Dreyzehnte Scene.

[41] Eine große Wolke senkt sich herab, auf der Jupiter, Ganymed, Venus, Apollo und Merkur sitzen.

Vorige.


ORPHEUS.

Ein schönes Fuhrwerk für unsre Zeit, meiner Treu,

Man spart Sattler, Wagner, Haber und Heu.

Und ist sicher, daß man nicht niedergführt wird,

Was einem durch d' Fleischhackerwägen so leicht jetzt passirt.

PLUTO.

Servus humilissimus – das ist recht schön,

Lassen Sie Sich doch wieder bey mir einmahl sehn.

Sie sind ja so selten, wie die weißen Spatzen?

ORPHEUS.

Die Götter sind auch so falsch wie die Katzen.

Erst schimpft er, daß s' kommen, jetzt schmeichelt er ins Gsicht,

Grad wie auf der Welt, es ist d' nähmliche Gschicht!

JUPITER.

Hast du was Guts in der Kuchel, so wirst du beehrt,

Wir fressen's dir weg, so wie sichs gehört.

PLUTO.

Sonst gar nichts besonders, als ein paar Schwaben,

In der Sauce, die 's Holz vertheuert haben.

Ein Weib – klein zerschnitten zum Salat,[41]

Die sechs Männer durch Bosheit ins Grab bracht hat.

Und ja, sapperment, ein Wucherer, er ist beym Rosten,

JUPITER.

Wenn er ausgebraten ist, laß mir ein Stückl kosten.

ORPHEUS.

Von dem ganzen Speiszettel, auf mein Gwissen,

Wenn 's noch so wohlfeil ist, verlang ich kein 'n Bissen.

JUPITER.

Doch bevor wir noch essen, so mach mit großem Mund

Dir unser Herold den göttlichen Willen kund.


Merkur räuspert sich.


ORPHEUS.

Der Kerl reißt 's Maul auf wie ein Stadtthor,

Er wird uns doch nicht schlucken? ich seh mich vor.

MERKUR.

Sintemahl und alldieweilen wir vernommen,

Es sey des Orpheus sein Weib durch Todfall abhanden gekommen,

Er aber als ein veritabler Hefendalk,

Sich die Haar ausrauft um den garstigen Balg;

Wir auch ferners haben genau überlegt,

Und das pro und contra deutlich erwägt,

Daß so ein Weibsbild, bös wie die Raben,

Maßen wir ohnehin schon drey Furien haben,

Auch in der Höll nur Spektakel machen thät,

Die Welt aber ein böses Weib weniger hätt',

Was nicht seyn darf – so haben wir resolvirt,

Daß sie dem Bittsteller werde restituirt,

Unter der Condition – sie ist streng und scharf –

Daß er beym Fortführen sich nicht umschauen darf,[42]

Bis er vor der Linie draus ist, sieht er sich eher um,

So kriegt er sie nimmer das boshafte Trumm.

Actum im Olymp. Das versteht sich am Rand,

Unterschrieben hats der Jupiter mit eigner Hand.

ORPHEUS.

Das ist ein Gnad, wer kanns den Göttern vergelten?

PLUTO.

Ich könnt jetzt teremtete, wie ein Czikosch gleich schelten.

VENUS zu Orpheus.

Das hast du mir zu verdanken, vergiß nicht!

ORPHEUS.

Ah Schnecken,

Wer was haben will, muß sich überall hinter d' Weiber stecken.

JUPITER.

Man bring' ihm sein wilds Schatzerl, dann kann er sich trollen,

Wenn's ihm zu viel wird, um er ihren Tod wird wollen,

So schreyt er umsonst herauf, wir sind taub allerseits,

Hat er's so wollen, so trag' er sein Kreuz.

PLUTO.

Ich hör sie schon kommen, o das ist ein Schmerz,

Bey dem Abschied bricht mir mei höllisches Herz.

ORPHEUS.

Sie kommt, ich wackel vor Freuden wie ein Opferpagodl,

Ich möcht' Sprüng machen, wie der Döblinger Jodl.


Quelle:
Carl Meisl: Theatralisches Quodlibet, Pesth 1820, S. 41-43.
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