Neunte Scene.

[66] Venus und Mars.


VENUS.

Marserl, setz dich her zu mir auf's Kanapee,

Na – so rück näher, ich thu dir nicht weh.[66]

MARS.

Ich fürcht mich nicht vor siebzigtausend Husaren,

Was hätt' ich denn bey einem Weibsbild für Gfahren.

Ich bin ein Weiberfreund, und lauf nicht vor der Schürze,

Aber jetzt reden S' Madam, ich liebe die Kürze.

VENUS.

Du weißt, ich kann ohne dich gar nicht leben.

Allen übrigen Amanten hab ich den Abschied gegeben.

Aber ein Husarenuniform – pfiffig und knapp,

Die macht auch's sprödeste Weiberherz schlapp.

Überhaupt trägt vielen Weibern die Garnison

Gewöhnlich beym Abmarsch das Leben davon.

Alle meine Liebhaber hab ich wegen deiner plantirt –

MARS.

Das ist alles recht, aber warum wird so viel parlirt?

VENUS.

In den Adonis war ich recht eingesprengt, das ist wahr –

Aber seit er ein Stutzer ist, ists mit uns gar.

Seit er ein Frackel trägt, wie ein Kellner im Haus,

Und ein paar Brillen, ists rein mit uns aus.

Ich kann die Herrchen nicht leiden, süß, wie ein Zucker,

Gewöhnlich sind diese Stutzer die fadesten Schlucker.

Der Paris hat mich einmahl interessirt,

Aber du lieber Himmel, er ist halt ein Hirt.

Und wir Weiber halten doch viel auf den Stand,

Wir vergessen oft's gute Herz übern Gwand.

Der Apoll hat mir auch die Cour gemacht, wie du's weißt,

Aber was ist er im Ganzen? ein schöner Geist.

Der Bacchus wär nicht übel; aber, da hätt' ichs troffen,

Der ist ja alle Tag vier Mahl besoffen.[67]

Ein besoffener Mann ist ein Glück für ein Weib,

S' schnarchen ist ihr einziger Zeitvertreib.

Der Merkur, der wär erst mein Ananas!

Das ist der schundigste unter Allen, das.

Der hat die löbliche Gwohnheit und publizirt,

Wenn ein Frauenzimmer mit ihm charmirt –

Und wenn ihm eine auch eine Ohrfeige gibt,

So sagt er doch, sie wär sterblich in ihn verliebt.

Nach dem Lappen kann mein Herz nicht dürsten,

Er ist gegen dich was der Bauer ist unter den Fürsten.

MARS.

Zeit wärs einmahl, daß sie Sich ordentlich betragen,

Einen Liebhaber kann man einer Frau nicht versagen.

Aber eine ganze Gallerie, das ist zu viel.

Wenn ich 'n Mann wär, da nähm' ich 'n Besenstiel –

VENUS.

O erinnere mich nicht an den Mann, an den Schmieden:

Dem Rußbartel ist so ein Weib, wie ich bin, beschieden!

O das war auch so eine Heirath, wirklich ganz modern,

Am Tag nach der Hochzeit schied man sich gern.

Man entschließt sich dazu, um nur eine Frau zu werden,

Denn der ledige Stand hat halt zu viel Beschwerden.

Zwar schenirt er mich nicht, ich müßt' wirklich lügen,

Einen bessern Esel kann keine mehr kriegen.

VULKAN hinterm Vorhang.

Na wart, der Esel hat lange Ohren,

Es geht ihm kein Wort von dem allen verloren.

VENUS.

Ich hab mir's gleich eingerichtet, er logirt hinten,

Und ich logir vorn; er machte wohl Quinten[68]

Von Anfang, aber ich gab halt nicht nach,

Und ich bin, wenn ich anfang, ein boshafter Drach.

An der Juno will und muß ich mich rächen,

Du must mir dazu deinen Beystand versprechen.

Dann lass' ich mich scheiden, oder ich geh zum Lohn

Mit dir, – wenn du willst – auf und davon.

MARS.

Topp, es gilt – ich nehm' deine Parthie,

Aber ich sag dirs, probir's bey mir nie

Mich zu papierln, denn ich bin ein Mann,

Und kein so Esel, wie der Musje Vulkan.

Ich schlage gleich drein, wenn ich dich ertapp

Auf unrechtem Weg, denn ich bin kein Lapp.

VENUS.

Ein Ehmann darf so was freylich nicht wagen,

Aber vom Liebhaber kann man schon Prügel ertragen.

Wohlan denn, wir sind jetzt ein Herz und ein Sinn,

Da nimm dieses Busserl zum Drangeld gleich hin.

VULKAN hervor.

So, bleibts hübsch beysammen, he Götter, herein!

Mein Kopf könnt das Schild aufm Jägerhaus seyn.


Quelle:
Carl Meisl: Theatralisches Quodlibet, Pesth 1820, S. 66-69.
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