von ganzem Herzen.«
»Wofür?« sagte der Monatto, »du verdienst es, man sieht, daß du ein braver Junge bist. Du thust recht dieses Gesindel einzusalben; salbe sie, rotte sie aus, sie taugen doch nicht eher etwas, als bis sie todt sind; denn zum Lohne für das Leben, das wir führen, verwünschen sie uns noch und sagen, wenn nur erst die Seuche aufgehört hätte, so wollten sie uns Alle baumeln lassen. Mit ihnen soll's aber eher vorbei sein, als mit der Seuche; die Monatti sollen allein übrig bleiben, um Victoria zu singen und in Mailand ein lustiges Leben zu führen!«
»Es lebe die Seuche und es sterbe das Geschmeiß!« schrie der andere. Mit diesem Trinkspruch setzte er die Flasche an den Mund, und indem er sie bei den Stößen des Karrens mit beiden Händen festhielt, that er einen tüchtigen Zug und reichte sie dann Renzo mit den Worten: »Trinkt auf unsere Gesundheit.«
»Die wünsch' ich euch allen von ganzem Herzen«, sagte Renzo, »aber ich habe keinen Durst; ich habe in diesem Augenblick keine rechte Laune zum Trinken.«
»Wie mir's scheint, hast du eine schöne Angst ausgestanden«, sagte der Monatto, »du hast mir ein erbärmliches Aussehen; um den Salber zu spielen, muß man andere Gesichter aufsetzen.«
»Jeder macht's so gut er kann«, sagte der andere.
»Gieb sie mir her«, sagte einer von denen, die neben dem Karren zu Fuße gingen, »ich will auch einen Schluck auf das Wohl des guten Herrn trinken, der sich hier in dieser schönen Gesellschaft befindet .... dort, dort vorn in der schönen Staatskutsche meine ich.«[245]
Und mit einem wilden, teufelischen Grinsen deutete er auf den Karren, der vor dem fuhr, auf welchem der arme Renzo stand. Dann verzog er das Gesicht zu einem noch trotzigeren, boshafteren Ernst, verneigte sich nach jener Seite hin und hub wieder an: »Erlauben Sie, mein gnädiger Herr, daß ein armer, schlechter Monatto den aus Ihrem Keller versucht? Sehen Sie wohl, das kommt von gewissen Weinen. Wir sind die Leute, die Ihnen in die Kutsche geholfen haben, um Sie nach Ihrem Landsitz zu fahren. Und dann .... solchen Herren bekommt der Wein mit einem Mal schlecht. Die armen Monatti haben einen guten Magen.«
Unter dem Gelächter seiner Gefährten nahm er die Flasche und erhob sie; aber ehe er trank, wandte er sich zu Renzo, und indem er ihn mit einem gewissen Ausdruck verächtlichen Mitleids ansah, sagte er zu ihm: »Der Teufel, mit dem du einen Bund geschlossen hast, muß nicht viel auf sich haben, denn wären wir nicht zu deiner Rettung hier gewesen, er hätte dich schön im Stich gelassen«. Und unter einem abermaligen schallenden Gelächter setzte er die Flasche an die Lippen.
»Und wir? he! und wir?« schrien mehrere Stimmen von dem vordersten Karren. Nachdem der Schurke so viel gesoffen hatte, als er mochte, stellte er die große Flasche mit beiden Händen seinen andern Genossen zu, die sie von einem zum andern gehen ließen, bis endlich der, welcher sie geleert hatte, sie beim Halse packte, in der Luft herumschwenkte und mit dem Ruf »Es lebe die Seuche!« auf das Pflaster in Stücke warf. Nach diesen Worten stimmte er einen ihrer Gassenhauer an und sogleich stimmten alle übrigen Stimmen des schändlichen Chores mit ein. Der höllische Gesang, der sich mit dem Geklingel der Schellen, mit dem Knarren der Todtenkarren, mit dem Getrampel der Pferde mischte, scholl durch die tiefe Stille der Straßen, und in den Häusern wiederhallend, zog er den Wenigen, die sie noch bewohnten, schmerzlich das Herz zusammen.
Aber was kann nicht oftmals zum Nutzen gereichen? Was kann nicht in manchen Fällen Vergnügen machen? Die Gefahr einen Augenblick vorher hatte für Renzo die Gesellschaft dieser[246] Todten und dieser Lebenden mehr als erträglich gemacht, und die Musik, die ihn aus der Verlegenheit einer solchen Unterhaltung zog, war ihm jetzt sogar angenehm. Noch halb angst und bange und ganz verwirrt, dankte er inzwischen der Vorsehung in seinem Herzen bestens, daß er einer solchen Gefahr entkommen, ohne Schlimmes zu erleiden oder zu begehen; er bat sie, ihm auch jetzt zu helfen sich von seinen Befreiern zu befreien, und stand in seiner Ecke auf der Lauer, sah bald auf jene bald auf die Straße, um die Zeit abzupassen, sich ganz heimlich hinabgleiten zu lassen, ohne ihnen Gelegenheit zu irgend einem Lärm, zu irgend einem Auftritt zu geben, der die Vorübergehenden aufhetzen könnte.
Mit einem Mal, an einer Ecke, glaubte er die Gegend wieder zu erkennen; er sah aufmerksamer hin und war dessen gewiß. Wißt ihr, wo er war? Auf dem Corso nach der Porta Orientale, in derselben Straße, durch die er, ungefähr zwanzig Monate früher, langsam hereingekommen und schnell wieder hinausgelaufen war. Es fiel ihm sogleich ein, daß es von hier geradeaus nach dem Lazareth ginge. Daß er sich ohne Bemühung, ohne Zurechtweisung auf dem rechten Wege befand, hielt er für einen ausdrücklichen Fingerzeig der Vorsehung und für ein gutes Zeichen für das, was er noch vor hatte. In dem Augenblick kam ein Kommissär dem Karren entgegen und rief den Monatti zu, anzuhalten und ich weiß nicht was sonst noch; gewiß ist, daß der Zug anhielt und die Musik sich in einen lärmenden Wortwechsel verwandelte. Einer der Monatti, die auf Renzo's Karren standen, war hinabgesprungen; Renzo sagte zu dem andern: »Ich danke Euch für Eure Barmherzigkeit, Gott vergelte sie Euch;« und sprang von der andern Seite hinab.
»Lauf, lauf, armes Salbmännchen«, antwortete dieser, »du wirst Mailand nicht ausrotten.«
Zum Glück hatte Niemand diese Worte gehört. Der Zug hielt auf der linken Seite der Straße; Renzo läuft schnell nach der andern, trabt dicht an der Mauer entlang, der Brücke zu, geht hinüber, verfolgt die Straße der Vorstadt, erkennt das Kloster der Kapuziner, ist dem Thore nahe, sieht die Ecke des Lazareths zum[247] Vorschein kommen, geht durch das Gitter, und es liegt der äußere Schauplatz dieses Bezirks vor ihm: kaum eine Andeutung, eine Probe, und doch schon ein weiter, mannigfaltiger, unbeschreiblicher Schauplatz.
Den beiden Seiten entlang, die sich an diesem Punkte den Blicken darstellen, wimmelte es von Menschen; es waren Kranke, die in Schaaren nach dem Lazareth gingen; andere saßen oder lagen am Rande des Grabens, der dies begrenzt; entweder hatten ihre Kräfte nicht ausgereicht, sich bis in das Haus hinein zu schleppen, oder sie waren aus Verzweiflung wieder hinausgegangen und die Kräfte fehlten ihnen gleichfalls, um weiter zu kommen. Andere Elende irrten zerstreut umher wie blödsinnig, und nicht wenige wirklich von Sinnen: dieser war ganz eifrig dabei seine Einbildungen einem Elenden zu erzählen, welcher von der Krankheit überwältigt dalag; jener raste; ein anderer sah sich mit lachendem Gesichte nach allen Seiten um, als ob er einem lustigen Schauspiele beiwohne. Aber die seltsamste und lärmendste Art einer solchen trübseligen Fröhlichkeit war ein lautes, anhaltendes Gesinge, das nicht aus jener elenden Menge zu kommen schien und doch alle andern Stimmen übertönte; ein lustiges Volkslied von denen, die man Villanelle nennt; und wenn man mit dem Blicke dem Klange folgte, um zu entdecken, wer wohl so heiter sein könnte, in dieser Zeit, an diesem Orte, so sah man einen Unglücklichen, der ganz ruhig am Boden bei dem Graben sitzend aus voller Kehle sang, den Kopf in die Höhe gerichtet.
Renzo hatte kaum an der Südseite des Gebäudes hin einige Schritte gethan, als er in jener Menge einen außerordentlichen Lärmen hört und ferne Stimmen, welche schreien: vorgesehen, greift zu! Er stellt sich auf die Fußspitzen und sieht ein Pferd in vollem Lauf von einem seltsamen Reiter angespornt daherkommen; es war ein Wahnsinniger, welcher das Thier, losgeschirrt und unbewacht bei einem Karren stehen sehend, sich eiligst ohne Sattel hinaufgeschwungen hatte und mit den Fäusten auf den Hals losschlagend und sich der Fersen als Sporen bedtenend, es wüthend antrieb; Monatti brüllend hinterdrein; alles hüllte sich in eine Staubwolke, die weit hinzog.[248]
So kam unser Jüngling von dem Anblick des Jammers bestürzt und ermüdet an das Thor des Ortes, wo vielleicht mehr Menschen zusammengedrängt waren, als in dem ganzen Raume, den er schon durchschritten hatte. Er steht vor der Thür, tritt unter die Wölbung und bleibt einen Augenblick mitten in der Halle unbeweglich stehen.
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Die Verlobten
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