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Es war zu Anfang des Jahres 1780. Auf der Straße von Kiel nach Eckernförde bewegte sich ein Schlitten, in welchem zwei Herren und zwei Damen saßen. Diese waren der bekannte Prinz Paranow mit seiner Gemahlin und der Baron von Langenau mit seiner Frau, dem früheren Hoffräulein Amély d'Hausset.
Die beiden Herren hatten sich in Wien kennen gelernt und waren innige Freunde geworden. Kürzlich hatte der Prinz den Baron in Berlin besucht, und da von Langenau in einer wichtigen Mission nach Eckernförde gehen sollte, so beschloß Paranow, ihn zù begleiten, um diese Gelegenheit, eine interessante Bekanntschaft zu machen, nicht vorübergehen zu lassen.
In Eckernförde nämlich residirte der Landgraf Karl von Hessen-Kassel, dänischer Feldmarschall und Statthalter der Provinzen Schleswig und Holstein. Er schrieb das Buch: »Mémoires sur la campagne de 1788 en Suéde.« Als eifriger Freimaurer that er sich besonders durch sein Streben hervor, die »stricte Observanz« wieder herzustellen, und als ein Freund der »geheimen Künste und Wissenschaften« verwandte er große Summen auf Dinge, welche man heute als voll ständig werthlos erkannt hat. Er war ein Spielball von Magiern, Zauberern, Adepten und Wunderkünstlern, denen er das größte Vertrauen schenkte, und die dasselbe zu ihren Zwecken ausbeuteten. Die Abergläubigsten sind ja stets die in religiösen Dingen Glaubenslosen.
Auch Prinz Paranow hatte sich früher, wie es so in den Bestrebungen der Zeit lag, viel mit der Magie und Scheidekunst beschäftigt, war aber, nachdem er ihnen eine ganze Reihe von vergeblichen Opfern gebracht hatte, klug geworden und von ihnen zurückgetreten. Dennoch hegte er noch jetzt ein lebhaftes Interesse für Alles, was sich auf diese Disciplinen bezog, und fühlte eine unwiderstehliche Theilnahme für Jeden, der sich in den Banden befand, welche abzustreifen ihm nur nach großen Kämpfen und vieler Selbstüberwindung gelungen war. Daher wollte er auch den Marschall Karl von Hessen-Kassel kennen lernen und hatte sich dem Baron von Langenau nur deßhalb angeschlossen, um jetzt persönlich diese Bekanntschaft zu machen.
Die Unterhaltung drehte sich natürlich um den Feldmarschall, auf den sowohl die Herren als auch die Damen außerordentlich neugierig waren.
»Fahren wir direkt zu ihm?« frug Amély, welcher man es sehr leicht ansah, daß sie sich als Gemahlin Langenau's recht glücklich fühlte.
»Nein,« antwortete der Baron. »Meine Mission weist mich an, erst das Terrain gehörig zu sondiren. Der Marschall ist in manchen Dingen höchst unberechenbar; er kennt mich jedenfalls und weiß, daß ich als nüchterner Verstandesmensch mit manchen abenteuerlichen Anschauungen, welche er hegt, nicht harmonire; daher steht zu erwarten, daß er mir nicht sehr viel Sympathie entgegenbringen wird. Ich machte das in Berlin bemerklich und gab zu verstehen, daß es vielleicht besser sei, einen Geeigneteren mit meiner Mission zu betrauen, doch zog man es vor, meine Vorstellungen nicht zu beachten.«
»An wen werden Sie sich wenden?« frug der Prinz.
»An den Grafen von Lamberg, welcher bereits angewiesen wurde, die vorbereitenden Schritte zu thun. Er ist ein sehr gewandter Diplomat und hat es wirklich fertig gebracht, den dänischen Legationsrath Morin, welcher jetzt in Eckernförde anwesend und ein Vertrauter des Marschalls ist, für unsere Intentionen zu gewinnen. Gelingt es mir, die Theilnahme des Marschalls für meine Person zu erregen, so zweifle ich keinen Augenblick an dem glücklichen Verlaufe meiner Sendung.«
»Die sich natürlich auf die Verhältnisse Preußen's mit Schweden bezieht?« frug der Prinz.
»Es gibt Beziehungen,« antwortete Langenau lächelnd, »für welche die Freundschaft keine Worte haben darf.«
»Schön! Und ebenso gibt es Freundschaften, für welche die Politik kein Verständniß hat.«
»Ich möchte nicht beistimmen. Doch verirren wir uns damit auf ein Gebiet, welches unserm vorigen Thema so fern liegt, daß wir schleunigst zurückkehren wollen. Wissen Sie, wer sich gegenwärtig bei dem Marschall befindet?«
»Nun?«
»Ein alter Bekannter von mir und auch von Ihnen. Der berühmte Graf von Saint Germain.«[417]
»Ich weiß es und will Ihnen offen gestehen, daß seine Anwesenheit ein Grund mehr für mich war, mich Ihnen anzuschließen. Ich bin sehr begierig, eine kleine Abrechnung mit ihm zu halten.«
»Ah!«
»Er hatte die Güte, mir in Wien einen Diamanten, welchen er selbst auf zehntausend Dukaten schätzte, für die Hälfte dieser Summe zu verkaufen. Der Stein stammte, wie ich später erfuhr, aus seiner mit dem Grafen Zobor gegründeten Manufactur und erwies sich als unächt. Ich habe ihn bei mir und werde den Fälscher ersuchen, ihn gegen die fünftausend Dukaten unverzüglich zurückzunehmen.«
»Er wird es nicht thun.«
»Er wird es!«
»Dann müßte er im Besitze der betreffenden Summe sein, was ich aber nicht vermuthe.«
»Es würde ihm nicht schwer fallen, eine Anweisung auf die Kasse des Marschalls zu erhalten.«
»Auch diese Kasse ist leer; er hat dafür gesorgt.«
»Dann mag er sehen, wie er die Summe sonst auftreibt, wenn er es vermeiden will, daß ich per Waffe mit ihm spreche!«
»Das wirst Du nicht thun!« bat die Prinzessin ängstlich.
»Keine Sorge, mein Herz! Meinen guten Degen besudele ich nicht mit seinem Blute, und Du weißt ja, daß ich kein schlechter Schütze bin. Ein Mann von seinem Genre besitzt wohl die nöthige Hinterlist, welche zum feigen Betruge erforderlich ist, aber nicht den Muth, sich einem furchtlosen Gegner Auge in Auge gegenüberzustellen. Er wird das Geld aufbringen, um jeden Kampf zu vermeiden, denn er selbst weiß natürlich am allerbesten, welche Wirkung sein Aqua benedetta eigentlich hat.«
»Das wissen Andere außer ihm ja ebenso gut,« meinte Amély lächelnd. »Die Marquise Pompadour hat das Elixir getrunken, bis sie – starb, und daß auch Louis quinze trotz des Aqua todt ist, hat alle Welt erfahren. Man muß sich wundern, daß es noch Menschen gibt, welche im Stande sind, einem solchen Betrüger Glauben zu schenken!«
Man hatte jetzt die Stadt erreicht. Paranow stieg mit der Prinzessin im Gasthofe ab, während der Baron von Langenau mit seiner Gemahlin zu dem Grafen von Lamberg fuhr, wo ein Logis für Beide bereitet worden war. Der Baron hatte sich als Diplomat ausgezeichnet und wurde von dem Grafen sehr freundlich empfangen.
Beide hatten vor allen Dingen eine Unterredung, welche sich auf die Mission Langenau's bezog, und begaben sich dann zu dem Legationsrath Morin, um ihn zu bitten, den Baron bei dem Feldmarschall einzuführen.
Der Letztere saß um die gleiche Stunde auf seinem Polsterstuhle, auf den ihn das leidige Podagra bannte, und blätterte in alten, vergilbten Manuscripten herum. Er blickte von Zeit zu Zeit unruhig nach der Uhr; er schien Jemand ungeduldig zu erwarten. Da endlich trat der Kammerdiener ein und meldete:
»Der Herr Graf von Saint Germain!«
»Eintreten.«
Der Graf, welcher jetzt unter der Thür erschien, hatte ganz noch das Aussehen, wie damals, als er Zutritt bei Ludwig von Frankreich gefunden hatte. Er schien wirklich nicht zu altern, doch bei einer genaueren Untersuchung hätte es sich wohl herausgestellt, daß er es ausgezeichnet verstand, sein Aeußeres mittelst kosmetischer Mittel zu conserviren. Er verbeugte sich leicht vor dem Marschall und nahm auf dessen Wink auf einem Stuhle in der Nähe seines Gönners Platz.
Allerdings zeigte das Gesicht des Marschalls in diesem Augenblick nicht die freundliche Miene eines Gönners, sondern einen Unmuth, welcher durch die Schmerzen, die ihm das Podagra verursachte, noch erhöht wurde.
»Ich ließ Sie bereits vor einer Stunde zu mir bitten, Graf!«
»Excellenz entschuldigen, daß ich Ihrer Aufforderung nicht sofort Folge leisten konnte! Eine wichtige Schmelzung, welche ich im Laboratorium begonnen hatte, hielt mich fest.«
»Eine wichtige Schmelzung? Wissen Sie, mein Herr, welche Schmelzung mich in neuester Zeit wieder ganz außerordentlich beschäftigt?«
»Ich höre, Excellenz!«
»Das Schmelzen des Inhaltes meiner Kasse. Ueber fünf Jahre lang wohnen Sie bereits bei mir; über fünf Jahre lang stelle ich Ihnen selbst für meine Mittel ganz ungeheure Summen zur Verfügung, um Sie in den Stand zu setzen, die Versprechungen zu halten, die Sie mir gegeben haben; über fünf Jahre lang warte ich darauf, daß Sie Wort halten, und sehe keinen andern Erfolg, als daß mein Vermögen zur Neige geht und ich mich mit meinen Gläubigern herumschlagen muß; über fünf Jahre lang bin ich ein Muster von Geduld gewesen, aber mit den Mitteln geht auch meine Nachsicht zu Ende!«
»Excellenz erschrecken mich! Meine Operationen führen sicher zum Ziele; sie befinden sich in einem solchen Gange, daß – – –«
»Daß ich endlich selbst auch gehen muß!« fiel ihm der Marschall in die Rede. »Und doch fällt mir das Gehen schwer. Sie beabsichtigen, einen Lebenstrank herzustellen, der den Menschen ewig jung macht, und vermögen mir nicht einmal ein Mittel zu geben, welches mir das Podagra vertreibt!«
»Gestatten Excellenz die Bemerkung, daß die Krankheit längst gehoben wäre, wenn nicht das rasche, heiße Temperament – – –«
»Bah, die alte Einrede! Was hat mein Temperament mit dem Podagra zu schaffen? Beweise ich Ihnen etwa durch eine mehr als fünfjährige Nachsicht, daß mein Temperament so übermäßig schnell und hitzig ist? Ich habe heut wieder zweitausend Dukaten zu bezahlen und weiß wahrhaftig nicht, woher ich sie nehmen soll. Ich habe mich schon öfters auf Morin verlassen müssen, doch machte er mir erst kürzlich eine nichts weniger als zweideutige Aeußerung, daß er mir nicht mehr zur Verfügung stehen könne. Was nun?«
Man sah es dem Grafen an, daß er sich in einer ungewöhnlichen Verlegenheit befand. Er schien mit einem Entschlusse zu ringen.
»Sollten Ew. Excellenz Verhältnisse wirklich in der Weise derangirt sein, wie ich vernehmen muß?«
»Derangirt, das ist noch viel zu wenig! Alle geworden sind sie, vollständig alle; ich habe gar keine Verhältnisse mehr. Es gibt Niemand, an den ich mich wenden könnte, als Sie, Graf. Können Sie mir fünfzigtausend Friedrichsd'or borgen?«
Der Graf neigte den Kopf und blieb eine volle Minute still. Wer vermochte zu sagen, was in ihm vorging? Dann blickte er wieder auf und sah dem Marschall mit einem triumphirenden Lächeln in das Gesicht.
»Borgen? Nein, schenken werde ich Ihnen diese fünfzigtausend Friedrichsd'or, auch hunderttausend oder eine Million, wenn Sie wollen!«
»Ah! Ist's möglich?« rief der Marschall.
Er dachte nicht an sein Podagra; es war augenblicklich verschwunden, und als hätte er diese schmerzvolle Krankheit niemals kennen gelernt, sprang er empor und trat heftig auf den Grafen zu.
Dieser blickte ihm siegessicher entgegen.
»Sehen nun Excellenz, daß ich wirklich ein Mittel gegen Ihre Krankheit habe? Nur eines Wortes hat es bedurf, und sie ist verschwunden!«
»Und die Krankheit meiner Kasse?«
»Sie auch!«
»Erklären Sie sich deutlicher!«
»Sie wissen, daß ich fünf Jahre lang vergeblich auf eine günstige Constellation der Gestirne gewartet habe.«
»Leider!«
»Heut genau um Mitternacht wird sie eintreten.«
»Wirklich?« frug der Marschall mit einem tiefen Athemzuge der Erleichterung.
»Ganz zuverlässig. Meine Berechnungen werden mich nicht täuschen.«
»Gut! So haben wir endlich eine günstige Stellung der Gestirne, aber das Andere – –?«
»Es ist Alles fertig, und ich bin vorbereitet.«
»Was können Sie mir versprechen?«
»Ewiges Leben und unendliche Reichthümer heut gerad um Mitternacht, Excellenz.«
»Graf, ist das wirklich wahr?«
Der Marschall befand sich vollständig in Ekstase. Alle Opfer, aller Zorn waren vergessen; er umarmte den Grafen und drückte[418] ihn dann wieder auf den Stuhl nieder, von welchem sich der Adept vorhin in seiner Verlegenheit erhoben hatte.
»So gewiß, als ich hier stehe,« klang die feste Antwort. »Nur unter günstigen Sternen ist der Trank zu bereiten, und es können Jahrhunderte vergehen, ehe sich die heutige glückliche Constellation wiederholt. Ich fertigte das Elixir zum ersten Male an dem Tage, nach welchem Moses die Finsterniß über Egypten verhängte; zum zweiten Male am Begräbnißtage Samuel's, des Hohenpriesters, und zum dritten Male in der Nacht, als Christus seine Bergpredigt beendigt hatte.«
»Sie haben Christum gekannt?«
Das Gesicht des Grafen zeigte ein eigenthümliches Lächeln.
»Ich habe Alles und Alle gekannt, Excellenz. Könnten Sie Petrus, den Apostel, fragen, so würde er Ihnen gestehen, daß ich ihm sehr oft den guten Rath gegeben habe, seine Heftigkeit zu mäßigen. Und wie ich bereits vor dreitausend Jahren lebte, so werden Sie mich auch nach dreitausend Jahren wiedersehen, denn Sie werden heut um Mitternacht mit mir den Tropfen des ewigen Lebens trinken und den Tod nie kennen lernen.«
Der Marschall erstarrte beinahe vor Hoffnung und Verwunderung. Der Graf hatte allerdings hier und da eine leise Andeutung fallen lassen, aber so offen wie jetzt hatte er noch nie von seiner dreitausendjährigen Vergangenheit gesprochen.
»Graf, ich zweifle nicht, daß Sie die Wahrheit sagen; aber wenn Sie Ihr Versprechen wirklich erfüllen, so werde ich Sie belohnen, wie noch nie ein Mensch be – – –«
»Lohn? Bah, Excellenz, wer könnte mich belohnen! Bin ich es nicht, von dem Sie Alles empfangen? Was können Sie mir schenken, der ich Ihnen ewige Jugend und unendlichen Reichthum verleihe! Doch jetzt muß ich fort, denn ich darf keinen einzigen der glücklichen Augenblicke versäumen, aber heut um Mitternacht werde ich Ihnen Glück und Leben bringen. Lassen Sie den Saal in der Weise bereiten, wie es stets bei unsern Beschwörungen geschah!«
Er ging und ließ den Marschall in einer ganz unbeschreiblichen Aufregung zurück. Dieser wäre am liebsten mit seinen Gedanken und seinem Jubel allein geblieben, doch war ihm dieses nicht beschieden, denn nach einiger Zeit trat der Diener ein und machte eine Meldung, welche der Marschall in seiner Erregung allerdings gar nicht beachtete.
Die Thür öffnete sich wieder, und es trat ein kleines, schmächtiges Männchen ein, dessen vollständig weiße Haare auf ein bedeutendes Alter schließen ließen. Es dauerte lange, ehe der Marschall den Eingetretenen gewahrte.
»Wer sind Sie, und wer erlaubt Ihnen, hier Zutritt zu nehmen?« frug er mit zornig klingender Stimme.
»Ich wurde angemeldet, Excellenz!« erklang die ruhige Antwort.
»Ah so! Also wer sind Sie?«
»Mein Name ist van Holmen.«
»Van Holmen? Aus Haag?«
»Ja.«
»Ah! Setzen Sie sich!«
Es war augenscheinlich, daß die Ankunft des Chemikers dem Marschall etwas ungelegen kam; doch sammelte er sich schnell und erklärte:
»Sie wurden mir – allerdings nicht erst heut oder gestern – als ein Mann der Wissenschaft geschildert, zu dem man das unbeschränkteste Vertrauen hegen dürfe.«
»Casanova!« schaltete van Holmen mit einer höflichen Verbeugung ein.
»Wie? Sie wissen, mit wem ich von Ihnen sprach?«
»Der berühmte Verbannte schrieb es mir.«
»So! Ich erinnerte mich seiner Worte, als ich in die Lage kam, das unparteiische Urtheil eines Chemikers zu hören, der sich nicht von abenteuerlichen Anschauungen beeinflussen läßt, und sandte nach Haag in Holland, um Sie auffordern zu lassen, auf eine Woche zu mir zu kommen.«
»Wie Excellenz sehen, bin ich dieser ehrenvollen Aufforderung gefolgt, obgleich ich mir eine große Vernachlässigung meiner eigenen Arbeiten zu Schulden kommen lasse.«
»Sie sollen für Alles entschädigt werden. Natürlich wohnen Sie hier bei mir, doch mache ich die Bedingung, daß Sie sich bis morgen nur auf Ihr Zimmer beschränken.«
»Darf ich nach der Angelegenheit fragen, Excellenz, welche dem an mich ergangenen Rufe zu Grunde liegt?«
»Wir werden heut nicht darüber sprechen, da Sie sich vor allen Dingen ausruhen müssen; doch verspreche ich Ihnen, daß Sie morgen früh vollständig unterrichtet sein werden.«
Der kleine Chemiker neigte den Kopf mit einem leichten Lächeln auf die Seite.
»Darf ich es wagen, mich bereits für unterrichtet zu halten?«
»Wie so?«
»Excellenz, ich bin kein Charlatan,« antwortete er jetzt in ernstem Tone; »ich liebe es, stets zu wissen, was ich einmal wissen soll. Ich bin Ihrem Rufe gehorsam gefolgt, aber ich habe keine Zeit, morgen etwas in die Hand zu nehmen, was ich bereits schon heut beginnen kann.«
»Ich werde Sie ja entschädigen!«
»Das können Sie nicht. Sie können mir wohl ein Aequivalent geben für den Arbeitsertrag, welchen mir der versäumte Tag gebracht hätte, aber Sie können mir die verlorene Zeit nicht wieder bringen und auch den geistigen Ertrag, der mir entgeht, nicht ersetzen. Der Graf von Saint Germain ist nicht der Mann, dem zu Liebe ich nur eine Stunde meiner köstlichen Zeit verschwenden möchte. Er kann über fünf Jahre auf das Gelingen eines Experimentes warten, denn er hat ein Aqua benedetta, welches ihn unsterblich macht; ich aber bin ein sterbliches Menschenkind und muß daher so viel als möglich mit den Stunden geizen.«
Der letzte Satz war mit einer Ironie gesprochen, welche dem Marschall nicht entgehen konnte.
»Sie ahnen, weßhalb ich Sie rief?« frug er.
»Ich ahne es nicht bloß, sondern ich weiß es. Sie verlangten mich nach Eckernförde, weil sich in Ihnen ein sehr gerechtfertigtes Mißtrauen regte gegen den Mann, der Ihnen so viel versprochen und gar nichts gehalten hat. Ich sollte seine Arbeit untersuchen, und mein Urtheil sollte Ihnen die Richtschnur Ihres Verhaltens gegen ihn sein.«
»So ist es allerdings,« gestand der Marschall, der sich überrumpelt sah.
»Dann bitte ich um den Grund, weßhalb ich nicht sofort beginnen soll!«
»Ich will aufrichtig sein, mein Lieber! Ich habe vielleicht etwas zu schnell gehandelt, wenigstens gestehe ich, daß mein Vertrauen zu dem Grafen nicht im Geringsten erschüttert ist, denn – denn – – –«
Es fiel dem alten, ehrlichen Haudegen schwer, eine Unwahrheit zu sagen. Van Holmen war gewandt genug, Alles sofort zu begreifen; darum fiel er ein:
»Denn er hat Ihnen ein neues Versprechen gegeben, welches so unendlich verheißungsvoll und glänzend ist, daß dadurch alle Ihre Bedenken wieder in die Flucht geschlagen wurden. So ist es, und also mein Gutachten nicht mehr verlangt wird, so erlaube ich mir, ohne Verzug wieder in die Heimat zurückzukehren!«
Noch ehe der Marschall ihn zu halten vermochte, hatte er die Thür geöffnet und das Zimmer verlassen. Zu gleicher Zeit öffnete sich die Thür des Vorzimmers, und es traten zwei Männer ein, von denen der Eine den Chemiker mit erst zweifelnder und dann freudiger Ueberraschung betrachtete.
»Van Holmen! Ist's möglich?«
»Herr Baron von Langenau! Sie auch hier in Eckernförde?«
»Wie Sie sehen! Was thaten Sie beim Marschall?«
»Etwas sehr Wichtiges. Ich überzeugte ihn, daß irgend Jemand lebt, der van Holmen heißt, und ging dann wieder.«
»Was heißt das?«
»Das heißt: der Marschall ließ mich kommen, um dem Grafen St. Germain auf die Finger zu sehen, hat aber wieder neues Vertrauen gewonnen, so daß ich als personne inutile die Pflicht habe, mich zu entfernen.«
»Gehen Sie jetzt nicht, sondern warten Sie, bis ich zurückkehre. Sie begleiten mich dann in meine Wohnung.«
»Melden Sie mich!« befahl der Andere der Beiden jetzt dem Kammerdiener.
Dieser öffnete die Thür.
»Der Herr Legationsrath Morin!«
»Eintreten!«[419]
Morin folgte mit dem Baron dem Rufe. Der Marschall war noch so begeistert von seiner Unterredung mit dem Grafen, daß er, ohne Langenau zu beachten, auf Morin zustürmte und ihn bei beiden Händen ergriff.
»Willkommen, Herr Rath, willkommen! Sie sehen mich außerordentlich freudig erregt in Folge einer glückverheißenden Nachricht, die mir zugegangen ist.«
»Gestatten Sie mir, Excellenz, mich an Ihrer Freude zu betheiligen, Ihnen aber vorher den Herrn Baron von Langenau vorzustellen, welcher Berlin verlassen hat, um Ew. Excellenz von der freundlichen Gesinnung und Hochachtung seines Monarchen zu überzeugen!«
»Ah! Recht so, Herr Baron! Zwar haben wir uns noch nicht gesehen, aber Sie sind mir aus Ihrem Wirken als ein Mann bekannt, auf den sein König sich verlassen kann. Nehmen Sie Platz, meine Herren, und hören Sie, Herr Rath, was ich Ihnen Erfreuliches mitzutheilen habe! Auch Sie, Herr Baron, werden meiner Neuigkeit Ihr Interesse nicht versagen. Ich weiß sogar, daß Sie erstaunen und eingestehen werden, daß Sie einst dem großen Manne Unrecht thaten.«
»Darf ich fragen, wem Excellenz die Ehre erweisen, ihn einen großen Mann zu nennen?« frug höflich Langenau.
»Den Grafen St. Germain.«
»Ah so! Auch ich nenne ihn groß, doch ist er jedenfalls nur eine negative Größe.«
»Welchen Sinn sollen diese Worte haben, Herr Baron?«
»Denselben, mit welchem ich die Freude als eine positive, den Schmerz aber als eine negative Seelenbewegung bezeichne.«
»So halten Sie den Grafen für eine Größe im Schlimmen?«
»Nicht anders, leider!«
»Ich bin in der glücklichen Lage, Sie vom Gegentheile überzeugen zu können. Sie haben doch gehört, daß er sich bei mir befindet?«
»Ich weiß schon längst, daß er bei Ihnen ein Asyl vor der Rache und den Verfolgungen derer gefunden hat, welche von ihm betrogen worden sind, weil sie ihm glaubten.«
»Das ist nicht nur streng, sondern sogar ungerecht und zugleich eine Beleidigung für mich,« entgegnete der Marschall mit finsterer Miene. »Doch sind Sie ein Mann, der meine Achtung besitzt, und ich werde sicher die Genugthuung haben, daß Sie Ihre Meinung auf richtig widerrufen. Ich muß Sie entschuldigen, denn auch ich begann bereits, wankelmüthig zu werden. Ich weiß recht wohl, daß man über mein Vertrauen und über die Opfer, welche ich dem Grafen gebracht habe, gelächelt hat; heut aber müssen die Spötter zu Schanden werden, und ich stehe im Begriffe, mir eine Satisfaction zu verschaffen, welche nicht glänzender genannt werden kann.«
»Es soll mich um Excellenz willen freuen, wenn ich mein Urtheil über den Grafen als ein falsches erkenne. In diesem Falle bin ich bereit, ihm Alles zu vergeben, was er an mir und den Meinen verbrochen hat,« antwortete der Baron.
»Ich verstehe! Ich traf Casanova, welcher mir Einiges von Ihnen und dem Grafen erzählte. Ich bin überzeugt, daß dem Letzteren damals in Haag Unrecht gethan worden ist. Er ist der berühmteste Mann des Jahrhunderts und befindet sich gegenwärtig entweder im Laboratorium oder in meiner Bibliothek. Er wird heute Nacht Punkt zwölf Uhr zwei Aufgaben lösen, an denen die Magie und Scheidekunst schon seit Jahrtausenden vergebens gearbeitet hat. Sie kommen zur guten Stunde, und ich lade Sie Beide ein, Zeugen unseres Triumphes zu sein.«
Morin verneigte sich dankend und meinte:
»Der Graf, den ich als Herrn von Bellamare kennen zu lernen die Ehre hatte, ist ein außerordentlicher Mann, eine Erscheinung, die sich aller unserer Berechnung entzieht.«
»Wo trafen Sie ihn zum ersten Male?« frug Langenau.
»In Venedig, wo ich Zeuge war, daß ein einfaches Papierschnitzel, welches er einem Bekannten schenkte, von einem Banquier mit zweihundert Dukaten eingelöst wurde. Er ließ eine Perle im Werthe von fünf Dukaten binnen acht Tagen so wachsen, daß man ihm sechzig dafür bot, und der Baron Stosch versicherte, ihn vor vielen Jahren in Bayonne gesehen zu haben, wo er eine viele Pfund schwere Bleitafel in reines Silber verwandelte. Er hatte seitdem nicht im Geringsten gealtert.«
»Haben Sie ihn musiciren hören?« frug der Marschall.
»Ja, auf dem Klaviere. Er spielt virtuos.«
»Sie werden ihn heut noch mehr bewundern. Ohne daß ich ihm davon sage, lade ich für heut eine Gesellschaft auserlesener Herren und Damen zu mir, um mein bisheriges Vertrauen öffentlich durch den Erfolg zu rechtfertigen. Er wird sich bei dieser Veranlassung auf meine Bitte hin als Violinist produciren. Seine Meisterschaft ist hier ganz ohne Gleichen. Fürst Smirnoff, welcher ihn vor neun und vierzig Jahren auf der Violine spielen hörte, versicherte mir, daß seit dieser langen Zeit weder seine Fertigkeit noch sein Aussehen sich verändert habe. Auch werde ich Ihnen ein höchst merkwürdiges Manuscript zeigen.«
»Darf man nach dem Namen dieses Manuscriptes fragen?«
»Es ist ein Commentar von Raimundus Lullus und erklärt alle Dunkelheiten des Heber, Roger Bacon und Arnauld de Villeneuve. Das volume kostet mich beinahe viertausend Thaler.«
»Von wem kauften Sie es?«
»Von Saint Germain.«
»Ist es ächt?« frug Langenau unwillkürlich.
»Warum?«
»Weil, so viel ich weiß, Raimundus Lullus sich nicht mit Magie beschäftigt hat, sondern erst von seinen Anhängern für einen Magier ausgegeben wurde.«
»Sie erlauben mir hier eine andere Meinung. Uebrigens hat der Graf seiner Zeit wohl fünfzehntausend Thaler für dieses Manuscript bezahlt.«
»Welches sind die beiden Aufgaben, welche er heut Abend lösen wird?«
»Er wird ein Projectionspulver mischen, welches alle Metalle bei der bloßen Berührung in das reinste Gold verwandelt.«
»Das würde eine weltumstürzende Erfindung sein. Und die andere?«
»Ein Aqua benedetta, welches nicht nur, wie bisher, den Einfluß des Alters hebt, sondern auch den durch äußere Einflüsse erfolgenden Tod zur Unmöglichkeit macht.«
»Sie meinen durch Verwundung zum Beispiel?«
»Allerdings.«
»Dann bin ich begierig, ob es ihm gelingen wird,« meinte Morin.
»Ich bin davon überzeugt. Das Pulver steht schon seit fünf Jahren über dem Feuer. Ich mußte immer von einer Zeit auf die andere warten, da die geheimen Stunden niemals mit der Constellation der Gestirne harmoniren wollten, und schon verlor ich die Geduld, als mir der Graf vorhin die Versicherung gab, daß heute um Mitternacht alle magischen und astronomischen Voraussetzungen vorhanden seien. Sie kommen doch, meine Herren?«
Morin sagte zu; Langenau überlegte.
»Ich würde kommen, Excellenz, aber ich habe schon anderwärts zugesagt.«
»So sagen Sie wieder ab! Bei wem?«
»Bei dem Grafen von Lamberg, bei welchem ich mit meiner Frau wohne. Auch Prinz Paranow und seine Gemahlin, welche mit mir hier ankamen, sind geladen.«
»Wer sonst noch?«
»Weiter Niemand.«
»So kommen Sie alle um elf Uhr zu mir. Prinz Paranow ist mir nicht unbekannt. Ich traf ihn in Wien und Warschau; er und die Prinzessin werden mir sehr willkommen sein. Der Graf von Lamberg ist öfters bei mir und wird sich nicht weigern, zu kommen. Und Ihre Frau Gemahlin – ah, hörte ich nicht einmal, daß es Amély d'Hausset sei, die wunderschöne Nichte der Frau von Hausset, welche erste Dame bei der Marquise von Pompadour war?«
»Es ist so, Excellenz.«
»Dann muß ich sie sehen, Herr Baron!«
»Sie wird kommen, denn auch sie hat ein Interesse, zu sehen, ob die Experimente des Grafen gelingen.«
»Welches Interesse meinen Sie?«
»Sie erbte von ihrer Tante ein Kreuz, welches dieselbe einst in Gegenwart der Marquise von dem Grafen St. Germain zum Geschenk erhalten hatte. Ich ließ es untersuchen; es war unächt.«[420]
»Oder wurde von einem Juwelier untersucht, der nicht Kenner war. Es gibt der Diamanten gar verschiedene; sie sind farblos und wasserhell, oft gefärbt, grau, braungelb, rosa, blau, grün oder schwarz, und da ist eine Irrung sehr leicht möglich.«
»Zugegeben, Excellenz. Aber auch Prinz Paranow kaufte einst von dem Grafen einen Diamanten für fünftausend Dukaten, dessen spezifisches Gewicht nur zwei und einhalb war, während dasjenige des Diamanten drei und fünf bis sechs Zehntel beträgt. Und die beiden Diamanten, welche ich in Haag durch van Holmen untersuchen ließ, phosphorescirten weder im Finstern, noch ließen sie sich im Sauerstoffgas verbrennen. Der größere von ihnen sollte zu den französischen Krondiamanten gehören; später stellte es sich jedoch heraus, daß es nur darauf abgesehen war, die Generalstaaten durch eine werthlose Composition um hunderttausend Gulden zu betrügen. Fragen Sie bei dem Banquier Adrian Hope an; er wird meine Aussage bestätigen, denn in seiner Verwahrung befindet sich noch heut der Stein, welcher angeblich viele Millionen werth sein sollte und doch bis jetzt von keinem Menschen reklamirt wurde.«
»Wenn Sie mit dem Allen die Wahrheit erzählen, so hätte ich allerdings Ursache genug, vorsichtig zu sein; doch bin ich überzeugt, daß Sie sich täuschen. Noch vorhin erst hat mir der Graf gesagt, daß er bereits vor mehreren tausend Jahren gelebt habe.«
»In Folge seines Aqua benedetta?«
»Ja.«
»Ludwig der Fünfzehnte, die Pompadour und die Gräfin Gergy haben von demselben getrunken und sind dennoch gestorben; sollte es seine Wirkung nur allein beim Grafen äußern? Er scheint ein außerordentlicher Kosmetiker zu sein. Uebrigens bitte ich um die Erlaubniß, daß ich heut das Kreuz meiner Frau, und der Prinz seinen Diamanten mitbringen darf. Wird ein Kenner bei der Gesellschaft sein?«
»Banquier Larssen aus Stockholm ist einer der bedeutendsten Kenner von edlen Steinen; er wird mit anwesend sein. Er kam heut an, um eine nicht ganz geringfügige Summe zu erheben, die ich ihm leider verweigern muß, weil durch die fünfjährigen Experimente meine Mittel erschöpft worden sind. Ich muß ihm Gelegenheit geben, sich heut Abend zu überzeugen, daß ich mehr als ein Krösus sein werde.«
Langenau mußte über das blinde Vertrauen des Marschalls lächeln. Um sich aber den Statthalter zu verpflichten, sagte er:
»Haben Sie die Güte, immerhin anzunehmen, daß diese Hoffnung sich als trügerisch erweisen dürfte! Ich werde von hier nach Stockholm gehen und stand aus diesem Grunde im Begriff, einige verfügbare Summen bei Larssen zu deponiren. Es ist mir sehr lieb, ihn in dieser Beziehung schon hier sprechen zu können, und ich bitte um die Erlaubniß, mich ihm als Ihren Vertreter bezeichnen zu dürfen, Excellenz!«
Der Marschall sah ihn freudig überrascht an. Ein von den Gläubigern belagerter Mann pflegt bei einem solchen Anerbieten auf alle Prüderie zu verzichten.
»Mein Vertreter? Mit Vergnügen, Herr Baron! Aber die Summe beträgt zweitausend Dukaten!«
»Ich halte dennoch meine Bitte fest!«
Der Marschall reichte ihm die Hand.
»Angenommen! Und ich hoffe, daß die Stunde kommen wird, in der es mir vergönnt ist, ebenso aufmerksam gegen Sie zu sein! Und nun darf ich doch die Ueberzeugung hegen, daß Sie heut Abend mit Graf Lamberg, Prinz Paranow und Ihren Damen kommen werden?«
»Wir werden Sie nicht warten lassen, Excellenz! Doch eine Frage! Würde es nicht vielleicht gerathen sein, den Chemiker van Holmen, welchem wir im Vorzimmer begegneten, mit gegenwärtig sein zu lassen?«
»Hm! Wenn Sie es wünschen, ja. Aber er ist bereits fort, und ich weiß ihn leider nicht zu finden.«
»Er wartet im Vorzimmer auf mich. Der Mann befindet sich im Besitze meiner vollsten Hochachtung; er wird für die Zeit seines Aufenthaltes hier mein Gast sein.«
Die beiden Männer erhoben sich und nahmen Abschied von dem Marschall, der nun sicher sehr freundliche Gesinnung gegen Langenau hegte, obgleich er in dem Urtheile über St. Germain nicht mit ihm übereinstimmen wollte. – –
Es war am Abend, und bereits hatte es elf Uhr geschlagen. Alle hervorragenden Mitglieder des kleinen Hofes des Statthalters waren in dem Saale versammelt, welchen der Graf von St. Germain als den Schauplatz seiner Manipulation bestimmt hatte.
Die Fenster waren dicht verhüllt und die Wände schwarz behangen. An dem von der Mitte der Decke herabhängenden Kronleuchter brannten nur einige Kerzen, so daß in dem Raume nur ein geheimnißvolles Halblicht herrschte, welches verhinderte, die Züge der Anwesenden genau zu erkennen. Ueber den Hintergrund des Saales war ein Vorhang gezogen; jedenfalls verdeckte er die Bühne, auf welcher der Graf erscheinen wollte. Ganz vorn am Eingange des Saales, um von dem Podium aus nicht sofort bemerkt zu werden, hatten Langenau, Paranow und van Holmen nebst den Gemahlinen der beiden Ersteren Platz genommen.
Der Marschall hatte seine Gäste bewillkommnet und sich dann entfernt. Jetzt trat er wieder ein und wandte sich zu dem Baron:
»Ich war bei dem Grafen,« flüsterte er. »Er hat bisher geglaubt, nur mich anwesend zu finden, und war außerordentlich erzürnt, als ich ihm meldete, daß eine ganze, zahlreiche Versammlung seine Triumphe mit zu feiern beabsichtige.«
»Hat er nicht behauptet, daß nun die Aufgabe nicht gelöst werden könne?«
»Er hatte jedenfalls die Absicht, dies zu sagen; ich ließ ihn aber nicht dazu kommen. Ich bemerkte ihm, daß mein Vertrauen verlacht werde und ich es deßhalb meiner Ehre schuldig sei, daß er öffentlich beweise, er sei kein Betrüger und werde nur deßhalb verkannt, weil der Verstand der Uneingeweihten seine Macht und Größe nicht zu würdigen verstehe.«
Langenau konnte sich eines befriedigten Lächelns nicht enthalten. Der Same des Mißtrauens, welchen er in das Herz des Statthalters geworfen hatte, war also doch aufgegangen und hatte bereits eine Frucht angesetzt.
»Weiß er von unserer Anwesenheit?«
»Nein.«
»Wollen Sie mir und sich selbst einen Gefallen erweisen?«
»Sprechen Sie!«
»Lassen Sie alle Ausgänge besetzen und stellen Sie auch Posten unter diejenigen Fenster, welche dem Grafen zugänglich sind.«
»Herr Baron, das würde ein Mißtrauen verrathen, zu dem ich nicht fähig bin!«
»Aber ich, Excellenz! Ich kenne den Grafen und kann mich des Gedankens nicht erwehren, daß er seine Lage erkennt und versuchen wird, sich derselben zu entziehen. Ich habe keineswegs die Absicht, mich von ihm düpiren zu lassen, und gestehe Ihnen aufrichtig, daß ich gehen werde, wenn ich nicht die Ueberzeugung habe, daß er nicht entkommen kann, sondern gezwungen ist, seine Rolle bis zu diesem oder jenem Ende fortzuspielen.«
Diese Worte klangen so energisch, daß sie dem Statthalter imponirten.
»Nun wohl! Wenn Sie mich in dieser Weise zwingen, so werde ich Ihren Wunsch erfüllen.«
»Gebieten Sie Ihren Leuten, dem Grafen bei einem etwaigen Fluchtversuche zu sagen, daß er die Wahl habe zwischen der Mensur und der Bühne dort!«
Der Marschall entfernte sich, und es dauerte lange Zeit, ehe er wieder zurückkehrte. Es war bereits ein Viertel über Zwölf, als es geschah, und trotz der unzulänglichen Beleuchtung des Saales war die Blässe zu erkennen, welche auf seinem Gesichte lag.
»Es ist etwas geschehen?« frug Paranow.
»Ja, Ihre Voraussicht hat sich bereits erfüllt, Herr Baron. Ich selbst ertappte den Grafen, als er im Begriffe stand, sich heimlich davonzuschleichen.«
»Ah!«
»Ich zwang ihn, zurückzukehren.«
»Wird er erscheinen?«
»Er muß,« knirschte der alte Haudegen. »Jetzt glaube ich, daß er ein Betrüger ist. Wenn er sich weigert, ist er verloren.«[422]
»Er ist auf alle Fälle verloren!« meinte Paranow kaltblütig.
Noch während er sprach, durchzuckte ein greller Blitz den Raum, welcher hinter dem Vorhange lag, und der Vorhang ging in die Höhe. Mitten auf der Bühne stand der Graf, in ein langes, persisches Gewand gehüllt und begleitet von mehreren Bedienten, welche verschiedene Apparate und eigenthümlich geformte Gefäße trugen. Er hatte das Aussehen eines sehr gut conservirten Fünfzigers. Nachdem er die Gegenstände aufgestellt und geordnet hatte, schickte er die Domestiken fort und begann mit tiefer, monotoner Stimme:
»Ich begrüße Euch mit dem Spruche der Weisen, mit dem Gruße der Magier, mit dem Abracadabra des unsterblichen Serenus Sammonicus!«
Es trat eine athemlose Pause ein, während welcher er sein Auge über die Versammlung gleiten ließ, um die Anwesenden zu erkennen. Wegen des im Saale herrschenden Halbdunkels gelang ihm dies nur unvollständig. Dann fuhr er fort:
»Wer in die Geheimnisse des Artechins und Sandivaye eingeweiht ist; wer die Theorie der planetarischen Stunden und die Talismane des Polyphilos und des Grafen von Trier kennt, der mag seinen Genius ersuchen, mit mir zum Merkur, vom Merkur zum Monde, vom Monde zum Jupiter und vom Jupiter zur Sonne zu gehen. Es ist dies der magische Kreis des Zoreaster, den die Wissenden Zenduscht nennen; er überspringt den Saturn und den Mars, und ich zeichne ihn Euch mit schwarzen Charakteren hier auf diese weiße Tafel.«
Er nahm einen schwarzen Kreidestift und schrieb einige, Allen unverständliche Hieroglyphen auf die bezeichnete Tafel, dann wandte er sich wieder an die Versammlung:
»Ich begrüße Euch nochmals im Namen der Genien des Agrippa und umschließe Sie mit dem heiligen Fünfeck des großen Salomo, dessen Kunst, den Tod zu bezwingen, ich heut von Neuem erfunden habe. Er mag erscheinen, um mir zu bezeugen, daß sein Geist Eins ist mit dem meinen. Man lösche die Lichter aus!«
Es geschah, wie er befohlen hatte, und sofort erschien an der Hinterwand der Bühne ein Schatten, welcher die Arme wie zum Segen gegen den Grafen erhoben hatte.
»Camera obscura!« meinte van Holmen geringschätzend. »Der Blitz vorhin war Colophonium mit Bärlappsamen. O sancta simplicitas!«
Der Schatten verschwand, und nun brannte St. Germain die Kerzen eines dreiarmigen Leuchters an, welcher die Bühne hell erleuchtete. Dann begann er von Neuem:
»Jetzt steigt hernieder, ihr Engel aus Sud und Nord, aus Ost und West; steigt herauf, ihr Geister des Feuers und der Erde! Dem Meister der geheimen Künste ist die Macht gegeben über Fels und Stein, über alle Erden und Metalle.«
Er nahm eine Platte vom Tische und reichte sie vom Podium herab.
»Ueberzeugt Euch, Ihr Hörer des großen Meisters der Gnomen, daß diese Platte von Silber ist!«
Die Platte ging aus einer Hand in die andere, wurde als Silber erkannt und ihm dann zurückgegeben. Er nahm eine Phiole und hielt sie empor.
»Dieses Pulver hat fünf Jahre lang über dem geheiligten Feuer gekocht; es enthält die Allmacht, welche Steine und Luft in Diamanten verwandelt; es wird diese silberne Platte augenblicklich in Gold verwandeln.«
Er trat seitwärts, hielt die Platte so, daß die Lichtflammen zwischen sie und die Augen der Anwesenden kamen, und schüttete ein wenig von dem Pulver aus.
»Wie klug!« meinte van Holmen. »Das Licht blendet uns; ein Tausch ist leicht vorzunehmen.«
Der Graf trat wieder vor und gab die Platte herab.
»Ueberzeugt Euch, Ihr Staunenden, daß sich das Silber in Gold verwandelt hat! Der Wirth dieses hochbegnadigten Hauses behalte sie!«
Das Gold erregte allerdings das Staunen aller Versammelten mit Ausnahme derjenigen Personen, welche im Vordergrund saßen. Die Tafel kam schließlich in die Hände des Marschalls, welcher sie behielt. Jetzt stellte der Graf mehrere Dreifüße auf, unter denen er Spiritusflammen entfachte.
»Jetzt naht der große Augenblick, an welchem die ganze Ewigkeit in einen Tropfen Wasser gebannt wird. Man bringe die Ingredientien!«
Ein Diener brachte auf einem Präsentirteller mehrere Phiolen herbei; in der einen Hand trug er eine Pistole, welche der Graf jedoch zurückwies.
»Was soll die Waffe?« frug Langenau.
»Er will den Diener auf sich schießen lassen und dabei beweisen, daß das Aqua benedetta unverwundbar mache,« antwortete der Marschall. »Er muß sich doch wenigstens in dieser Sache sicher wissen.«
»Ah!« meinte Peranow. »Darf ich um Ihre Kugel bitten, Baron?«
»Wozu? Hier ist sie!«
Er zog sie hervor und reichte sie dem Prinzen hin. Dieser wandte sich an den Marschall:
»Ist der Diener, welcher die Phiolen brachte, ein Vertrauter des Grafen?«
»Nein. Ich habe ihn vorhin auf Gradewohl zur Bedienung des Grafen, der sich einen Domestiken erbat, commandirt.«
»Ist der Raum, in welchem er sich befindet, von der Bühne aus zu überblicken?«
»Nein; er ist mit ihr durch eine schmale, jetzt geöffnete Thür verbunden.«
»Und wie gelangt man hin?«
»Durch die hintere Thür des Seitencorridors.«
»Ich danke!«
Er erhob sich und verließ leise den Saal. Die weichen Decken des Corridors dämpften seinen Schritt. Als er die bezeichnete Thür leise öffnete, fand er das kleine Zimmer leer. Der Diener befand sich jedenfalls zu irgend einer Handreichung draußen auf der Bühne. Paranow sah zwei Tische stehen; der eine war leer, und auf dem andern lag die Pistole, eine Kugel und Pulver neben ihr. Mit zwei raschen, leisen Schritten stand er dort und hatte die Kugel mit derjenigen vertauscht, welche so lange auf dem Herzen des Barons getragen worden war; sie paßte allem Anscheine nach ganz gut in den jetzt ungeladenen Lauf. Im nächsten Augenblick stand er wieder auf dem Corridor und kehrte in den Saal zurück. Er war sich dessen vollständig bewußt, was er gethan hatte, aber es war dem wilden Kroaten in seinem kampfes- und thatenreichen Leben jene zarte Bedenklichkeit verloren gegangen, welche jeden Anderen abgehalten hätte, das Gleiche zu thun.
»Wo waren Sie?« frug Langenau, als er wieder Platz nahm.
»Sie werden es erfahren,« antwortete er kurz und wandte sein Augenmerk der Bühne zu.
Es brodelte und zischte über den Flammen; der Graf trat von einer zu der andern, und der Diener harrte hinter ihm seiner Befehle. Endlich schien das Werk gelungen zu sein. Er vereinigte die Flüssigkeiten in ein Flacon und verlöschte die Flammen. Dann ließ er aus dem Flacon einen Tropfen in einen mit Wasser gefüllten goldenen Löffel fallen und erhob denselben.
»Heil dieser Stunde und Heil diesem Hause! Hier dieses Glas enthält das neue Aqua benedetta, die herrliche Kostbarkeit, von dem es genügt, alle Jahrhunderte einen einzigen Tropfen zu nehmen, um unsterblich, ewig gesund und unverwundbar zu sein. Der erste Tropfen gehört dem Erfinder – – –«
Er führte den Löffel zum Munde und sog den Trank langsam ein. Dann fuhr er fort:
»Der zweite Tropfen wird den Mann, bei welchem wir uns befinden und der die heilige Wissenschaft durch so großmüthige Opfer unterstützte, bei ewiger Jugend erhalten. Vorher aber muß ich beweisen, daß der einzige Tropfen mich wirklich gegen den Tod und jede Verwundung schützt, obgleich er erst in diesem Augenblick in meinen Körper übergegangen ist.«
Er winkte dem Diener, welcher die Pistole mit Zubehör herbeibrachte. Der Graf wies ihn an das Publikum.
»Man untersuche Pulver, Blei und Waffe, um sich zu überzeugen, daß keine Täuschung obwalte.«
Die Prüfung wurde bald beendet; dann mußte der Diener vor den Augen Aller die Waffe sorgfältig laden. Der Graf postirte ihn an die eine Seite der Bühne, er selbst lehnte sich an die gegenüberliegende Wand und commandirte:[423]
»Eins – zwei – –«
»Halt!« rief da mit lauter Stimme Paranow, indem er auf die Bühne zuschritt. »Auf ein Wort, Herr Graf von Saint Germain!«
Der Graf erkannte den sich Nähernden und erbleichte.
»Prinz Paranow!«
»Derselbe! Kennen Sie diesen Stein?« Er zog den Diamanten hervor und hielt ihm denselben entgegen.
»Ja.«
»Er ist von Ihnen?«
»Allerdings.«
»Ist er ächt?«
»Ja.«
»So sind Sie bereit, ihn für fünftausend Dukaten wieder zurückzunehmen?«
»Ich kaufe keine Steine!«
»Auch nicht, wenn ich Sie fordere?«
»Ich kann keine Forderung annehmen, denn ich bin unverwundbar!« antwortete er stolz.
»Nun wohl, dann List gegen Betrug, wenn Brust gegen Brust nicht angenommen wird!«
Er trat zurück. Der Graf schien durch dieses Intermezzo nicht im Mindesten aus der Fassung gebracht worden zu sein; er wandte sich zum Diener und zählte von Neuem:
»Eins – zwei – – drei!«
Der Schuß krachte; der Graf warf die Arme in die Luft und griff krampfhaft nach der Schnur, welche zur Direction des Vorhanges diente. Ein einziger, vielstimmiger Schreckensruf erschallte; dann stürzte der Vorhang nieder.
»Folgt mir!« gebot Paranow und eilte nach der Thür, und über den Corridor nach der Bühne, hinter ihm der Marschall, Langenau und van Holmen.
Der Diener stand bleich und rathlos vor St. Germain, welcher bewußtlos an der Erde lag, umgeben von einer Lache dampfenden Blutes. Van Holmen kniete vor den Verwundeten nieder, um ihn zu untersuchen.
»Verloren,« entschied er. »Er wird nur erwachen, um zu sterben.«
»Untersuchen Sie diese Kugel!« bat Paranow.
Der Chemiker betrachtete sie genau und erhob sich dann ganz erschrocken.
»Ach, jetzt ahne ich! Diese Kugel besteht aus Quecksilber mit einer Galmeimischung; allem Anscheine nach von Blei, wird sie bei dem Schusse sich doch hart vor dem Laufe zertheilen und unschädlich zur Erde fallen. Prinz, Sie waren hier und haben sie mit derjenigen vertauscht, welche Ihnen der Herr Baron geben mußte!«
»So ist es!«
Diese einfache und ruhige Antwort versetzte die Anderen in Entsetzen, doch der Prinz wehrte jeden Vorwurf mit einer gebieterischen Handbewegung ab.
»Ruhig, meine Herren! Dieser König der Betrüger und Schwindler hat mehr verdient, als einen so plötzlichen, schmerzlosen Tod. Tausende fluchen ihm, der hundertmal der gerechten Strafe entging, weil man hohe Herren nicht compromittiren wollte, während ein armer Schlucker um eines Vergehens willen, zu welchem ihn der Hunger treibt, gehängt wird oder im Kerker verschmachten muß! Wir sind gerächt, meine Herren, und tiefes Dunkel mag diese Scene decken!«
»Aber die Versammlung da draußen!« stöhnte der Marschall.
»Mag an eine Ohnmacht glauben. Selbst wenn man unverwundbar ist, muß die anprallende Kugel eine Contusion hervorbringen, an der man einige Zeit zu laboriren hat.«
Van Holmen hatte unterdessen Umschau gehalten. Er bückte sich und hob eine Papierrolle empor, um daran zu riechen.
»Hierin stack der Blitz,« fagte er. »Und sehen Sie hier hinter der geöffneten Thür die Camera! Sie mußten sie bedienen? Nicht?« wandte er sich an den Diener, welcher verlegen nickte. »Und hier liegt hinter dem Armleuchter die Silberplatte, welche er nicht in Gold verwandelt hat! Es ist Ihr Geld, Herr –«
»Marschall,« wollte er sagen; dieser aber war verschwunden. Er hatte sich jedenfalls nach dem Saale begeben, um seine Gäste zu beruhigen und sich ihrer zu entledigen.
Jetzt bewegte sich der Graf. Unter convulsivischem Zucken der Gesichtsmuskeln öffnete er die Augen und richtete sie starr auf die Umstehenden. Nach und nach kehrte Bewußtsein in den Blick zurück; er wandte das Auge von Einem zum Anderen und flüsterte:
»Paranow – – Langenau – – – Holmen – – oh, Aqua – – bene – – detta!«
Van Holmen bog sich zu ihm nieder und sprach:
»Sie haben das Edelste, die Wissenschaft, zum Gemeinsten benutzt, dessen der Mensch fähig ist, zum Betruge; daher erfüllt sich das, was ich Ihnen einst in Haag weissagte: Ihr Aqua benedetta ist für Sie zum Aqua maledetta geworden. Wollen Sie einen Priester?«
Der Verwundete hatte jetzt die Besinnung vollständig wieder erlangt.
»Betrug –« flüsterte er; »verloren – – todt – – – oh, Aqua – – male – – detta – – –!«
Ein Blutstrom quoll ihm aus Nase und Mund. Er bäumte sich empor und sank dann zurück; der Tod hatte die kalten Arme um ihn gelegt, um ihm zu beweisen, daß mit ihm nicht zu spotten sei. – – –
Am anderen Tage erzählte man sich in Eckernförde, der Graf von St. Germain sei leicht erkrankt, weil eine Kugel von seinem Körper abgeprallt sei. Später hörte man, daß er die Stadt verlassen habe, um eine Reise um die Erde anzutreten. Seine Anhänger und Bewunderer warteten lange auf ein Lebenszeichen von ihm; es gibt Leute, welche noch heut an sein Aqua benedetta glauben – er ist bis jetzt nicht von seiner Reise zurückgekehrt. – – –[424]
1 »Es gibt keinen Menschen, der bei gesetzlicher Prüfung seiner Handlungen und Gedanken sich nicht wenigstens sechsmal hängenswerth fände; es ist daher Schade und sehr ungerecht, zu strafen.
Seinem Freunde, dem Grafen von Saint-Germain.
M. Eyquem de Montaigne.«
2 Dieses Mädchen wurde später als Frau von Genlis so berühmt.
3 Generalstaaten hießen ehmals die versammelten Abgeordneten der vereinigten Niederlande, weil sie sich mit Gegenständen, welche das gemeinschaftliche Wohl aller Provinzen betrafen, z.B. mit Krieg und Bündnissen, beschäftigten. Sie tagten in Haag.
D.R.
4 Oeil de boeuf (Ochsenauge) bedeutet eigentlich ein kleines, rundes Fenster in dem Fries oder in den Dächern großer Gebäude. Weil in Fürstenschlössern die durch solche Fenster erhellten Räume nur von der niederen Dienerschaft bewohnt werden und daher häufig der Schauplatz der ärgerlichsten Familienklatschereien sind, so hat man mit oeil de boeuf in Frankreich überhaupt die Orte bezeichnet, wo Klatschereien erdacht und erzählt wurden. Davon erhielt denn auch das Vorzimmer im Schloß zu Versailles, in welchem zur Zeit Ludwig's XIV., XV. und XVI. die Hofleute versammelt waren, um ihre Aufwartung bei dem König zu machen, den Namen oeil de boeuf, da es der Sitz der Scandalchronik des Hofes war.
D.R.
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