Ein guter Fang

Der verkleidete Fürst war an der Jeetze aufwärts gewandert, um Wustrow zu erreichen. Die Sonne hatte beinahe den Horizont erreicht, als er den Ort vor sich liegen sah. Noch hatte er bis zum ersten Hause desselben einige hundert Schritte zu gehen, als ihm ein anderer Handwerksbursche entgegenkam. Dieser sah nicht grad eben reputirlich aus. Er trug auch nur ein in ein Schnupftuch gewickeltes Päckchen in der Hand, und als er näher kam, sah Leopold, daß sein Gesicht zerkratzt und beschunden war.

»Grüß Dich Gott, Bruder!« grüßte der Andere, indem er stehen blieb. »Woher heute?«

»Von Lüchow.«

»Wohin?«

»Nach Wustrow hier.«

»Gute Geschäfte gemacht?«

»Schlechte Zeiten. Man kriegt einen Pfennig oder für einen Heller trockenes Brot.«

»Was ist Dein Metier?«

»Bäcker.«

»Bruderherz, da sind wir Kameraden. Hast Du keinen Schlug bei Dir?«

»Nein.«

»Du suchst doch keine Arbeit?«

»O ja.«

»Na, da kann ich Dir gleich welche zuweisen.«

»Wo?«

»Hier in Wustrow bei Hillmann im Wirthshause.«

»Ist die Stelle gut?«

»Ausgezeichnet! Der Kerl hat mich soeben durchgeprügelt und zur Thüre hinausgeschmissen.«

»Auch nicht übel! Man sieht Dir es an. Hast Du Dich gewehrt?«

»Natürlich! Aber Einer gegen Vier, das war zu viel verlangt.«

»Wer war noch dabei?«

»Seine drei Jungens. Starke Kerls. Ich bin froh, daß ich noch lebe!«

»Was hast Du denn gemacht, daß sie Dich keilten, he?«

»Ich nahm mich der Meisterin an. Sie ist krank, und er schlägt und turbirt sie, daß es Einen erbarmt. Ein Wort gab das andere, und endlich erhielt ich mein Wanderbuch und die Wichse dazu.«

»Wie lange hast Du da gearbeitet?«

»Vier Tage.«

»Was für ein Landsmann?«

»Aus Kriwitz in Mecklenburg-Schwerin.«

»Hast wohl für die vier Tage einen hübschen Lohn erhalten?«

»Hätte eigentlich noch achtzehn Pfennige d'rauf legen müssen, denn bei dem Hillmann muß man den Wochenlohn versaufen. Könntest Dir da Etwas sparen! Und weil ich die achtzehn Pfennige nicht hatte, haben sie mir die anderthalb Silbergroschen im Gesichte und auf dem Rücken abgearbeitet.«

»So bist Du ohne Geld?«

»Abgebrannt wie eine Kirchenmaus! Bist wohl besser bei Kasse?«

»Es geht!«

»Bruder, hast Du nicht einen Sechser für das Nachtlager?«

»Will sehen. Da, hast Du 'was!«

Der Mecklenburger sah ihn erstaunt an.

»Mensch, das sind ja zehn Silbergroschen!«

»Wirf sie weg, wenn Du sie nicht magst!«

»Fällt mir nicht ein! Bruderherz, Du bist ein guter Junge. Ich wollte, ich könnte einige Wochen mit Dir walzen! Willst Du?«

»Packe Dich zum Teufel!«

»Gut, ich gehe ja schon! Hab Dank, und lebe wohl!«

Er machte sich schnell davon, jedenfalls, um baldigst eine Schänke zu erreichen, wo er das reiche Geschenk anbringen konnte.

»Das paßt sich gut!« brummte Leopold. »Es ist sicher, daß ich angenommen werde, und dann wollen wir sehen, ob ich mich auch so zur Thüre hinauswerfen lasse.«

Er wurde leicht nach der Wohnung Hillmann's gewiesen. Als er in das Zimmer trat, fand er bereits mehrere Bürger beim Kartenspiele sitzen. Ein langer, starker Kerl saß vor einem Waschtroge, um die Gedärme eines Rindes abzuschäumen: zwei Andere von wenigstens derselben Länge und Stärke hatten ihre werthen Gliedmaßen über Tische und Bänke ausgestreckt, und auf einem Kanapee, welches für gewöhnliche Leute mehr als lang genug gewesen wäre, lag ein alter Riese, dessen Beine über die Lehne des Möbels herunterhingen.

»Gott zum Gruß, und Glück und Segen in das Haus, Herr Meister!« grüßte Leopold. »Ich bin ein – – –«

Er konnte nicht weiter reden, denn der Riese drehte ihm das Gesicht zu und brüllte ihn an: »Maul gehalten![201] Habe das Zeug satt! Höre es täglich so viele Male, daß es mir zum Halse heraushängt!«

Leopold schwieg also, warf Hut, Stock und Ranzen auf den nächsten Tisch und setzte sich auf den Stuhl, der daneben stand. Kein Mensch bekümmerte sich um ihn.

»Kann ich ein Glas Bier bekommen?« frug er nach einer Weile.

Niemand antwortete.

»Gebt mir ein Glas Bier!« gebot er nach längerer Pause zum zweiten Male.

Kein Mensch rührte sich, seinen Wunsch zu erfüllen.

Er wartete noch einige Minuten, dann trat er an den Schänktisch und nahm ein Glas und eine Flasche, auf welcher das einladende Wort »Zitzemille« zu lesen war. Dieses beliebte Bier wurde in Naumburg gebraut und weit und breit versandt und getrunken. Er kehrte an seinen Platz zurück und schänkte sich ein. Da drehte der Wirth den Kopf abermals herum: »Hat Er Asche?«3

»Geht Ihm einen Dreck an!«

Diese Art zu antworten war dem berühmten Grobian denn doch zu sympathisch, als daß er den Sprecher noch länger hätte ignoriren können. Er musterte ihn aufmerksam und meinte dann: »Na, Er hat wenigstens einen vollen Tornister. Der gilt mir als Pfand, wenn Er nicht bezahlen kann.«

Leopold fand solchen Geschmack an dem braunen Trank, daß die Flasche bald leer war. Er ging also zum Schänktische und holte sich eine zweite. Das bemerkte der Wirth und wandte ihm das Gesicht zum dritten Male zu: »Die zweite Bulle? Mache Er zwei Striche an die Thür! Die Kreide hängt dort an dem Stricke.«

Wirklich hing neben der Thür ein kurzer Strick, an welchem ein riesiger Kreideklumpen befestigt war.

»Schmiere Er es selber an, wenn Sein Verstand nicht zureicht, eine Zwei zu merken!« antwortete Leopold.

»Ich frage Ihn, ob Er wohl gleich anschreiben wird?«

»Laufe Er mir doch den Buckel hinunter!« erwiderte der Fürst phlegmatisch, indem er ein volles Glas an die Lippen setzte.

Der Wirth erhob sich halb.

»Du, Willem,« gebot er seinem Sohne, »brenne einmal die Lampe an! Den Kerl dort muß ich mir betrachten.«

»Hast selber Zeit!« war die kindliche Antwort.

»Willst Du, oder willst Du nicht, Hallunke!«

Bei diesen liebreichen Worten zog der Wirth das Knie an sich, nahm den Holzpantoffel vom Fuße und warf denselben dem Fleischer an den Kopf. In Folge dieser freundlichen Erinnerung erhob sich dieser, holte das Zunderzeug hinter dem Ofen hervor und setzte eine hohe, zinnerne, zweidochtige Öllampe in Brand.

»Leuchte ihn einmal an!« gebot der Wirth.

Sein Sohn trat zum Dessauer und hielt ihm die Lampe unter die Nase, daß der Schnurrbart in Gefahr kam, Feuer zu fangen.

»Weg mit Seiner Vunzel!« rief Leopold und schlug ihm die Lampe aus der Hand, daß sie zur Erde fiel und das Öl verschüttet wurde.

Da legten die Gäste erschrocken die Karten aus den Händen.

»Na,« meinte der Wirth, »das hat mir noch Keiner gewagt. Jetzt stehe ich selber auf. Willem, gieß Öl ein und brenne wieder an. Bringe mir aber erst 'mal den Pantoffel her!«

»Hole ihn selber!«

»Ob Du mir wohl folgen wirst, Lausbube!« schalt der Wirth.

Er griff nieder, zog den andern Pantoffel aus und warf ihn nach dem Sohne. Dieser hob ihn auf und ergriff auch den andern. »Da sind sie alle beide!« Er warf sie dem Vater zu. Der eine Pantoffel flog auf das Kanapee, der andere dem Alten in das Gesicht.

»Junge,« zürnte dieser, »ein andermal kommst Du her, wenn Du nicht besser werfen kannst!«

Er steckte die Pantoffel an die Füße und trat, während sein Sohn die Lampe von Neuem anzündete, zu Leopold.

»Leuchte her!« befahl er.

»Macht Euch nur auf die Seite,« warnte der Fürst. »Ich lasse mich nicht angaffen wie ein Wunderthier!«

»Na, nach großen Wundern sieht Er auch nicht aus!« meinte der Wirth. »Wer ist Er denn eigentlich, Er Grobsack Er?«

»Der Kaiser von China!«

»Das glaube ich Ihm auf der Stelle, denn ich habe erst vorige Woche gehört, daß dort ein Ochse Kaiser geworden ist. Wie aber kommt Er denn nach Wustrow? – Man hat Ihn wohl fortgejagt, weil Er sogar zu einem solchen Viehzeuge zu dumm gewesen ist?«

»Er hat's gleich errathen. Ich habe mich aber vertheidigt, daß ich noch nicht der Dümmste bin, und da ist es dahin entschieden worden, daß ich Kaiser bleibe, wenn ich Einen bringen kann, der mich noch übertrifft. Ich komme also nach Wustrow, um Ihn mitzunehmen, denn nur Er ist's, der mich retten kann.«

»Auch nicht übel!« schmunzelte Hillmann. »Höre Er, wir passen gar nicht schlecht zusammen. Sage Er einmal im Ernste, was für ein Handwerk Er treibt und was für ein Landsmann Er ist!«

»Als ich's vorhin sagen wollte, hatte Er keine Zeit, die Ohren aufzusperren; jetzt nun bin ich es, dem es nicht paßt.«

»So lasse Er es bleiben! Aber wenn Er nicht reden kann, so trolle Er sich auch von dannen. Ich bin der Hillmann aus Wustrow, der mit solchen Schlingels nicht viel Federlesen macht!«

»Hab's vorhin gesehen.«

»Wo?«

»An dem Mecklenburger, der mir begegnet ist.«

»Ist Der mit Ihm zusammengetroffen? Ja, Der hat eine Quittung bekommen, die Niemand für nachgemacht halten wird! Was sagte Er denn?«[202]

»Nicht Böses. Er hat mir sogar gerathen, bei Ihm in Arbeit zu treten.«

»Was? Ist Er etwa ein Bäcker?«

»Wenn ich backe, ja!«

»Hat Er ein Wanderbuch bei sich?«

»Hier ist es!«

Leopold zog es hervor und reichte es dem Wirthe hin. Dieser durchblätterte es und legte es dann in ein Wandschränkchen.

»Was soll das Buch da drinnen?« frug der Fürst.

»Liegen bleiben. Das kann Er sich doch denken!«

»Oho! Ich brauche es weiter!«

»Schnickschnack! Das Buch bleibt dort, und Er bleibt hier. Er soll bei mir Arbeit haben.«

»Da fragt Er wohl gar nicht, ob ich auch will?«

»Wozu? Ich brauche augenblicklich einen Gesellen, und da versteht es sich ganz von selbst, daß ich Ihn hier behalte.«

»Und wenn das mir nicht paßt?«

»Darnach wird Er ebenso wenig gefragt. Bäckt Er nur schwarz oder auch weiß?«

»Ich backe Alles, sogar blau und grün.«

»Was! So ist Er wohl auch Zuckerbäcker?«

»Und wie!«

»Na, das ist bei uns überflüssig. Die Hauptsache ist, daß Er Das fertig bringt, was hier im Orte gebraucht wird: Brod, Semmel, Kuchen. Vom Brode und der Semmel will ich nicht reden, aber der Kuchen wird in jeder Gegend anders gemacht. Bäckt Er Zwiebelkuchen?«

»Ja.«

»Prophetenkuchen?«

»Ja.«

»Quark-, Käse-, Rosinen-, Gries- und Mohnkuchen?«

»Ach, halte Er doch den Schnabel! Ich backe einen jeden Kuchen, der verlangt wird. Pasta!«

»So wird Er bei mir bleiben!«

»Meinetwegen!«

»Er kann gleich heute noch anfangen und Seine Probe machen. Ich bekümmere mich nicht mehr um die Bäckerei, und der Gesell hat Alles selbst zu wissen.«

»Was giebt Er denn für einen Wochenlohn?«

»Zwanzig Groschen.«

»Alle Wetter! Da muß ich mir einen Seitenflügel an meinen Geldsack bauen lassen, sonst reicht er nicht zu!«

»Na, viel wird Er nicht fortschleppen, denn die Bäckerei ist ein durstiges Handwerk. Komme Er einmal mit. Ich will Ihm die Gelegenheit zeigen.«

Er brannte eine zweite Lampe an und führte ihn in den mittlerweile dunkel gewordenen Hausflur.

»Hier rechts ist die Schlächterei, und da hinten links sieht Er die Fußgrube. Drüben ist die Kammer für die Milch; da kann Er nehmen, was Er braucht. Hier ist die Küche, wo Er ein jedes nothwendige Salz und Gewürze findet. Eine Treppe hoch liegt die Mehlkammer und auch die Fruchtkammer mit dem Backobste, und hier drinnen ist die Bäckerei.«

Der Wirth schloß die Thür auf und führte Leopold in einen wüsten Raum.

»Hier ist der Backofen. Den sieht Er wohl?«

»Na, wenn's schlimm geht, kaufe ich mir eine Brille. Mich wundert's nur, daß Er selber ihn zu finden weiß!«

»Dort ist die Beute und d'rauf die Backtröge und Kuchendeckel, hier der Kuchenschragen und die übrige Geschichte. Da hat Er also Alles schön bequem beisammen, und ich bin froh, daß Er gekommen ist. Ich hätte wahrhaftig morgen selber backen müssen. Seine Zeugnisse sind gut, und Er ist ja auch alt genug; ich weiß also, daß Er Seine Sache verstehen wird. Was?«

»Na, Er soll sich freuen!«

»Ich hoffe es! Jetzt will ich Ihm gleich sagen, was Er für morgen zu thun hat: Um fünf Uhr müssen drei Schock Semmel fertig sein, macht dreißig Zeilen. Versteht Er mich?«

»Er schnauzt mich ja deutlich genug an!«

»Dazu kommt das Brod: zwanzig Achtpfünder, ebenso viel Sechspfünder und dreißig Groschenbrode. Versteht Er mich auch?«

»Immer noch!«

»Das muß bis acht Uhr fertig sein. Kuchen giebt es nicht, außer drei Prophetenkuchen und acht Pflaumenkuchen, die bestellt sind. Er kann ja gleich hier bleiben und die Pflaumen auskernen. Sie liegen oben in der Fruchtkammer.«

»Nur sachte, sachte! Gut Ding will Weile haben, und zunächst muß ich gehörig essen und trinken. Wer da arbeitet, der soll auch essen, sonst ist er seines Lebens nicht sicher, so steht in der Bibel.«

»Meinetwegen! Ich werde Ihm heute Abend ein Wenig helfen, weil Er bei mir doch noch nicht genau Bescheid wissen kann; dann aber muß Er allein fertig werden. Macht Er Seine Sache gut, so bekommt Er Seine zwanzig Silbergroschens; was Er aber verdirbt, das muß Er aus Seiner Tasche bezahlen.«

»Bezahle keinen Heller!«

»Schön! Das ist ein Zeichen, daß Er Seinen Quatsch versteht.«

»Den? O ja, den verstehe ich; das soll Er wohl bald merken!«

»Kann Er ›Schafskopf‹ spielen?«

»Das versteht sich ja ganz von selber!«

»Das ist gut. Mit dem Mehl herabschaffen, Auskernen, Hefen und Sauerteig ansetzen und den Backofen feuern, brauchen wir nicht viel Zeit zu verlieren. So spielen wir bis Mitternacht ›Schafskopf‹; ich gehe schlafen, und wenn ich aufstehe, wird Er dann fertig sein.«

Beide kehrten nun nach dem Gastzimmer zurück, in welchem mittlerweile mehrere Lampen angebrannt worden waren.[203]

Es fanden sich später noch weitere Gäste ein, und nach dem Abendessen mußte sich Leopold mit an den Spieltisch setzen. Hier gerieth er wiederholt mit dem Meister zusammen, und da er sich von ihm nicht werfen ließ, so flogen die riesigsten Kraftausdrücke und Grobheiten herüber und hinüber, denen die Andern mit angehaltenem Athem lauschten, um sie dann mit einem wiehernden Gelächter zu beantworten. Dabei wurde wacker getrunken. Die »Zitzemille« mundete dem Fürsten so gut, daß er eine Flasche nach der andern ausstach. Dieses Bier aber war er nicht gewohnt, und als er gegen 10 Uhr mit dem Meister aufstehen mußte, um die Backstube vorzurichten, hatte sein Gang längst nicht mehr die gewohnte Sicherheit.

»Wie viel Striche hat Er bereits an der Thür?« frug Hillmann.

»Zwölfe oder Neunzehn, ich weiß es nicht genau.«

»Höre Er, es werden wohl Neunzehn sein! Er krinkt einen tüchtigen Stiefel, so daß es mir angst und bange werden könnte, wenn ich nicht beim ›Schafskopf‹ Seinen großen Beutel gesehen hätte. Aber Er wird mir doch nicht etwa besoffen werden?«

»Bekümmere Er sich um sich selber, Meister. Er wackelt ja, daß es Einen erbarmen möchte!«

»Recht hat Er! Aber wir passen so gut zusammen, daß ich lange keinen so lustigen Abend erlebt habe, wie heute. Und dabei vergißt man das Trinken natürlich nicht. Höre Er, wir wollen uns jetzt nicht gar so viele Arbeit machen. Wir holen das Mehl herunter und sieben es rasch ein. Das Andere können wir auch später thun, denn es ist besser, wir spielen noch ein Stündchen weiter.«

»Mir ist's recht. Hat Er denn noch genug Zitzemille oder Mützezille oder Zimmetzille oben in der Stube?«

»Genug und satt. Wir trinken noch Einige. Mache Er nur rasch, daß wir fertig werden!«

Bereits in sehr kurzer Zeit saßen sie wieder am Spieltische. Die Anzahl der vorhandenen Flaschen wurde immer geringer, und eben als es Mitternacht schlug, war die letzte leer geworden. Das Spiel hörte auf, und die Gäste gingen nach Hause.

»Hat Er nun genug, Er Nimmersatt?« frug der Meister.

»Was nennt Er denn eigentlich genug, he?«

»Na, wenn es nicht mehr laufen will; das versteht sich ja ganz von selber.«

»Wenn es nur das ist, so würde es noch lange laufen. Aber ich will Ihn nicht unglücklich machen, denn Er hat einen solchen Affen, daß es Einen erbarmen möchte. Er kann ja kein gescheidtes Wort mehr zu Wege bringen!«

»Er ist selber Affe! Aber das schadet nichts, denn grad so ein Pavian gefällt mir ganz ausnehmend. Wir passen zusammen wie Hans und Liese. Ich hoffe, daß Er sich in mich finden wird. Ich bin nämlich kein Freund von großen Redensarten. Wenn ich zum Beispiel so mit der Hand nur winke, so hat Er zu kommen!«

»Ich mache auch nicht gern viel Federlesens. Wenn Er mit der Hand winkt und ich schüttele den Kopf, so komme ich nicht.«

»So werfe ich Ihm die Pantoffel an den Kopf!«

»Und ich Ihm den Backtrog!«

»Na, wir werden ja sehen, wer Herr im Hause bleibt. Jetzt aber will ich mich niederlegen. Es ist am Besten, ich gehe gar nicht in das Bette, sondern ich lege mich gleich auf den Backofen, damit ich Ihn wecke, wenn Er mir ja einschlafen sollte. Er ist nicht mehr recht zurechnungsfähig. Stehe Er auf!«

Auch Hillmann wollte sich erheben, sank aber auf den Stuhl zurück; dem Dessauer ging es grad ebenso. Die drei Söhne waren fortgegangen.

»Ich glaube gar, Er kann nicht mehr auf!« meinte der Erstere.

»Ich? Bekümmere Er sich doch einmal um sich selber! Ihn hat die Zitzeblitze oder Grützemütze umgebracht. Er schneidet ja Gesichter wie ein Nußknacker!«

»Zupfe Er sich an Seiner eigenen Nase! Er wackelt ja herüber und hinüber wie dort die Perpedenkel-Schleuder an der Uhr.«

»Das denkt Er nur, weil Er selber so wackelt! Es ist ja geradezu zum Gotterbarmen, so schmeißt es Ihn in alle Lüfte. Komme Er doch einmal mit; ich werde Ihn führen. Eins! – Zwei! – Drei!«

Bei dem letzten Worte nahmen Beide ihre Kräfte zusammen und kamen auch ganz hübsch in die Höhe. Sofort aber stützte sich Einer wie der Andere auf die Tischplatte, sonst wären sie wieder niedergefallen.

»Na, vorwärts!« meinte Leopold. »Oder kann Er vielleicht nicht weiter?«

»Warte Er ein Bischen, und stehe Er doch einmal still! Er fährt ja in der Stube herum wie eine Wespe, die sich verfangen hat!«[217]

»Er ist wahrhaftig besoffen, und zwar dudeldick!«

»Das lasse Er sich ja nicht etwa weiß machen. Ich kann noch springen wie ein junger Hase. Passe Er einmal gut auf!«

Er arbeitete sich mit aller Energie hinter dem Tische hervor und wollte dann nach der Thür, schoß aber eine Lerche seitwärts auf den Dessauer zu. Er rannte an denselben in der Weise an, daß Beide auseinandertaumelten und sich selbander zur Erde setzten.

»Donnerwetter,« rief der Dessauer, »da liegen wir parterre! Kann Er sich denn nicht in Acht nehmen, Er Esel Er?«

»Maul halten! Warum verliert Er seine Balancirstange, wenn man Ihn nur mit dem Ellbogen berührt? Er ist ja der reine Flederwisch! Gebe Er mir Seine Hand, daß ich Ihn mit in die Höhe bringe. Wir wollen machen, daß wir auf den Backofen kommen, denn hier wird es reineweg alle mit Ihm!«

»Hier hat Er die Hand, aber nicht meinetwegen, sondern nur um seinetwillen.«

Sie faßten sich gegenseitig bei den Händen und würgten sich nach einiger Anstrengung wieder empor.

»Heiliges Elend, wo ist denn die Thür?« frug der Wirth.

»Na, jetzt hört mir aber Alles und Verschiedenes auf! Nicht einmal die Thür kann Er mehr erkennen!«

»Er zerrt mich ja rund in der Stube herum, so daß es mir ganz taumelig wird! Nehme Er die Lampe. Ich warte nicht länger auf Ihn!«

Der Dessauer ergriff die Leuchte. Sie gelangten glücklich hinaus in den Flur und kamen mit Hilfe der Wand, an welche sie sich stützten, ohne weiteres Ereigniß in die dumpfige Backstube.

»Wo ist der Backofen?« fragte Hillmann.

»Aha! Jetzt ist Er es, der die Brille braucht! Komme Er; ich werde Ihn hinaufschaffen. Da, drehe Er sich rechts herum, sonst läuft Er in den Backtrog!«

Der Wirth kroch auf allen Vieren; der Dessauer schob aus Leibeskräften, und so gelangte der Erstere glücklich über die Stufen hinweg, welche auf den Backofen führten. Dort streckte sich Hillmann behaglich aus.

»So! Jetzt hat man doch endlich seine gehörige Ordnung. Nun hole Er den Sauer zum Brode und die Hefe für den Semmel- und Kuchenteig. Die Milch gießt Er neben das Mehl an, daß sie einstweilen warm wird, und das Gewürze kann Er sich auch gleich in der Küche holen. Er ist besser, Er hat es nachher gleich zur Hand liegen. Dann aber kernt Er die Pflaumen aus. Ich werde zur rechten Zeit aufwachen und genau nachsehen, wie Er Seine Sache macht. Und was ich noch sagen wollte: Hole Er aus der Milchkammer fünf Stückchen Butter, um sie hier auf dem Backofen in einem Topfe zerlaufen zu lassen. Er kann auch die Rosinen gleich mit hineinthun. So, nun weiß Er Alles!«

Mit einem langgezogenen Gähnen schloß er die Augen. Er war so sehr berauscht, daß er sofort einschlief. Leopold nahm die Lampe und ging in das Gewölbe, um den Sauerteig und die Hefe zu holen. Seine Beine wollten ihm nicht recht gehorchen, aber er nahm sich nach Kräften zusammen. Er fand einen großen Krug und roch daran.

»Das ist die Hefe; das riecht man gleich. Wo aber ist der Sauer? Habe all mein Lebtag solch Zeug noch nicht gesehen. Ah, dort in dem Fasse wird es sein.«

In der Ecke stand ein großes Faß, dessen dickflüssiger Inhalt einen scharfen, säuerlichen Geruch verbreitete.

»Das ist der richtige Jakob!« brummte er. »Mit solchem Zeuge also wird das tägliche Brod gebacken. Das stinkt ja wie Meister Urian! Aber wieviel nehme ich? Ich glaube, der Dessauer Bäcker sagte, daß man auf acht Pfund Brod ein Pfund Sauerteig zu nehmen hat. Das wird hier also ungefähr vier Wasserkannen voll geben.«

Er schaffte erst den ganzen Hefenkrug in die Backstube und goß den vollständigen Inhalt in den Backtrog. Dann nahm er eine Wasserkanne, schöpfte viermal aus dem Fasse und goß das duftende Zeug über das Brodmehl in der Beute. Darnach begab er sich in die Milchkammer, wo er ein großes Thongefäß fand, welches voll Milch war.

»Ah, die ist dick. Das wird ein Teig, der sich gewaschen hat!«

Er schleppte die Milch in die Backstube und schüttete sie zu der Hefe in den Backtrog. Dann holte er die Butter herbei, die er in einen Topf that. Als er damit fertig war, ging er in die Küche, wo auf einem Brette verschiedene Düten lagen. Er öffnete eine nach der andern.

»Also Rosinen in die Butter. Ah, da sind die großen. Wo aber stecken die kleinen?«

Er suchte weiter und fand endlich diejenige Düte, welche er für die richtige hielt, als er ihren Inhalt erblickte.

»Das sind die kleinen Rosinen, welche die Anneliese Korinthen nennt. Also das Alles kommt in die Butter. Himmelsakkerlot, wird das ein feines Fressen sein! Aber die Pflaumen kerne ich jetzt nicht aus. Dazu ist es später auch noch Zeit. Vor der Hand werde ich ein kleines Stündchen schlafen, denn diese verteufelte Zippetrippe ist mir auch in den Kopf marschirt.«

Er kehrte in die Backstube zurück und schüttete den Inhalt der beiden Düten in den Buttertopf, den er auf einen warmen Ziegel des Backofens stellte. Dann löschte er die Lampe aus, tappte sich die Stufen hinauf und streckte seine müden Gliedmaßen neben denen seines Meisters aus. Auch er schlief sofort ein.

Nach einiger Zeit war ein eigenthümliches, leises Klingen und Knistern zu vernehmen. Es rührte von einer Unzahl jener ekelhaften Schabenkäfer her, wel che in Mühlen und Bäckereien oft so lästig werden. Diese Thierchens marschirten auf dem Backofen hin und her, und kamen dabei den beiden Schläfern in die Kleider. Der Meister ließ ein sehr unwilliges Brummen hören. Es mochte einer der Käfer ihm eine empfindliche Stelle berührt haben.

»Na!« – meinte er schläfrig. – »Wer sticht mich?«

Er fühlte das Kribbeln und Krabbeln an seinem Körper, kam aber nicht zum vollständigen Erwachen. Er wälzte[218] sich hin und her, konnte aber den Feind nicht los werden. Wüthend schrie er: »Schon wieder! – Warte, Hallunke!« Er holte aus und schlug zu. Der Hieb traf den Dessauer. Dieser fühlte trotz seines festen Schlafes den Schlag und packte den Meister.

Beide stießen sich und rangen halb im Traume, bis sich aus dem Munde Leopold's ein befriedigtes Gurgeln hören ließ. Gleich darauf ertönte ein lautes Gepolter, dem ein Klatschen und Krachen folgte, welches den Dessauer halbwegs zur Besinnung brachte.

»Was ist's?« frug er.

»Oh! Ah! Au!« – antwortete es von unten herauf. »Ich bin – bin – bin aus dem Bett – – aus dem Bett gefallen. Ah! Au!«

Es kroch und schob sich noch eine kleine Weile unten auf der Diele herum; dann wurde es wieder still. Der Meister war vom Rande des Ofens hinab in den Backtrog gerutscht und hatte diesen mit sich auf die Diele gerissen. Leopold schlief auch wieder ein, doch ließen ihm die Schaben keine Ruhe. Er knurrte und brummte, wälzte sich von einer Seite auf die andere und träumte, daß er von einem Detachement Cavallerie angefallen werde. Er wehrte sich aus Leibeskräften gegen ihre Säbels, aber er erhielt doch einen fürchterlichen Hieb auf den Kopf und stürzte zu Boden nieder. Er war nicht todt, aber er fühlte, daß das aus seinen Wunden fließende Blut eine tiefe Lache um ihn bildete – dann verlor er das Bewußtsein.

Dieser Traum war eine etwas phantastische Übertragung der Wirklichkeit. Leopold war vom Backofen hinab in die Beute gerollt, und das Blut, welches aus seinen vermeintlichen Wunden strömte, bestand aus jener scharfen Brühe, welche er für Sauerteig gehalten hatte.[219]

Etwa eine Stunde vorher, Abends elf Uhr, verließ der Pflasterhändler seine Herberge bei dem Schmiede Peters, um nach dem Schlosse zu gehen. Dort angelangt, schritt er längs der Gartenmauer hin, bis er die Stelle erreichte, die ihm von Anna bezeichnet worden war.

»Wilhelm!« hörte er eine halblaute Stimme von oben herab rufen.

»Anna, bist Du es?«

»Ja.«

»Soll ich hinaufkommen?«

»Du kannst ja nicht.«

»Ich kann. Ich habe dem Schmiede ein paar eiserne Krampen heimlich weggenommen. Wenn ich dieselben zwischen die Steine einschlage, kann ich in die Höhe steigen.«

»Man wird es hören!«

»Nein! – denn ich umwinde das Eisen mit meinem Schnupftuche.«

»So versuche es einmal!«

Sie hörte ein unterdrücktes Klopfen; dann sah sie den Geliebten zu sich emporsteigen. Er sprang von der Mauer, welche dem Balkon als Brüstung diente, zu ihr nieder.

»Da hast Du mich, Anna! Gieb mir die Hand.«

»Aber nur die Hand!«

»Natürlich. Ich habe Dir bereits gesagt, daß ich keine Ohrfeige mehr verlange.«

»Oh!« lachte sie, »Du bist nicht der Einzige, der heute eine erhalten hat!«

»Noch Einer? Wer denn?«

»Dein Alter.«

»Der Dessauer?«

»Ja.«

»Du machst nur Spaß!«

»Es ist mein Ernst! Er wollte mir einen Kuß geben und erhielt dafür eine Maulschelle, die dreimal kräftiger war als die Deinige.«

»Mädchen, was hast Du gethan?«

»Gewiß nur das Richtige. Oder willst Du, daß ich mich von einem Jeden umarmen und küssen lasse?«

»Von einem Jeden? Es war ja der Fürst!«

»Da giebt es keine Ausnahme.«

»Du machst mir wirklich Angst. Was sagte er dazu?«

»Er wetterte fürchterlich, aber ich habe ihm tüchtig geantwortet, und dann sind wir in aller Freundschaft auseinander gegangen.«

»Na, das ist wohl noch zu bezweifeln. Erzähle mir!«

Sie erzählte ihm das ganze Vorkommniß und ihre Unterhaltung mit Leopold fast wörtlich. Als sie zu Ende war, ergriff er ihre beiden Hände.

»Anna, hätte ich den Bart und die Beule nicht, so würde ich Dir einen Kuß geben, an dem gewiß nichts fehlen sollte. Bomben und Granaten, hast Du Deine Sache brav gemacht! Nun habe ich keine Angst mehr, nicht die allergeringste, denn ich bin überzeugt, daß er seinen Narren an Dir gefressen hat. Nun können wir vollständig ruhig und ohne Sorge sein!«

»In Beziehung auf uns, ja. Aber um den Fürsten bin ich besorgt.«

»Warum?«

»Du sagtest doch, daß er hier in der Gegend herumsuchen wolle.«

»Ja.«

»Wenn er nun gefunden wird!«

»Von wem?«

»Von dem Prinzen oder von dem Hartegg.«

»Meinst Du den hannöverschen – ach, von welchem Prinzen redest Du?«

»Friedrich Ludwig ist da.«

»Nicht möglich!«

»Doch! Er logirt hier im Schlosse.«

»Du bist des Teufels! Kennst Du ihn?«

»Ich kannte ihn nie. Er gilt hier für einen Baron von Kreutz.«

»Also incognito! Was will er denn eigentlich hier in Lüchow?«

»Er geht meinem Fräulein zu Gefallen.«

»Na, da ist er wohl sehr auf dem Holzwege?«

»Sicherlich! Aber er hat auch noch andere Absichten. Denke Dir nur, er ist verkleidet mit dem Hartegg in Dessau gewesen, um den Fürsten einmal zu sehen.«

»Was Teufel! Hat er ihn gesehen?«

»Ja, in der Kirche.«

»Der Fürst war heute hier. Sind sie einander wohl begegnet?«

»Nein.«

»Das ist ein Glück! Aber was meinst Du noch für andere Absichten?«

»Der Hartegg steckt in Lenzen. Dort ist also am Montag Jahrmarkt, und da kommen hannöversche Soldaten, um[233] sich Rekruten zu holen. Der Hartegg ist der Commandant davon, und der Prinz will auch dabei sein.«

»Das ist ja eine ganz famose Geschichte, die Du mir da erzählst! Wer hat Dir das Alles mitgetheilt?«

»Mein Fräulein, die es von dem Hartegg hat.«

»Dann ist es keine bloße Erfindung. Hm! Das kann schlimm werden, aber auch gut für uns. Wo in Lenzen logirt der Lieutenant?«

»Ich weiß es nicht.«

»Wohin sind die Soldaten bestellt?«

»Das hat er nicht gesagt.«

»Wie viel Mann werden es sein?«

»Auch das nicht. Er hat weiter nichts gesagt, als was ich Dir bereits berichtet habe.«

»Das ist nun freilich sehr wenig. Ich muß sehen, ob sich hier etwas ausforschen läßt. Zunächst aber ist es nothwendig, daß ich den Fürsten aufsuche.«

»Weißt Du, wo er ist?«

»Ich werde ihn schon finden. Hast Du sonst noch etwas Neues?«

»Nein.«

»So werde ich jetzt gehen. Ein Stündchen muß ich schlafen; dann aber mache ich mich gleich auf den Weg.«

»Wann kommst Du wieder?«

»Das kann ich nicht sagen, denn ich weiß nicht, wenn ich den Fürsten treffe. Vor Abends aber bin ich jedenfalls wieder zurück.«

»Nimm Deine Eisen aus der Mauer fort!«

»Das wird nicht gehen. Sie sind zu tief eingeschlagen. Übrigens kann man dieselben nicht gleich bemerken. Es führt ja kein Weg vorüber, und sie werden von dem Gesträuche verdeckt. Gute Nacht, Anna!«

»Gute Nacht, Wilhelm! Nimm Dich in Acht, daß Du nicht erwischt wirst!«


Es war noch früh am Tage, da aber in Wustrow sehr viele Ackerbürger wohnten, welche des Morgens zeitig wach sein müssen, so rauchten bereits die Feueressen, und vor dem Hause Hillmann's standen einige Frauen und Mägde, welche sich neubackene Semmeln holen wollten, die Thüre aber noch verschlossen fanden.

»Was muß denn da passirt sein?« frug die Eine. – »Da ist wohl am Ende noch gar nicht gebacken worden.«

»Er hat den Gesellen wieder 'mal fortgejagt,« antwortete eine Andere.

»Es ist ein Neuer da. Mein Alter sagte es, der ihn gestern gesehen hat. Das mag aber ein Kerl sein, noch zehnmal gröber wie der Hillmann selber. Und trinken hat er können wie ein Kellerloch. Ich glaube, sie sind Alle beduselt gewesen und liegen noch im Schlafe. Wir wollen einmal pochen!«

Es wurde erst geklopft, dann gepocht, dann gehämmert und endlich angedonnert, bis sich im ersten Stockwerke ein Fenster öffnete. Einer der Söhne sah heraus.

»Was ist denn los, he?«

»Sind die Semmeln fertig?«

»Ja, doch wohl!«

»So macht auch die Thüre auf!«

»Ist sie zu?«

»Würden wir pochen, wenn sie auf wäre?«

»Hm! Will einmal nachsehen.«

Er weckte seine beiden Brüder, welche nach seiner Meinung nun auch genug geschlafen hatten, und begab sich mit ihnen hinunter. In der Fußgrube war Alles dunkel, in der Backstube ebenso. Sie öffneten zunächst die Hausthüre, um Licht auf den Flur zu lassen, und dann zogen sie die Läden in der Wohnstube auf. Sie wollten dasselbe auch in der Backstube thun, aber als sie dort eintraten, quoll ihnen ein scharfer, saurer Geruch entgegen, und der Vorderste von ihnen prallte zurück.

»Donnerwetter, was ist denn das? Da habe ich ein paar Pfund Teig an den Sohlen kleben!«

Sie blickten in das Dreivierteldunkel hinein, in welchem sich ein lautes Schnarchduett vernehmen ließ.

»Dort liegt weiß Gott der Backtrog in der Stube!«

»Und ein Kerl dabei! Wer ist es?«

»Der Alte! Na, heiliger Schwede, was muß da passirt sein? Nur rasch die Fenster auf!«

Einer patschte über die Stube hin und stieß die Läden hinaus. Das helle Licht des Tages brach herein und beleuchtete eine Scene, welche selbst der Pinsel des berühmtesten Meisters nicht wiederzugeben vermocht hätte. Die Weiber vor der Thüre erhoben ein schallendes Gelächter, die drei langen Bursche aber standen lautlos da; die Sprache war ihnen vor Erstarrung ausgegangen.

Auf der Diele lag der große, umgestürzte Semmeltrog. Sein ganzer Inhalt hatte sich über den Fußboden ausgebreitet, und die weiße, zähe Fluth dieses Kleisters wurde vermehrt durch ganze Ströme von Teig, welche von dem Kuchentroge herniederflossen. Der Dessauer hatte die ganze Hefe aufgegossen, und so war eine solche Gährung entstanden, daß sich ein wahrer Teigvulkan über dem Troge erhob und seine mehlerne Lava auf die Dielen herniedergoß. Das Allerbeste aber zeigte sich im Hintergrunde der Stube. Dort lag nämlich der neue Geselle, so lang er war, in der Beute, statt des Bettes von einer Masse bedeckt, die weder Mehl, noch Wasser, noch Teig genannt werden konnte.

Die beiden Schläfer schienen sich bisher ganz wohl befunden zu haben. Jetzt aber drang die kalte Morgenluft herein, und der alte Hillmann begann sich leise zu regen.

»Vater!«

»U – – ah!«

»Vater!«

»Uuu – – – aaah!«

Die Söhne faßten ihn bei den Armen und versuchten, ihn emporzurichten.

»Vater!«

»Wa – as?«

»Sperrt die Augen auf, Ihr Dreckbarthels Ihr! Was habt Ihr denn hier angerichtet, he?«[234]

»An – ge – – rich – – tet! Wo?«

Der alte Hillmann hatte beide Hände voller Kleister und rieb sich damit die Augen aus. Natürlich konnte er nun erst recht nichts sehen.

»Mach, daß Du zu Stande kommst! Hurrjesses, ist das eine Sauerei! Seid Ihr denn bei Verstand gewesen?«

»Ver – stand! Uuu – – aaah!« gähnte der Alte. »Was – – was klebt denn da?«

Seine ganze Gestalt, sein ganzes Gesicht war mit Kleister überzogen. Er hatte jetzt die Augen frei bekommen, streckte alle zehn Finger weit von sich und starrte in der Stube umher.

»Au, mein Kopf! Ich habe eine Knochenmühle d'rin. Aber – – hm, wo bin ich denn eigentlich? Was ist das für – – – Donnerwetter, da liegt ja der Backtrog!«

»Ja, und Du lagst dabei!«

»Ich? Und da läuft ja der Teig über! Himmeltausendsakkerment, wo ist denn der Hallunke, der neue Geselle?«

»Da, gucke Dir ihn an! Dort liegt er!«

Der alte Hillmann drehte sich nach der angedeuteten Richtung und wich dann einige Schritte zurück. Was er sah, ging ihm über alle Begriffe.

»Dort – dort liegt er – – im Brodteige! O Du oberster Schweinigel, der Du bist! Warte, Hallunke, ich werde Dir heraushelfen!«

Der Rausch war auf einmal verflogen. Er faßte nach einen der Stühle, auf welchen der Backtrog gestanden hatte, und brach ein Bein los. Mit diesem trat er zur Beute, faßte den Schläfer bei den Haaren, riß ihn empor und schlug nach Kräften zu.

»Willst Du heraus aus der Schlempe, Du elender Lump und Süffel Du. Dir, Dir will ich den Schlaf schon vertreiben, Du Taugenichts, Nichtsnutz und Lumpenkerl!«

Leopold war bereits beim ersten Hiebe emporgefahren, denn einem Stuhlbeine vermag auch der tiefste Schlaf nicht zu widerstehen. Zwar noch schlaftrunken, war er doch zu sehr Soldat, als daß er den hageldichten Hieben des Meisters seinen Rücken länger als nur einige Sekunden dargeboten hätte. Erst halb wach, griff er schnell zu und hielt das Stuhlbein fest.

»Was ist los? Was trommelt Er auf mich ein?«

»Warum ich Ihn haue? Das fragt Er noch, er elender Saukerl? Sieht Er nicht, in welcher sauren Tunke ich Ihn gefunden habe!«

Leopold sah um sich.

»In der Beute! Alle neunundneunzigtausend Teufel, wer hat mich im Schlafe da hineingeschmissen? Den Hund schlage ich todt!«

»Ruhig! Nicht gemuckst!« donnerte der Meister. »Er selber ist hineingefallen, denn Er war ja besoffen wie ein Eber! Und mich, mich hat Er vom Backofen herunter auf den Trog geworfen; der ist umgestürzt, und nun läuft die ganze saubere Profit die Mahlzeit in der Stube herum!«

Das machte den Fürsten völlig munter. Er blickte genau umher und brach dann in ein lautes, erschütterndes Gelächter aus, welches gar nicht aufhören wollte und in einen Lachkrampf auszuarten schien.

»Hahahaha – – da habe ich – hahahahaha – – im Sauerteige – hahaha – – im Sauerteige geschlafen, und – – – hahahaha – der Hillmann – – hihihihihihi – – hat sich in die He – – – hihihihihiiiih – Hefen – hihihohohohooooh – – in die Hefen gelegt – hahahihihoooh!«

»Was! Er lacht auch noch dazu, Er Teigaffe, Er? Lasse Er gleich das Stuhlbein los! Ich werde Ihn karbatschen, daß Ihm das Lachen vergehen soll!«

»Raisonnire – – hahaha – – raisonnire Er nicht – – hihihihi! Komme Er lieber – – hahaha – – oh, mein Bauch! Hohohohoooh! – – Komme Er lieber her Er – – hihihihi – Er alter Hefenklos – – hahaha – wir wollen einander – – hihihihihihihiiiih – – einander ablecken – – hahaha – – oh, ich zerplatze noch!«

»Auch noch ablecken soll ich Ihn! Warte, ich will Ihn ablecken!«

Mit einem kräftigen Rucke riß er das Stuhlbein wieder an sich und versetzte dem Fürsten einige Hiebe. Sofort aber hatte dieser das Bein wieder ergriffen und hielt es fest.

»Hillmann, mäßige Er sich! Die ganze Geschichte ist ja nur des Lachens werth!«

»Auch noch! Da liegt der Kerl im Sauertei – – – Himmelelement, was ist denn das!«

Er trat näher an die Beute heran und schaute hinein.

»Was hat Er denn hier aufgegossen, he?«

»Sauerteig!«

»Wie viel?«

»Vier Wasserkannen voll!«

»Vier Wa – – – Nun steht mir der Verstand stille! Wo hat Er denn eine solche Menge hergenommen, he?«

»Aus dem großen Faß im Gewölbe.«

Da brachen die drei Söhne des Bäckers in ein Gelächter aus, welches eine wahre Explosion genannt werden mußte. Der Alte selbst aber starrte ihn an, als ob er ein Gespenst vor sich sehe.

»Alle guten Geister! – Aus dem großen Fasse! – Da ist ja das saure – – – das saure Schweinefutter d'rin!«

»Das saure Schweinefutter!« rief Leopold. »Hahahaha – – Alter, halte – hahahaha – halte mir den – – hihihihihiiiih – den Bauch, sonst zer – – hihihihi – – zerspringt er mir – hohohohohooooh! Das saure Schweinefutter!«

»Auch noch den Bauch halten, Er – Er – Er!«

Der Bäcker fand für seinen Grimm gar keine Worte mehr, aber einer seiner Söhne, der die über die Dielen laufende Brühe untersucht hatte, rief: »Vater, weißt Du, was das ist?«

»Was denn?«

»Buttermilch! Hahahaha, Buttermilch in die Semmeln!«

»Butterm – – o Du neunmal verrückter Lumpenkerl!« brüllte der Alte. »Gießt Er mir Buttermilch in die Semmeln! Und wie viel hat Er denn von der Hefe genommen?«[235]

»Die ganze natürlich,« meinte Leopold.

»Die – ganze!!! – Mensch, mit dem was draußen war, kann ich ja dreißig Zentner Mehl bis unter das Dach hinauf gähren!«

»Und hier in dem Topfe, was ist da!« berichtete der Sohn. »Zerlassene Butter, Schaben, Große Rosinen und Pfefferkörner!«

»Aha,« meinte Leopold lachend, »d'rum waren die kleinen Rosinen so hart!«

»Pfefferkörner?« frug der Alte ganz außer sich. »Zeigt mir den Topf einmal her! Den Topf will ich sehen; jetzt gleich; auf der Stelle!«

Der Sohn brachte das Verlangte. Sein Vater griff hinein, nahm einen der Körner heraus und zerbiß ihn.

»Bei meiner armen Seele, es sind Pfefferkörner! Kerl, Mensch, Er will ein Bäcker sein und sieht Pfefferkörner für kleine Rosinen an! Hier, da hat Er die ganze Geschichte an Seinen stocknageldummen Schädel!«

Er holte aus und warf dem Fürsten den Topf mit solcher Gewalt an den Kopf, daß er in Scherben zerbrach und die Butter mit sammt dem Andern in der Stube umherspritzte. Leopold fuhr sich mit einem Schrei des Schmerzes an die Stirn, im nächsten Augenblicke aber hatte er den Meister gepackt.

»Hund, das wagst Du! Warte, ich werde Dich einwickeln!«

Der Fürst hob ihn hoch empor, warf ihn in die Beute, daß Alles krachte und knetete ihn in den Teig hinein, daß er in wenigen Augenblicken erstickt wäre, wenn nicht die drei Söhne zugesprungen wären. Auch die vor dem Hause stehenden Weiber erhoben ein lautes Geschrei um Hilfe. Im Handumdrehen war draußen und der Hausflur von Menschen angefüllt.

»Laß ab, Kerl, sonst massakriren wir Dich!« rief einer der Söhne.

Sie faßten ihn und rissen ihn von der Beute zurück. Jetzt kam nun Leopold in die Gefahr, erwürgt zu werden, denn sechs starke Hände waren bemüht, ihm den Hals zuzuschnüren. Es gelang ihm, sich loszureißen. Schnell bückte er sich und hob das Stuhlbein auf, welches ihm und dem Meister vorher entfallen war.

»Massakriren? – Mich! – Kommt an, Ihr Himmelhunde, wenn Ihr es wagt!«

Die Söhne drangen von Neuem auf ihn ein; er aber schlug einen so nachdrücklichen Kreuzhieb, daß sie ihn nicht fassen konnten. Mittlerweile aber hatte sich der Alte aus dem Teige emporgearbeitet. Er ergriff den Fürsten von hinten bei der Kehle und schnürte ihm dieselbe zusammen. »Schlagt ihn todt! Klopft ihm die Seele aus dem Leibe! Holt Stuhlbeine her!«

Diese Worte wurden augenblicklich befolgt. Der bereits eines Beines beraubte Stuhl wurde zertreten; die Brüder theilten sich im Nu in die drei andern Beine und schlugen damit blind auf den Fürsten ein.[236]

Der Grimm und vielleicht auch die Todesangst gaben dem Fürsten übermenschliche Kräfte. Er riß sich abermals los, sprang zur Seite und holte aus. Sein erster Hieb traf den Alten mit solcher Wucht, daß dieser wie todt in die Beute zurücksank; sein zweiter Hieb sauste auf die Achsel des Fleischers nieder; auch er stürzte nieder.

»So!« jubelte Leopold. »Ihr sollt mich kennen lernen!«

Seine Augen leuchteten in wilder Gluth. Er kannte sich selbst nicht mehr; er überlegte nicht, was aus dieser blutigen Schlägerei für ihn entstehen könne. Er trieb die beiden übrigen Gegner hinaus auf den Flur und schlug dort blind auch auf die anderen Leute ein. Alles schrie und rief nach Hilfe. Es war ein Spektakel, wie er in Wustrow wohl noch nie gehört worden war.

»Holt die Polizei! Holt den Stadtrichter, den Bürgermeister her!« rief es bunt durch einander.

»Ja, holt sie!« brüllte der Dessauer. »Sie sollen auch ihre Keile kriegen! Heute muß das ganze Lausenest über die Klinge und über das Stuhlbein springen. Ich werde Euch lehren, was es heißt, mit mir anzubinden!«

»Dort kommen sie schon!« ertönte eine Stimme.

Leopold kümmerte sich nicht darum. Er schlug zu, einem Jeden, den er erreichen konnte, immer über den Kopf hinein, und vor ihm sich flüchtend, quollen die Eingedrungenen zur Hausthüre hinaus.

»Was geht hier vor?« frug jetzt draußen eine starke, gebieterische Stimme.

»Er schlägt uns Alle todt!« antwortete Einer.

»Wer?«

»Der Geselle. Er ist toll geworden!«

»Werden mit ihm schon fertig werden! Tretet her, und laßt ihn nicht durch!«

Unter der Thüre erschien ein Mann in Civil, gefolgt von einem Polizeidiener. Er übersah beim ersten Blicke die Situation.

»Halt, Kerl! Ist Er verrückt? Er macht sich ja unglücklich!«

»Geht Ihm das etwas an!« antwortete Leopold, dabei immer zuschlagend.

»Im Namen des Gesetzes gebiete ich Ihm, in dem Exceß einzuhalten!«

»Und ich gebiete Ihm in meinem Namen, sich davon zu trollen! Wollen doch 'mal sehen, wer stärker ist, ich oder Sein lumpiges Gesetz!«

»Ich bin der Bürgermeister!«

»Meinetwegen der Essenkehrer! Vorwärts! Hinaus mit Euch Jammersäcken!«

Die Anwesenheit des Bürgermeisters gab den Leuten Muth. Die Männer hielten jetzt Stand. Einer drängte den Andern, und Leopold wurde trotz seiner gewaltigen Streiche eingeengt. Der Polizist war ein schlauer Patron; er arbeitete sich durch das Gedränge, bückte sich und ergriff den Fürsten bei einem Beine. Ein kräftiger Ruck warf den tapfern Kämpfer zu Boden. Nun stürzte sich Alles über ihn her, um ihn unschädlich zu machen.

»Bindet ihn mit Stricken!« gebot der Bürgermeister.

Stricke waren leicht zu haben, und als der Gefangene gefesselt war, trieb der Beamte die überflüssige Menge zum Hause hinaus, um ungestört den Thatbestand aufnehmen zu können. Nur die verletzten Personen durften bleiben.

Der alte Hillmann war nicht todt, aber er saß jammernd noch in dem Teige und hielt sich den Kopf. Der Schlag hatte ihn betäubt, und durch die scharfe Kante des abgleitenden Stuhlbeines war ihm das eine Ohr halb abgerissen worden. Sein Sohn, der Fleischer, hatte sich ausgezogen und untersuchte seine Achsel. Und dabei quatschte, quitschte und klitschte es vor Teig und Kleister an allen Ecken und Enden. Der Beamte nahm auf diese zähe Beschaffenheit des Fußbodens keine Rücksicht. Die Betheiligten mußten Alle in die Stube treten, Leopold auch, und dann begann das Verhör.

Mit dem Augenblicke, an welchem er niedergeworfen wurde, war dem Fürsten die Besinnung zurückgekehrt. Er brauchte keine Angst zu haben, aber konnte er seinen wahren Namen nennen, ohne sich zu blamiren und in die unabsehbarsten Verlegenheiten zu bringen? Er beschloß, der Bäckergeselle zu bleiben und Allem, was da kommen werde, die größte Ruhe entgegenzusetzen. Sein Incognito aufzuheben, war allemal noch Zeit.

Der Bürgermeister wandte sich an den alten Hillmann: »Hillmann, was ist bei Ihm geschehen? Erzähle Er es mir einmal ausführlich!«

Der Alte erzählte und gebrauchte dabei solche Ausdrücke in Beziehung auf Leopold, daß diesem oft die Galle überlaufen wollte; aber er beherrschte sich. Darauf wurden die drei Söhne und die Zeugen vernommen. Ihre Aussagen stimmten mit derjenigen des Meisters überein. Jetzt frug der Beamte den Angeschuldigten: »Wer ist Er?«[249]

»Das steht in meinem Wanderbuche.«

»Er hat mir aber Rede zu stehen!«

»Hier nicht.«

»Wo sonst?«

»An Amtsstelle.«

»Schön. Ich werde Ihn an diese Stelle transportiren lassen. Wo ist Sein Wanderbuch?«

»Der Alte hat es eingeschlossen.«

»Hat Er sonst noch Sachen?«

»Einen Ranzen.«

»Den werden wir durchsehen. Was hat Er Alles einstecken?«

»Nehmt es heraus. Er sieht ja, daß ich gebunden bin!«

Der Bürgermeister winkte dem Polizisten, und dieser untersuchte die Taschen des Fürsten. Er fand eine alte, dreigehäusige Uhr, ein Taschenmesser und zwei Geldbeutel, nämlich den alten Strumpf mit lauter Silberstücken und einen Perlenbeutel, welcher voll Gold war. Der Beamte erstaunte.

»Mann, wo hat Er dieses viele Geld her?«

»Verdient.«

»Das mache Er mir nicht weiß!«

»Na, so glaube Er es nicht, wenn es Ihm nicht paßt!«

»Er ist sehr kurz angebunden. Man wird strenge Maßregeln mit Ihm vornehmen müssen. Nehme Er sich in Acht! Ich halte Ihn wegen qualificirter Körperverletzung oder gar wegen versuchten Todtschlages fest. Vielleicht entdecken wir noch etwas Anderes, was Ihn noch tiefer in die Tinte bringt.«

»Er sieht mir auch ganz nach großen Entdeckungen aus! Und was die Tinte betrifft, so sehe Er sich nur vor, daß Er sie nicht etwa selber noch auszudunken hat. Übrigens habe ich die Geschichte satt. Ich bin Sein Gefangener; mache Er, daß man mich von hier wegbringt. In diesem Dreck und Schmant mag ich nicht länger sitzen bleiben!«

»Dieser Wunsch kann Ihm erfüllt werden. Aber denke Er ja nicht etwa an Flucht. Diese Leute gehen alle mit, denn ich muß ihre Aussagen zu Protokoll aufschreiben. Er ist also in sicheren Händen.«

»Na, habe Er nur keine Angst! Vor Ihm und diesen Affen reiße ich noch lange nicht aus, und wenn Er Sein Protokoll recht schön und deutlich machen will, so gebe ich Ihm den Rath, gleich Alles, was Er hier sieht, mit hinein zu wickeln, das Mehl, die Buttermilch, die Pfefferkörner, die Hefe und das Schweinefutter!«

»Na, Sein loses Maul wird man Ihm zu stopfen wissen! Nehmt ihn in die Mitte, und führt ihn fort!«

Er wurde, so wie er war, mit dem ganzen Kleisterüberzuge, fortgeschafft. Auch sein Ranzen, sein Stock und sein Wanderbuch wurde mitgenommen. Der am Kopf verbundene Wirth folgte dem Transporte durch eine zahlreiche Menschenmenge, welche neugierig war, den Menschen zu sehen, der es mit den vier Hillmännern aufgenommen hatte.


Ungefähr eine Stunde später kam ein Wandersmann auf Wustrow zugeschritten. Es war der Pflasterhändler, welcher dem Fürsten, ohne von ihm erkannt zu werden, sagen wollte, daß der Prinz Friedrich Ludwig sich in Lüchow befinde und eine Razzia in das Preußische beabsichtige. In der ersten Gasse erkundigte er sich nach dem Wirthshause des Bäckermeisters Hillmann. Man wies ihn zurecht. Als er in die Gaststube trat, waren sehr viele Leute da versammelt, denen er ansah, daß sie sich in einer ungewöhnlichen Aufregung befanden. Es mußte Etwas geschehen sein, und er brauchte auch nicht lange zu warten, um es bis in das Kleinste zu erfahren. Ihr Gespräch drehte sich natürlich nur um den gefangenen Gesellen, und so erfuhr er alles Nöthige, ohne eine Frage aussprechen zu müssen. Der Mann, welcher die Gäste bediente, gehörte nicht in das Haus; er war ein Nachbar, der es übernommen hatte, Hillmann bis zu dessen Rückkehr zu vertreten.

Als der Wirth endlich mit seinen drei Söhnen erschien, war es bereits Mittag geworden. Er wurde mit hundert Fragen bestürmt, trat aber zunächst an den Schänktisch, um sich vor allen Dingen mit einem Kruge Bier zu stärken. Dann setzte er sich.

»Haltet die Mäuler!« begann er. »Eure Fragen kommen mir so in die Kreuz und Quere, daß ich ganz dumm von ihnen werde. Mein Schädel brummt mir auch schon ohne sie wie eine Baßgeige. Ihr sollt Alles erfahren.«

»Erzähle!«

»Da giebt es gar nichts zu erzählen. Die Sache liegt sehr klar: der Kerl hat uns todtschlagen wollen; er ist also ein versuchter Mörder, wie es die Gerichte nennen, und wird wohl baumeln müssen. Sodann hat er sehr viel Geld bei sich, wohl an die zweitausend Thaler. Das hat er wo gestohlen oder geraubt, und da wird er wieder baumeln müssen. Und endlich hat er während des Protokolles, wie es die Gerichte nennen, auf unsern Kurfürsten und König, auf seine Prinzen und Prinzessinnen und auf das ganze Land Hannover geschimpft, das ist Beleidigung des Majestätsverbrechens, wie es die Gerichte nennen, und dafür wird er zum dritten Male baumeln müssen. Ist das genug oder nicht?«

»Steckt er fest?«

»Natürlich! Ganz und gar in Fesseln.«

»Wer ersetzt Dir denn Deinen Verlust?«

»Das bekomme ich von seinem Gelde, wenn so viel übrig bleibt. Ich soll Alles taxiren und aufschreiben. Und auch die Transportkosten bekommen wir bezahlt.«

»Ihr? Warum denn Ihr?«

»Weil wir ihn fortschaffen müssen. Der Richter sagte, das sei ein sehr böser und schwieriger Prozeß, wo es sehr viel zu schreiben gebe. Er hat ausgerechnet, daß er erst nächsten Montag Mittag damit fertig wird. Nachmittags wird der Hallunke nach Dannenberg in das Obergericht geschafft, und weil er ein sehr starker Mensch ist, kann das der Polizist nicht allein fertig bringen. Da sollen ihm meine drei Jungens helfen, die ja als kräftige Bengels bekannt sind. Bis nach Lüchow wird es nicht gefährlich sein. Dort aber werden wir meinen Gevatter, den Peters, bitten, uns seinen Gesellen und seinen Sohn mitzugeben, der mein Mädel, die[250] Anna, bekommen soll. Das sind zwei starke Bursche, an die nicht gleich Einer kommt, und da der Mordversucher geschlossen ist, so wird er sich das Ausreißen wohl vergehen lassen müssen.«

Jetzt wußte Goldschmidt genug. Was noch gesprochen wurde, war jedenfalls nur Nebensache. Er bezahlte sein Bier und ging. Es war ihm darum zu thun, so schnell wie möglich nach Lüchow zu kommen.

Er legte die anderthalb Wegstunde, welche es zwischen den beiden Orten ist, in noch nicht Einer Stunde zurück und suchte die Linde auf, wo er den Stein auf die andere Seite des Stammes legte. Anna mußte gerade am Fenster gestanden haben, denn er erblickte sofort das weiße Tuch als Zeichen, daß sie kommen werde. Aus Vorsorge legte er den Stein wieder an seine frühere Stelle zurück und schritt dann nach der hinteren Gartenmauer. Als er dort ankam, stand das Mädchen bereits auf dem Balkon.

»Ist Jemand im Garten?« frug er.

»Kein Mensch.«

»So komme ich hinauf.«

»Wenn man Dich sieht!«

»Pah!«

Mit Hülfe der gestern eingeschlagenen Krampen kam er schnell nach oben.

»Ist Etwas Wichtiges passirt, weil Du am Tage kommst?« frug sie.

»Sogar Etwas Schlimmes!«

»Du erschreckst mich! Hast Du den Fürsten getroffen?«

»Nein. Er ist gefangen!«

»Mein Gott! – Ist's wahr?«

»Ja. Gefangen und in Fesseln!«

»Wo?«

»In Wustrow.«

»In Wustrow? Was hat er dort gemacht?«

»Du weißt, daß er als Bäcker verkleidet war. Er ist also, als er nach Wustrow kam, bei Deinem Stiefvater eingekehrt. Dort hat es großen Streit gegeben. Dein Vater hat ihm einen Topf in's Gesicht geworfen, so daß er blutete. Auch Deine Stiefbrüder sind über ihn hergefallen. Natürlich hat er sich da zur Wehre gesetzt und Einige niedergeschlagen, aber ohne sie zu tödten, und nun sitzt er im Gefängnisse, und man will ihm den Prozeß machen.«

»Das kann man nicht. Er braucht ja nur zu sagen, wer er ist!«

»Er wird sich hüten, das zu thun. Ein Reichsfürst, und auf diese Weise gefangen, denke Dir den Schimpf! – Er rechnet ganz sicher auf mich!«

»Auf Dich? – Wie so?«

»Das ich ihm aus der Patsche helfe.«

»Das kannst Du nicht!«

»Oho!«

»Auf welche Weise denn?«

»Das muß ich mir erst überlegen,« antwortete er zurückhaltend, denn er traute der Geliebten nicht die vollständige Verschwiegenheit gegen ihre Herrin zu. »Ist der Prinz da?«

»Nein. Er ist nach Lenzen geritten, um mit Hartegg zu reden.«

»Hat es etwas Weiteres hier gegeben?«

»Nichts. Nur daß mein Fräulein dem Prinzen heute im Garten begegnet ist. Er hat auf sie gesprochen, ist aber wieder tüchtig abgeblitzt worden. Hast Du meine Mutter gesehen?«

»Nein. Aber ich werde schon noch mit ihr zu sprechen kommen.«

»Willst Du wieder nach Wustrow?«

»Natürlich! Gleich morgen. Ich werde mich jetzt vorzugsweise dort aufhalten, um keine Gelegenheit zu versäumen, dem Fürsten nützlich zu sein. Am Besten ist es, die Mutter zieht aus dem Hause fort, da sie sich doch einmal scheiden lassen will.«

»Aber wohin?«

»Zu Dir natürlich!«

»Her nach Lüchow? – Das geht ja nicht!«

»Nein. Sie zieht zu Dir nach Dessau.«

Sie erröthete.

»Das wird noch lange Weile haben, Wilhelm!«

»Man kann nichts vorhersehen. Wenn der Fürst ›Ja‹ sagt, gehst Du mit nach Dessau, Anna?«

»Sofort!«

»Er sagte zu mir: ›Wenn sie nicht nach meinem Geschmacke ist, so hat Er sie sich aus dem Kopfe zu schlagen; gefällt sie mir aber, so nehmen wir sie gleich mit.‹ Welcher von diesen beiden Fällen ist wohl der wahrscheinlichere?«

»Du denkst wirklich, daß ich ihm gefallen habe?«

»Ja. Und was der Dessauer sagt, das hält er auch. Wenn ich genau wüßte, daß Du mir gewiß folgen wolltest, so sind wir in ganz kurzer Zeit Mann und Frau.«

»Wilhelm, ich thue Alles, was Du verlangst!«

»Auch schweigen?«

»Ja.«

»Aber nicht gegen Deine Herrin!«

»Auch gegen sie, so vertraut wir sonst auch sind.«

»Versprichst Du mir das wirklich?«

»Ich kann es sogar beschwören!«

»Wenn Du wirklich gegen sie schweigen kannst, so bringen wir es vielleicht sogar so weit, daß sie den Hartegg nehmen darf.«

»Wilhelm, wenn dies wahr wäre!«

»Es ist wahr.«

»Du kannst Dich auf mich verlassen! Aber wie sollen wir dies anfangen?«[251]

Der Feldwebel überlegte und versuchte dann seiner Anna den geheimen Kriegsplan auseinander zu setzen. »Denke Dir einmal, der Hartegg würde von mir auf preußischem Gebiete als Werber ertappt und gefangen – – –«

»Du, das darf nicht sein!«

»Höre erst weiter! Ich fange ihn nicht allein, sondern den Prinzen dazu – – –«

»Dem gönne ich es!«

»So können wir den Prinzen zwingen, dem Lieutenant einen ehrenvollen Abschied zu geben und sich jeder Malice gegen ihn zu enthalten. Der Hartegg wird dann preußischer Officier und heirathet seine Liebau. Ist dies nicht prächtig ersonnen und auch ganz folgerichtig. Er und ich, wir stehen dann vielleicht bei einem Regimente, und Du kannst dann ungestört mit seiner Frau verkehren. Was sagst Du dazu?«

»Der Plan gefällt mir ganz absonderlich! Aber ist er wirklich ausführbar?«

»Ich gebe Dir mein Wort darauf!«

»So glaube ich es. – Also topp, ich werde schweigsam sein!«

»Nun gut, so will ich auch volles Vertrauen zu Dir haben und Dir nichts verschweigen. Weiß die Liebau, daß der Dessauer bei Dir gewesen ist?«

»Nein. Ich wußte nicht, ob sie es wissen durfte.«

»Weiß sie von mir?«

»Auch nicht.«

»So will ich Dir sagen, daß ich nicht nach Lenzen gehe, wie ich vorhin sagte.«

»Wohin sonst?«

»Nach Wittenberge.«

»So weit?«

»Ja. Es steht zufällig eine Compagnie Musketiere auf Feldübung dort. Ich werde mir einige zwanzig Mann ausbitten, denn die Leute, welche ich in Lenzen erwarte, kann ich dort nicht wegnehmen. Mit diesen Musketieren lege ich mich nächsten Montag, wo der Fürst nach Dannenberg transportirt werden soll, zwischen Dannenberg und Lüchow in den Wald und befreie ihn. Dann gehen wir nach Lenzen, um den Prinzen abzufassen.«

»Aber wo?«

»Hm! wenn Du das erfahren könntest!«

»Vielleicht sagt es mir mein Fräulein, wenn sie es erfährt.«

»Sie könnte es doch nur vom Prinzen erfahren, aber mit Dem spricht sie ja nicht.«

»O, es giebt noch Einen!«

»Wen?«

»Den Hartegg.«

»Was, Der? Kommt sie mit Dem zusammen?«

»Ja.«

»Hm! Das konnte ich mir eigentlich denken! Wenn er in Lenzen ist, wird er eine so gute Gelegenheit, seine Braut zu sehen, nicht versäumen. Aber heimlich müßte dies geschehen, weil der Prinz da ist, der ihn nicht bemerken darf.«

»Es geschieht auch heimlich.«

»Ah! Wie und wo?«

»Sie hatte Sorge, ihn einmal zu verfehlen, und so hat sie sich mir anvertraut, damit ich mit aufpassen soll. Er kann nur Abends kommen, und will zum Zeichen, daß er da ist, bei unserer Linde einen Schuß abgeben.«

»Aha, die alte, gute Linde! Sie muß auch ihre Vertraute sein.«

»O, es stimmt auch noch etwas Anderes mit unseren eigenen Vorkehrungen überein!«

»Was?«

»Rathe, wo sie dann zusammentreffen werden!«

»Doch nicht hier auf dem Balkon?«

»Freilich!«

»Anna, das paßt herrlich! Rechts und links dichtes Gesträuch. Da könntest Du sehr leicht lauschen und Alles hören, was er sagt!«

»Würde das recht gegen mein gutes Fräulein sein?«

»Es ist ja zu ihrem Besten!«

»Meinetwegen. So werde ich mich also verstecken.«

»Im Übrigen bleibt es bei Allem, was wir ausgemacht haben. Hast Du mir noch etwas mitzutheilen?«

»Nein. Du mir?«

»Auch nicht. Ach ja, das weißt Du noch nicht, daß ich gestern hier in Lüchow den Fürsten getroffen habe!«

»Wo?«

»Beim Peters.«

»Hat er Dich erkannt?«

»Nein. Ich befürchtete es, aber ich war glücklich. Mein Gesicht muß ganz abscheulich verstellt sein, daß Ihr Beide Euch täuschen ließet. Er ging natürlich nur in die Herberge, um den jungen Peters und den Gesellen zu sehen, und hat sich gar nicht lange aufgehalten. Er kaufte mir eine Gose, und ich habe mir einen ganz außerordentlichen Spaß mit ihm gemacht.«[265]

»Doch nicht etwa – – –«

»Keine Sorge! Ich bin nicht zu weit gegangen. Er frug nämlich, was ich sei, und ich sagte ihm, daß ich wahrsagen könne. Das glaubte er natürlich nicht und gerieth dabei so in Eifer, daß er mir eine Wette anbot. Er ist außerordentlich genau und hätte sich in's Fäustchen gelacht, wenn er mir die Summe abgewonnen hätte. Er gab mir die Hand, aus der ich seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lesen sollte, und weil ich ihn kannte, so traf auch jedes Wort genau zu.«

»Du hast doch nicht etwa etwas verrathen!«

»Ist mir gar nicht eingefallen! Aber er hat bezahlen müssen.«

»Wie viel?«

»Vierzehn Thaler zwanzig Silbergroschen und neun Pfennige.«

»Höre, das ist zu viel; das wird er Dir nachtragen!«

»Bewahre! Ich weiß ganz genau, wie weit ich bei meinem Alten gehen darf.«

»Aber wie wird es mit dem Peters? Du wolltest ihn doch wegfangen!«

»Das wird auch geschehen. Es ist eigenthümlich, wie schön das Alles paßt. Der Bürgermeister in Wustrow nämlich hat Sorge, daß der Fürst, weil er sich als ein starker und verwegener Mensch gezeigt hat, unterwegs entfliehen könne, und so werden, wenn der Transport hier durch Lüchow kommt, der junge Peters und der Geselle aufgefordert werden, mitzugehen, weil das die beiden kräftigsten Kerls hier sind. Sie gerathen also mit in meine Hände.«

»Aber wenn sie Waffen haben!«

»Pah! Ich werde genug Leute bei mir haben. Und übrigens ist es vielleicht möglich, ihn mehr durch List als durch Gewalt zu befreien. Man muß das abwarten und sich nicht vorher schon sorgen, Anna. Nun aber muß ich gehen. Bekomme ich nur eine Hand?«

»Na, es ist dunkel; da sollst Du nicht um das Deinige gebracht werden!«

»So komm her, meine zukünftige Frau Feldwebel!«

Ein verborgener Lauscher hätte nun jenes leise Geräusch vernehmen können, von welchem das Volksräthsel sagt: »Es knallt und knallt und ist doch nicht geladen«; dann schlüpfte Goldschmidt über die Mauer herunter und war bald den nachblickenden Augen der Geliebten entschwunden.

Anna war stolz auf ihn; sie wußte, daß er zu den wenigen Personen gehörte, welche der Dessauer in sein Herz geschlossen hatte, und hätte für diese beiden Männer noch weit mehr thun können, als der Feldwebel heute von ihr verlangt hatte. Sie befolgte seinen Willen ganz genau. Es gelang ihr bereits am nächsten Tage, Hartegg mit ihrer Herrin zu belauschen, und nun wartete sie mit Sehnsucht auf sein Wiederkommen. Er mußte aber sehr in Anspruch genommen sein, denn erst am Sonntag Abend, als sie sich auf dem Balkon befand, hörte sie des Feldwebels militairischen Schritt.

Wilhelm ging langsam vorüber. Es war ja immerhin möglich, daß Fräulein von Liebau bereits hier Posto gefaßt hatte, da dieser Ort auch ihr Stelldichein mit dem Lieutenant bildete.

»Wilhelm!«

»Anna! Du?«

»Ja.«

»Darf ich hinauf?«

»Komm!«

Im nächsten Augenblicke stand er neben ihr.

»Ich habe sehr auf Dich gewartet!« meinte Anna fast vorwurfsvoll.

»So hast Du mir Wichtiges zu sagen?«

»Ja.«

»Und ich konnte nicht eher kommen. Ich wurde in Wittenberge zu lange hingehalten und dann auch in Lenzen, wohin ich mußte, um meine Vorkehrungen zu treffen. Nachher wurde es vor allen Dingen nothwendig, zunächst nach Wustrow zu gehen, um zu sehen, ob keine Veränderung eingetreten ist. Das war heute am Nachmittage.«

»Wie steht es dort?«

»Noch beim Alten, und das ist gut. Punkt 12 Uhr geht ein verdeckter Leiterwagen mit dem Gefangenen ab. Vier Personen begleiten ihn und bleiben hier beim Peters halten, um seinen Sohn und seinen Gesellen aufzunehmen. Dann geht es sofort und ohne Aufsehen weiter.«

»Hast Du in Wittenberge Soldaten bekommen?«

»Ja, zwanzig Mann. Ich habe den Hauptmann gebeten, verkleidet bleiben zu dürfen. Die Soldaten wissen blos, daß ein Pflasterhändler zu ihnen kommen wird, um ihnen zu sagen, was sie thun sollen. Es ist ihnen ganz genau ein Ort im Walde bezeichnet, wo sie zusammentreffen, und sie haben eine Losung, an der sie auch mich erkennen werden.«

»Warum das?«

»Weil ich mir den Spaß machen will, nicht eher von dem Dessauer erkannt zu sein, als bis der ganze Streich vollständig ausgeführt ist. Ich weide mich schon im Voraus an dem Gesichte, welches er mir machen wird. Ich habe bereits einen Anzug für ihn hier im Sacke. Er ließ ihn in Lenzen zurück, als er sich verkleidete. – Und nun, was hast Du erfahren?«

»O, ich weiß sehr, sehr viel!«

»Recht so. Schieße los damit!«

»Der Lieutenant war da, und ich habe Alles gehört, was er sagte.«

»War etwas Wichtiges dabei?«

»Außerordentlich Wichtiges! Ich weiß, was morgen Abend in Lenzen vor sich gehen soll. Hartegg wollte seine Hannoveraner theilen. Die eine Hälfte sollte während des Jahrmarktes freiwillige Rekruten suchen, und die andere Hälfte sollte den Transport derselben diesseits der Elbe erwarten. Er wollte also jedes Aufsehen und jede Gewaltthätigkeit vermeiden. Der Prinz aber will es anders. Morgen Abend ist im Gasthofe ›zum Mecklenburger‹ Jahrmarkts-Tanz, wo natürlich viele junge, rüstige Bursche anwesend sind.[266] Die Hannoveraner sollen nun alle daran Theil nehmen; auch der Prinz ist dabei, und auf ein Zeichen von ihm fallen sie über die Bursche her und führen sie ab.«

»Ah! Das ist nicht kühn, sondern unbesonnen und leichtsinnig! Wenn so ein Streich ja gelingen sollte, was ich sehr bezweifle, muß er doch ein ungeheures Aufsehen erregen. Übrigens wie sollen die Gefangenen bis an die Grenze und über die Elbe gebracht werden, wo doch unsere Grenzleute stehen?«

»Wer sich widersetzt, soll niedergeschossen werden.«

»Ach so!«

»Hartegg war fuchswild. Er sagte, der Prinz sehe es nur darauf ab, ihn zu ruiniren.«

»Das glaube ich selbst. Deine Neuigkeit ist mir allerdings von der allergrößten Wichtigkeit, denn nun weiß ich doch, wo ich den Gegner anfassen kann. Was giebt es denn noch?«

»Weiter nichts. War das nicht genug?«

»Vollauf! Höre, Anna, das wird ein Gaudium, wenn diese Hannoveraner denken, daß sie bereits Hahn im Korbe sind, und auf einmal tritt der Dessauer mitten unter sie, an seiner Seite der Pflasterhändler! Juchhe!«

»Ich wollte, ich könnte dabei sein!«

»Das kannst Du, wenn Du nur willst.«

»Geh! Wie wäre das möglich?«

»Sehr leicht. Du und Deine Herrin, Ihr solltet dabei sein; das würde dem ganzen Dinge erst die Krone aufsetzen! Willst Du?«

»Wenn es ginge!«

»Es geht. Du brauchst nur Deiner Herrin zu sagen, daß der Lieutenant in Gefahr ist. Ich bin hier gewesen, und von mir hast Du erfahren, daß sein Plan verrathen ist. Ich lasse mich erschießen, wenn sie nicht sofort anspannen läßt und nach Lenzen fährt, um ihn zu warnen, denn einem Andern kann sie das nicht anvertrauen. Leuchtet Dir das nicht ein?«

»Hm!« machte sie nachdenklich.

»Du dürftest ihr das allerdings nicht zu früh sagen, damit es ihr nicht wirklich gelingt, ihn zu warnen. Nun, willst Du?«

»Wenn Du es wünschest! Ich möchte gar zu gern mit dabei sein!«

»Na also! Sie wird natürlich schleunigst nach dem ›Mecklenburger‹ fahren. Der Wirth ist ein guter Bekannter von mir; ihn ziehe ich natürlich mit in das Vertrauen, und so wird dafür gesorgt werden, daß Fräulein von Liebau erst dann auftreten kann, wenn es für uns am Besten ist. Sage: Ja, Anna!«

»Meinetwegen! Wie viel Uhr soll ich ihr meine Mittheilung machen?«

»Sie wird sehr schnell fahren, und vor 1 Uhr nach Mitternacht giebt der Prinz sein Zeichen sicherlich nicht. Um 8 Uhr kannst Du reden. Du mußt so thun, als ob ich soeben erst bei Dir gewesen sei. Bleibt es dabei?«

»Ja.«

»Gut! So werde ich mich jetzt aufmachen. Ich muß nach Lenzen.«

»Du ärmster Teufel Du, was Du Dich jetzt gar so sehr abzumühen hast!«

»Recht hast Du! Ich habe hin und her zu hetzen, daß mir die Rippen knacken möchten, aber ich thue es sehr gern. Lebe wohl! Auf Wiedersehen morgen Abend!«


In dem Walde, der sich damals zwischen Lüchow und Dannenberg an dem linken Ufer der Jeetze hinzog, lag ein alter Krug, dessen Besitzer als Wirth nicht eben große Reichthümer sammeln konnte, da der Verkehr gerade hier ein sehr geringer war. Heute aber hatte der Mann sein freundlichstes Gesicht aufgesteckt, denn obgleich es noch nicht hoch am Nachmittage war, hatte er doch wohl schon über zwanzig Gäste gezählt, die Einer nach dem Andern bei ihm vorgesprochen waren. Und was für Gäste waren das gewesen! Junge, rüstige, hungrige Kerls, von denen ein Jeder Etwas gegessen und tüchtig dazu getrunken hatte. Soeben sah er wieder Einen auf sein Haus zukommen. »Siehst Du's, Alte?« frug er seine Frau, die am Fenster saß.

»Ja. Heute geht es, wie auf der Extrapost. Aber pfui Teufel hat der Kerl ein Gesicht! Etwas Gescheidtes ist das nicht. Höchstens für einen Dreier Dünnbier wird er verlangen.«

»Wart's ab! Es ist heute ein Glückstag für uns!«

Der Gast trat ein. Es war der Pflasterhändler.

»Gott zum Gruß! Giebt es hier ein gutes Bier?«

»Das will ich meinen!«

»Und was zu essen?«

»Ja. Schinken, Wurst, Käse!«

»Schinken, aber eine tüchtige Portion!«

Der Wirth warf seiner »Alten« einen Blick zu, der jedenfalls sagen sollte: Siehst Du, Alte, wie Recht ich hatte! In kurzer Zeit stand das Verlangte vor dem Gaste. Dieser hatte kaum mit dem Essen begonnen, als sich draußen das Knarren eines Wagens vernehmen ließ. Die Pferde wurden angehalten; ein Mann stieg aus, kam herein und sah sich in der Stube um. Es war der Wustrower Polizist.

»Ist dies der einzige Gast?« frug er den Wirth.

»Ja. Warum?«

»Ich habe einen Gefangenen abzuliefern. In der Stadt durften wir nicht einkehren, und so haben wir gewartet bis hierher. Aber sicher muß man sein. Der Kerl ist gefährlich, und man darf ihm keine Gelegenheit bieten, auszukratzen.«

Er ging wieder hinaus und brachte bald sämmtliche Insassen des Wagens herein. Leopold war an den Händen gefesselt und trug noch immer seine mit Teig überzogene Kleidung. Es war ein fürchterliches Gesicht, was er machte.

»Da, setze Er sich nieder!« gebot ihm der Polizist.

Der Pflasterhändler erhob sich und machte ein Geste, als ob er vor Erstaunen ganz weg sei.

»Himmelbataillon!« rief er. »Wer ist denn das?«

»Kennt Er ihn?« frug der Polizist.

»Freilich! Das ist ja der Bäckergeselle, dem ich hier bei dem Peters die schöne Wette abgewonnen habe!«[267]

»Ja,« meinte der junge Peters. »Er kann lachen, daß Er Sein Geld hat. Das andere ist futsch.«

»Wer ist denn dieser Mann? Kann man ihm trauen?« forschte der Polizist.

»Vollständig!« antwortete der riesige Schmiedegeselle. »Er wohnt bei uns und handelt mit Allerlei hier in der Gegend.«

»Eine Wette hat Er dem Gefangenen abgewonnen?«

»Ja.«

»Wie viel?«

»Es fehlte wenig an fünfzehn Thalern.«

»Ah, da muß Er mit!«

»Wohin, warum?«

»Als Zeuge, wie dieser Kerl das Geld verschwendet hat, nach Dannenberg. In einem solchen kriminirlichen Prozesse kann Unsereiner nicht umsichtig genug sein!«

Nichts kam Goldschmidt erwünschter als dieses Ansinnen. Er hatte seine Leute bereits versammelt gefunden und gehörig instruirt. »Bekomme ich den Weg bezahlt?« frug er.

»Weiß es nicht. Aber Er muß mit!«

»Na, meinetwegen. Ich wollte so wie so morgen nach Dannenberg.« Er wandte sich an den Dessauer: »Also Dummheiten hat Er gemacht! Soll ich Ihm etwa wieder weissagen, he?«

»Schweige Er, Hundsfott, sonst trete ich Ihn auseinander!« herrschte ihm der Gefragte mit Donnerstimme zu.

»Sei Er still!« warnte ihn auch der Polizist. »Es hat Keiner mit dem Gefangenen zu reden; so verlangt es das hochlöbliche Injurium!«

Es wurde sehr wortkarg gegessen und getrunken, und als die Zeche bezahlt war, stieg man in den Wagen, der mit einer großen Plahe bedeckt war, so daß man nicht in das Innere sehen konnte.

»Es ist nur der Platz neben dem Inculpatienten noch leer,« sagte der Polizist zu dem Händler. »Hat Er den Muth, sich hinzusetzen?«

»Warum nicht? – Ihr seid ja Alle da!«

Der Pflasterhändler nahm den angewiesenen Platz ein, und der Wagen mit seinen Insassen setzte sich in Bewegung.[268]

In langsamem Schritte fuhr der Wagen mit dem gefangenen Fürsten, dem Pflasterhändler, dem Polizisten und den fünf handfesten Transporteurs auf der holprigen Straße durch den Wald. Man war bereits eine halbe Stunde gefahren, als der Händler den Finger in den Mund steckte und einen lauten, schrillen Pfiff ausstieß. Der Schmiedegeselle, der die Zügel führte, hielt unwillkürlich an und wandte sich um.

»Was soll das?« frug der Polizist.

Der Händler griff mit beiden Händen in die Seitentaschen seines Rockes. Im Nu hatte er mit einem gedankenschnell hervorgezogenen Messer den Strick an den Händen des Dessauers zerschnitten und ihm zwei geladene Pistolen zugeschoben. Dann langte er auch für sich zwei solche aus seinem bereit gelegten Sacke. »Das soll heißen, daß nun Ihr gefangen seid!« antwortete er.

»Kerl, ich steche Ihm sogleich den – – –«

Der Polizist sprach nicht weiter, denn in diesem Augenblicke wurde die Wagenplahe fortgerissen, und man sah den Wagen von zwanzig Männern umringt, von denen ein Jeder ein Messer und eine Pistole in den Händen hielt.

»Hurrah!« rief der Dessauer. »Dem Herrgott sei getrommelt und gepfiffen. – Ich bin frei!«

Mit einem einzigen, kühnen Satze sprang er aus dem Wagen. Die Überraschung war eine so große, und die verkleideten Musketiere warfen sich mit solcher Schnelligkeit und Kraft auf die Insassen des Wagens, daß diese trotz ihrer Stärke in Zeit von zwei Minuten überwältigt und gebunden waren. Nun verließ auch der Pflasterhändler den Wagen die Plahe wurde wieder aufgezogen, und da die Gefangenen auf dem Boden des Wagens lagen, so blieben sie für jeden Vorübergehenden unsichtbar.

Der Fürst sah sich die Gesichter seiner Retter an.

»Korporal Schröter, Er Himmelhund, Ihn kenne ich. Wem habe ich Das zu verdanken, he?«

»Dem da, Durchlaucht!« Er deutete auf Goldschmidt.

»Ihm?! Ihm, Hundsfott, Ihm?«

»Ja,« antwortete der Gefragte bescheiden.

»Aber wer ist Er denn?«

»Ein Pflasterhändler, wie ich Ew. Durchlaucht ja bereits schon einmal sagte.«

»Schnickschnack! Ein Pflasterhändler hat kein solches Herz wie Er!«

»Warum nicht? Aber wollen Ew. Excellenz nicht diesen Anzug ablegen?«

»Den? Schofel genug sieht er aus. Aber ich kann doch nicht mit nacktem Leder in der Welt herumlaufen.«

»Ich habe einen Anzug mit.«

»Einen Anzug? Sapperment, so handelt es sich wohl gar um einen vorher überlegten Plan?«

»Allerdings. Hier sind die Kleider.«

Der Fürst griff zu. »Heilige Pomade, das ist ja mein richtiger Anzug! Von wem hat Er ihn?«

»Von dem Feldwebel Goldschmidt.«

»Weiß Der um die Sache?«

»Ja.«

»Na, da brauche ich mich nicht zu wundern! Wartet hier. Ich werde da zwischen die Bäume treten und den Hefenkloß mit einem andern Gottfried vertauschen.«

Der Fürst trat hinter die Bäume. Nach einer schicklichen Zeit folgte ihm der Händler. »Verzeihung, Durchlaucht, daß ich herzutrete, aber ich habe Mehreres zu sagen, was sonst Niemand noch zu wissen braucht.«

»Na, blase Er los!« meinte Leopold, indem er mit den Armen in die Weste fuhr und dann die Halsbinde umlegte.

»Excellenz wollten die drei Hillmänner und die zwei Peters fangen. Das ist geschehen. Wir haben sogar noch Einen mehr, nämlich den Polizisten.«

»Ja. Dieser Coujon kommt mir nicht wieder frei! Aber sage Er mir beim Teufel, wer Er ist!«

»Das hat noch Zeit. Jetzt sind andere Dinge nothwendiger. Wollen Ew. Durchlaucht noch einen Fang thun?«

»Her damit! Ich habe heute gerade meine Rage! Wen meint Er?«

»Den Oberlieutenant von Hartegg.«

»Den? Wo soll ich Den kriegen?«

»Ferner den Prinzen Friedrich Ludewig von Hannover.«

»Friedrich Lud – – – Himmel, Heiland, Schwert und Wolken! Wenn ich Den bekommen könnte, gleich zehntausend Thaler gäbe ich! Aber auf preußischem Gebiete müßte das sein; anders nicht.«

»Das ist es auch! Also den Prinzen, den Hartegg und noch vierzig hannöversche Soldaten dazu.«

»Ist Er bei Troste!«

»Sehr!«

»Na, es passirt in der Welt viel, was man für rein unmöglich hält, aber wie ich zu einem solchen Fange kommen soll, das möchte ich denn doch erst hören.«

»Wenn Ew. Durchlaucht mich bis heute nach Mitternacht[281] nicht mehr fragen will, wer ich bin, so werde ich es erklären.«

»Potz Tausend, ist Er ein Geheimnißkrämer. Na, sei Er, wer Er sei; ein Freund ist Er; das hat Er mir ja jetzt bewiesen. Ich werde nicht fragen. Und nun rede Er!«

»Heute ist in Lenzen Jahrmarkt – – –«

»Das weiß ich!«

»Da giebt es im Gasthofe ›zum Mecklenburger‹ Tanz –«

»Das versteht sich!«

»Der Hartegg logirt dort.«

»Der Schlingel!«

»Er kann nicht dafür, Durchlaucht. Der Prinz kommt von Lüchow herüber zum Tanze, natürlich verkleidet.«

»In Lüchow ist er?«

»Ja. Auf dem Schlosse.«

»Mache Er mir keine Flausen vor!«

»Er ist bereits mit dem Hartegg in Dessau gewesen, um Excellenz in der Kirche zu sehen.«

»Was! Hätte ich Das gewußt, so hätte ich ihm den Klingelbeutel um den Kopf geschlagen, daß ihm angst und bange geworden wäre!«

»Dann ist er nach Lüchow gegangen, um dem Hartegg die Liebau abspenstig zu machen und mit ihr zu schameriren.«

»Kerl, Er ist ja allwissend!«

»Die hat ihn aber schön abfliegen lassen.«

»Freut mich!«

»Nun will er sich an ihr und Hartegg rächen, indem er den Oberlieutenant zwingt, in Lenzen Dummheiten zu machen.«

»Was für welche?«

»Es sind von Dannenberg vierzig Grenadiere herübergekommen, natürlich in verschiedener Bekleidung, aber wohl bewaffnet. Die tanzen mit im ›Mecklenburger‹ und auf ein Zeichen des Prinzen sollen sie über die anwesenden Bursche herfallen, um sie fortzuführen.«

»Alle Wetter! O, Denen will ich aber heimleuchten! Mensch, wenn das wahr ist, so werde ich es Ihm fürstlich lohnen, und wenn Er meinetwegen der Teufel oder Methusalem oder der ewige Jude ist! Wo ist der Goldschmidt?«

»In Lenzen.«

»Schön, schön! Wir haben keine Zeit zu verlieren. Fort von hier!«

»Ich denke, Ew. Durchlaucht können die Gefangenen hier dem Korporal Schröter anvertrauen. Er ist ein braver und zuverlässiger Mann.«

»Meint Er? Na, meinetwegen! Aber wie ist Er zu diesen Musketieren gekommen; Er Teufelskerl Er?«

»Ich habe sie mir aus Wittenberge geholt.«

»So hat also Er den Plan zu meiner Befreiung entworfen?«

»Ja.«

»Und Er hat vom Hauptmann von Zörner die zwanzig Kerls sofort auf Seinen Wunsch erhalten?«

»Sofort.«

»Das wird ja immer geheimnißvoller! Da ist Er jedenfalls kein Gevatter Schuster oder Nadelmacher!«

»Möglich!«

»Na, meinetwegen! Jetzt haben wir keine Zeit. Will Er gleich mit mir nach Lenzen?«

»Wenn Excellenz gestatten!«

»Ja, komme Er mit! Ich bin ganz und gar überrascht und überrumpelt worden, und da soll Er mir unterwegs erzählen. Den Leuten hier werde ich meine Befehle ertheilen. Wir haben nun fünfzig Mann; Zwanzig hier und Dreißig in Lenzen. Damit sind wir dem Prinzen mit seinen Grenadieren mehr als gewachsen!«


Im Gasthofe »zum Mecklenburger« ging es heute Abend nun allerdings sehr lebhaft und lustig her. Der mächtig große Saal faßte viele Menschen, und so waren sie denn auch gekommen, die Jungburschen und Dirnen aus der Stadt und ihrer nächsten Umgebung, aus Garz und Mödlich, aus Lanz und Verwitz, aus Melleu und Deibow, vielleicht noch weiter her. Auch viele Fremde waren da, kernige, gewandte Gestalten, flotte und ausdauernde Tänzer, die man hier noch niemals gesehen hatte, und auf welche die hiesigen Bursche beinahe eifersüchtig werden wollten, denn sie nahmen immer die schönsten Mädels und die leichtfüßigsten Tänzerinnen für sich hinweg.

In einer Ecke des Saales standen zwei junge Männer neben einander. Sie tanzten nicht; sie beobachteten blos.

»Hat Er alle Vorkehrungen getroffen, Hartegg?« frug der Jüngere.

»Ja.«

»Liegen die Kähne bereit?«

»Alle.«

»Die Gewehre scharf geladen?«

»Wie es Ew. Hoheit befohlen haben. Allerdings hätte ich gewünscht – – –«

»Still! Was Er wünscht, das geht mich nichts an! – A propos, weiß Er, daß ich mich in Lüchow köstlich unterhalten habe?«

»Möglich! Mit dem Verwalter Hartig jedenfalls.«

»Pah! Mit Seiner Liebau! Donnerwetter, die hat Race! Und prüde oder hart ist sie auch nicht; das muß man sagen. Aber, wer mag denn der Kerl sein, der dort am Schänktische steht?«

Hartegg's Augen folgten der angegebenen Richtung. »Kenne ihn nicht. Jedenfalls ein Handelsmann, der auf dem Markte feilgehalten hat. Der Mensch muß einen fürchterlichen Schmiß erhalten haben!«

»Den nehmen wir nicht, so viel steht fest. Er hat beinahe ebenso ein Maulschellengesicht wie der lange Gimpel, der dort am Pfeiler steht. Sehe Er nur diese Nase, die er hat. Ein wahrhaftiger Papagey! Diese Beiden lassen wir sicher ungeschoren, denn so eine Physiognomie kann ein ganzes Regiment zum Spott und Gelächter machen.«

»Wollen wir nicht beginnen, Hoheit? Es wird gleich 1 Uhr sein!«

»Warte Er noch fünf Minuten. Ich muß erst mit den Musikanten reden. Denen mache ich Etwas weiß, um uns die Sache zu erleichtern.«[282]

Der, welchen der Prinz einen Gimpel genannt hatte, schlenderte jetzt langsam und gemächlich nach dem Schänktische hin, wo er neben dem »Maulschellengesicht« stehen blieb.

»Fertig?« frug er.

»Ja,« antwortete der Andere.

»Wo?«

»In einer Stube draußen im Gange. Ich darf nur das Zeichen geben.«

»Aber die Liebau?«

»Ist soeben gekommen.«

»Ah! Die Grunert mit?«

»Auch. Der Wirth hat sie in unserer Stube eingeschlossen.«

»Donner und Wetter, das wird amüsant! Nachher aber sagt Er mir auch, wer Er ist!«

»Gewiß!«

»Der Goldschmidt fehlt noch immer?«

»Noch immer.«

»Den lasse ich Spießruthen laufen! Wenn nur die Kerls endlich einmal anfangen wollten! Mir ist die falsche Nase ganz durchschwitzt. Wenn sie mir herunterfällt, stehe ich für nichts. Ah, er redet mit den Musikanten! Es ist doch Alles in Gewehr und Uniform?«

»Parademäßig.«

»Er ist weiß Gott ein Teufelskerl! Wie bringt Er das nur so schnell fertig!«

In diesem Augenblicke stieß der Trompeter des Musikcorps eine Fanfare aus, bekanntlich der Ruf zur Aufmerksamkeit auf Tanzböden. Dann erklärte er der lauschenden Menge, daß Jemand vorhanden sei, der den Versammelten eine große Überraschung bereiten wolle. Zu diesem Zwecke möchten sich aber doch die Mädchen links und die Bursche rechts aufstellen.

Dieser Aufforderung wurde lachend und bereitwilligst Folge geleistet. Kaum aber war die Ordnung gebildet und Ruhe eingetreten, so stellte sich der Prinz in eigener Person in die Mitte des Saales.

»Paßt auf, Ihr Bursche!« rief er gebieterisch. »Seine Majestät der König von England braucht Soldaten. Ich werde hier auswählen. Wer sich dagegen muckst, Den schießen wir nieder!«

Er hatte plötzlich zwei Pistolen in den Händen, und zu ihm traten jene fremden Tänzer, jetzt mit derselben Waffe bewehrt. Es erhob sich ein fürchterlicher Tumult, den aber eine laute, donnerähnliche Baßstimme durchdrang: »Thüre auf! – Vorwärts marsch! – Halt! – Rrrrechts um! –Legt an.« – Drei Mann breit kamen die Preußen hereinmarschirt. Keiner hatte ein Stäubchen auf der Montour. Alles war sauber und exact wie bei einer Revision. Ehe die vollständig verdutzten Hannoveraner sich die Möglichkeit einer solchen Überraschung erklärt hatten, sahen sie die Läufe von fünfzig geladenen Gewehren auf sich gerichtet.

Der, welcher kommandirt hatte, trat auf den Prinzen zu und zog seine Nase vom Gesichte. Dann schob er sich das hereinhängende Haar aus der Stirn und öffnete den Rock, unter welchem mehrere hohe Orden hervorschimmerten.

»Ich bin der Leopold von Dessau; versteht Er mich? Er wird mich kennen, denn Er ist ja eigens herübergekommen, um sich in der Dessauer Kirche meine Fratze zu begucken. Wenn Sein König von England Rekruten braucht, so mag er sich einige Hundert Lüneburger Haideschnucken einexercieren lassen; die haben lange Schwänze und können damit ohne Pulver schießen. Zu uns aber komme er ja nicht, sonst kriegt er das Laxiren. Wenn Er Seinen Himmelhunden nicht sofort befiehlt, ihre Schlüsselbüchsen einzustecken, so nenne ich allen diesen Leuten Seinen Namen und lasse auf Ihn und die Seinigen Feuer geben. Ich werde Euch Hallunken lehren im tiefsten Frieden mit bewaffneter Hand hereinzubrechen, um diesen wackern Mädels ihre Tänzer wegzunehmen! Na, was steht Er da und glotzt mich an? Entscheide Er sich!«

Der Angeredete stand in tiefster Verlegenheit vor der Heldengestalt des in so vielen Schlachten erprobten Haudegens.

»Durch–laucht!« stotterte er.

»Na? – Ewig warte ich nicht!«

Da trat Hartegg herzu. Sein Gebieter hatte ihm das Kommando weggenommen; darum war er in der Ecke stehen geblieben. Sein militairischer Blick sagte ihm, daß keine Rettung möglich sei, und zugleich fühlte er, daß die Röthe einer tiefen Scham sein ganzes Gesicht überglühte. Es war für ihn der Augenblick gekommen, wo er handeln konnte. Er war in Civil, dennoch aber stellte er sich wie im strengsten Dienste aufrecht vor den Dessauer hin.

»Durchlaucht, Excellenz, glauben Sie, daß ich es bin, der diese Situation verschuldet hat?«

»Nein. Er ist kein solcher Esel!«

»So lassen Durchlaucht es nicht mir und meinen Leuten entgelten! Es sind wackere, ehrliche Bursche, die ebenso gehorchen mußten wie ich!«

»Höre Er, das ist ein rechtes Wort zur rechten Zeit. Hier hat Er meine Hand, und kommandiere Er Hahn in Ruh!«

Hartegg winkte, und seine Leute steckten die Pistolen ein.

»Durchlaucht, ich erkläre mich mit sammt diesen vierzig Mann für gefangen!«

»Schön! Und Dieser hier?«

»Er geht mich jetzt nichts mehr an!«

»Na, ist Er endlich einmal gescheidt geworden! Lasse Er Seine Leute antreten. Sie mögen mit den Meinigen abmarschiren, und ich verspreche Ihm, daß ich bestens für sie sorgen werde.«

»Wo geht es hin?«

»Zunächst in die Stube da hinüber, wo sie ihre Waffen abzuliefern haben. Das Weitere werde ich später mit Ihm besprechen.«

Da ermannte sich Prinz Friedrich Ludwig.

»Excellenz, ich protestire!«

»Das erlaube ich Ihm gern! Überlege Er es sich nur, wie Er das anfangen will! Hartegg, mache Er los!«

Der Lieutenant ließ seine Leute »Reih und Glied« bilden; die Preußen nahmen sie zwischen sich und marschirten ab. Als der letzte Mann verschwunden und die schwere Gefahr also sicher beseitigt war, erhob sich ein stürmischer Jubel.[283]

Der Fürst wehrte mit beiden Händen ab. »Rrrrruhe!« kommandirte er mit dröhnender Stimme, der nichts widerstehen konnte. »Hört, Kinder, heute stand Euch einmal das Messer an der Kehle, aber der Herrgott hat es nicht geschehen lassen. Seid ihm dafür dankbar, indem Ihr Euch recht lustig macht. Ich werde fünf Faß ›alten Klaus‹ für Euch bezahlen. Aber besauft Euch nicht, Ihr Schwerenöther, sonst reite ich Euch auf's Leder und lasse Euch fuchteln, daß die Haut zerplatzt. Jetzt vorwärts marsch! Wir haben noch mehr zu thun!«

Leopold nahm Friedrich Ludwig beim Arme; Hartegg und der Pflasterhändler folgten.

»Hurrah! Hoch der alte Dessauer! Vivat hoch!« jauchzte es aus allen Kehlen männlichen und weiblichen Geschlechtes hinter ihnen her.

Die vier Männer überschritten den Vorplatz, und der Händler öffnete eine Thüre.

»Hier hinein!« gebot der Dessauer, indem er seinen Gefangenen vor sich herschob.

Das Licht mehrerer Kerzen erleuchtete den Raum, in welchem zwei Frauen standen: Auguste von Liebau und Anna Grunert.

»Auguste!« rief Hartegg überrascht.

»Ernst!« sprach sie. »Ich kam, Dich zu warnen!«

»Ist nicht mehr nöthig!« brummte der Dessauer. »Der Matsch ist nun vorbei. Setzt Euch Alle! Ich will hier einmal Gericht halten!«

Der Fürst wandte sich zunächst an Auguste. »Höre Sie, was macht Sie mir denn für Faxen!«

»Durchlaucht, ich bin mir nicht bewußt, irgend – –«

»Papperlapapp! Sie ist eine Preußin und will partout da diesen Ausländer zum Manne haben! Hat Sie denn gar so viele heimliche Fehler und Gebrechen an sich, daß Sie nur noch in der Fremde zu Ehren kommen kann? Mit Ihrem Vater habe ich auch ein Wort zu reden! Aber sehe Sie sich einmal diesen Schlingel an, der sich für einen Pflasterhändler ausgiebt. Der hat ein gutes Wort für Sie eingelegt, und weil ich selber glaube, daß Ihr da einmal Ihr junges Herz einen Streich gespielt hat, so mag Sie den Hartegg heirathen. Will Sie ihn noch haben?«

»Durchlaucht – – –«

»Schon gut! Aber ich mache eine Bedingung!«

»Sagen Ew. Excellenz, welche Bedingung das ist!« bat Hartegg.

»Er tritt als Offizier in mein Halle'sches Regiment!«

»Ich habe in letzter Zeit einsehen müssen, daß dies ein großes Glück und eine ebenso große Ehre für mich sein würde, aber es ist mir angedroht worden, daß ich den Abschied nicht erhalte.«

Da wandte sich der Fürst an den Prinzen: »Ist das wahr, Hoheit?«

»Ich kann es nicht bezweifeln!«

»Donnerwetter, so bezweifle ich es! Ich will Euch einmal Etwas sagen, und davon beißt keine Maus und kein Elephant ein Stück herunter. Ihr seid ein noch junges Blut und habt als solches unüberlegt gehandelt. Hättet Ihr dem Hartegg gefolgt, so stecktet Ihr jetzt nicht bis über den Hals im Syrup. Wir werden ein Dokument abfassen, in welchem Ihr auf Euer Ehrenwort erklärt, dem Hartegg noch im Laufe dieser Woche einen ehrenvollen Abschied zu ertheilen und ihm in Beziehung auf seine jenseitigen Güter und Connexionen nicht das Geringste in den Weg zu legen. Thut Ihr das, so seid Ihr entlassen, und der Hartegg behält das Dokument zum etwa nöthigen Gebrauch in seiner Hand. Weigert Ihr Euch aber, so kenne ich Euch nicht und behandle Euch als einen Menschen, der mit bewaffneter Hand hier eingebrochen ist, um Menschen zu rauben. Ich werde dies dem Kaiser und dem Reiche verkünden, und dann mag Er sehen, was d'raus wird! Entschließe Er sich kurz. Ich habe keine Zeit!«

»Ich kann mich unmöglich bestimmen lassen durch irgend einen – – –«

»Still! Ja oder Nein will ich hören, weiter nichts. Nun!«

»Man kann doch unmöglich in dieser – – –«

»Gut, gut! Schaffe Er ihn hinüber zu den Andern!«

Der Händler, welchem dieser Befehl galt, faßte den Prinzen Friedrich Ludwig am Arme. Dieser erkannte nun, daß er sich fügen müsse.

»Nun wohl. Ich weiche der Gewalt und werde unterschreiben!«

»Na, der Gewaltthätige muß sich eben auch wieder Gewalt gefallen lassen! Also abgemacht, Hartegg?«

»Abgemacht, Durchlaucht!«

»Mit einem Paare bin ich also fertig. Nun zu Ihr, Sie kleine Hexe mit dem Ohrfeigenhändchen. Wo hat Sie denn Ihren Goldschmidt?«

»Soll ich ihn heirathen, Durchlaucht?«

»Na, ich denke, Sie will ihn!«

»Freilich! Aber wo ist er denn?«

»Der Kerl ist spurlos verschwunden. Dieser Hallunke hat nach Wittenberge gehen wollen und kommt nicht wieder. Es muß da eine sehr wichtige Abhaltung gegeben haben, da er gerade heute fehlt.«

»Durchlaucht, ich habe keine Lust, auf einen Mann zu warten, welcher mir und seinem Kriegsherrn davonläuft!«

»Wa–wa–was?«

»Ich werde einen Andern heirathen?«

»Bombenelement, bei Ihr ist's wohl nicht mehr geheuer? Sie springt ja ab wie Fensterglas! Wen will Sie denn an seiner Stelle nehmen?«

»Den da!«

»Den? Den Pflasterkasten. Sehe Sie sich nur einmal sein Gesicht an!«

»O, das macht mir nicht bange. Ich weiß es zu behandeln!«

»Wie so denn, he?«

»So!«

Anna zog dem Händler die entstellende Perrücke vom Kopfe und löste ihm den Bart behutsam vom Gesichte.

»So, Durchlaucht! Diese Beule und der Vogelleim sind leicht abzuwaschen.«[284]

Fürst Leopold sperrte den Mund auf und stemmte beide Fäuste in die Seiten.

»Goldschmidt! Feldwebel! Er ist's? Er hat mich für den Narren gehalten, Er Millionenhund und Hanswurst Er? Das ist mir doch zu toll! Das macht mich bankerott an mir selber! Nun kann ich meinen eigenen Augen nicht mehr trauen. Klext sich der Racker eine Beule auf die Nase, klebt sich einen Borstenwisch um's Gesicht und pflanzt sich diese Atzel auf den Kopf, um mich an der Nase herumzuführen! Was thue ich denn nur mit Ihm Chamäleon, he? Nun allerdings geht mir ein Seifensieder auf! Nun begreife ich Alles, wie es gekommen ist! Nun glaube ich auch an Seine Weissagerei, mit der Er mich um vierzehn Thaler zwanzig Silbergroschen und neun Pfennige geprellt hat, Er Spitzbube ewiger!«

»Durchlaucht, ich brauchte das Geld! Ew. Excellenz glauben gar nicht, wie ich habe laufen, rennen und jagen müssen, um das Alles fertig zu bringen. Dabei werden die paar Groschens Löhnung alle und – – –«

»Schon gut; ich raisonnire ja auch gar nicht! Ich weiß, daß Er schier über Sein Vermögen gethan hat, und das soll Ihm auch vergolten werden. Aber sage Er mir, ob Er dieses Weibsbild noch haben will!«

»Na, und ob!«

»Das geht aber nicht so leicht! Sie hat mir einen Kuß versprochen, wenn ich Ja sage!«

»Donnerwetter, Durchlaucht, das ist freilich schlimm!«

»Warum denn, he?«

»Der Schmatz, der ist doch nicht meine, sondern ihre Sache. Wenn sie ihn nicht geben will, Sapperment, so werden Ew. Excellenz ihn doch nicht etwa von mir verlangen!«

»Na, Er wäre mir der Kerl darnach mit Seinem Weiermüller-Universalpflaster-Gesicht, das grad aussieht wie ein umgestülptes Rattennest! Rede Er einmal ein Wort mit ihr! Wenn ich den Schmatz kriege, so bekommt sie Ihn, sonst aber nicht!«

»Du, Anna, wie meinst Du denn?«

»Ich habe es Durchlaucht schon gesagt: Drei für Einen!«

»Schön! Ich halte Sie beim Worte. Den Ersten nehme ich mir jetzt, den Zweiten bei der Hochzeit und den Dritten, wenn ich bei Euerm ersten Bengel Pathe stehe. Abgemacht!«

Der Fürst nahm die Anna Grunert beim Kopfe und gab der Hocherröthenden die erste von den drei stipulirten Raten.

»So, heute geht es wenigstens ohne eine Backpfeife ab, Sie Xantippe oder Brigitte, oder wie das Weibsen damals geheißen hat, als sie dem Weisen aus dem Morgenlande das Wasser auf den Kopf goß! Und damit mir unter Euch Vieren nicht etwa gar eine Verwechslung vorkommt, will ich es einer Jeden noch einmal einschärfen, an wen sie sich zu halten hat: Sie, Auguste von Liebau, bekommt den Herrn Hauptmann Ernst von Hartegg, und Sie, Anna Grunert, erhält den Seconde-Lieutenant Wilhelm Goldschmidt. Und damit Ihr das nicht vergeßt, werde ich schon baldigst für die schriftliche Zufertigung sorgen!«

»Durchlaucht!« riefen acht Lippen zu gleicher Zeit.

»Na, so schreit mich nur nicht über den Haufen! Jedem Das, was er verdient! Und damit Er es weiß, Goldschmidt, es wird sich wohl Einer finden, der Sorge trägt für Seine Equipirung und für die Ausstattung Seiner Braut. Punktum, Pasta, Sela!« – – –[285]

[Fußnoten]

1 [Heft Nr. 4 fehlt, A.d.H.]


2 [Heft Nr. 12 fehlt, A.d.H.]


3 Geld.

Quelle:
Ein Fürst-Marschall als Bäcker. Humoristische Episode aus dem Leben des »alten Dessauers« von Karl May. In: Deutsche Gewerbeschau. 4. Jg. Dresden (1882). Nr. 18.
Lizenz:

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