[29] EIN WERBER so die Trummel rühren lässet / und also redet. Ist jemand / der nach grossem Geld und Gütern strebet / dem wil ich zeigen / wie er nicht zu etlichen tausend Kronen / sondern zu etlichen Tonnen Goldes kommen könne. Ist jemand / der nach Ehr und Dignitäten ringet / dem wil ich weisen / wie er durch die gantze Welt / in Europa, Asia, Africa, America, ja sogar in terrâ Australi incognitâ,[29] oder in denen gegen Mittag noch unerkundigten Ländern berühmet werden könne. Ist jemand / der nach Lust und Ergetzlichkeit trachtet / dem wil ich den Weg / wordurch er in lauter Lust und Freude gerahten möge / vor die Augen stellen.
ARIOPHILUS. Mein Herr / ich wolte gerne aller dieser Dinge geniessen. Ist nun wahr was der Herr ausgiebt / so eröffne er mir seine Anschläge / so dann wil ich / wenn ich sie wol gegründet befinde / seinem Rahte mit Willen folgen / und ihm Zeit meines Lebens unsterblichen Danck sagen.
WERBER. Hierzu hab ich jetzo nicht Zeit. Deñ der gewaltige Mars hat mir ernstlich anbefohlẽ / ohne Verzug die Trummel durch Italien / Teutschland / und andere provincien rühren zu lassen / u Völcker wider die treulosen / rebellirenden Portugiesen zu werben. Wird mir aber der Herr in meinem logament diesen Abend zusprechen / so wil ich ihm die Mittel / dadurch er gar leichtlich zu seinem Zwekke gelangen könne / handgreifflich vorlegen / daß er wird gestehen müssen / ich habe ihm weder Rauch verkaufft noch leere Hülsen vorgesetzt. A Dieu! Ich muß die Trummel weiter hören lassen.
Hier auf gehet er fort / biß an das andere Ende des Theatri, und repetiret seine ersten Worte / darnach gehet er ab / und kommt.
[30]
MUSOPHILUS der den Sohn anredet. Mein Sohn! Ach mein Sohn! was hieltest du jetzo vor ein Gespräch mit dem Werber / dem Ertz-Auffschneider? Weißt du denn nicht / ach du armes Kind / daß diese Leute / damit sie die Einfältigen fangen mögē / tausendmahl mehr daher schneiden / als sie in der That leisten können? Wenn du je nicht studiren wilst / so höre doch / worzu ich dir sonst rahten werde. De ob du wohl wegen deines Vngehorsams nicht werth bist / daß ich ferner ein Wort mit dir redete; so dringet mich doch meine Väterliche / tieff ins Hertz gepregte Liebe / daß ich dir noch einen guten Raht mittheile. Vnd dieser zielet da hinaus / daß du dich in ein Kloster begebest / und ein heiliger Mann werdest. Denn erstlich mangelt diesen Leuten gar nichts / was sie nur zu diesem zeitlichen Leben bedürffen / und haben nicht vonnöhten / von einer Messen oder Markte zum andern zu reisen / oder sich groß umb Nahrung zu bekümmern / wie ich thun muß. Darnach haben sie sich vor keiner weltlichen Obrigkeit zu förchten / sondern werden von Päbstlicher Heiligkeit / wenn sie noch so gröblich gesündiget / wider die Obrigkeit beschützet. Gehen drittens in den öffentlichen processionen allen Leyen / wie hoch und gekrönet sie seyn / weit vor / und dörffen den gantzen. Tag mehr nicht thun / als ihre horas Canonicas absingen: Verdienen nichts desto weniger den Himmel vor sich / und ihre Anverwandten.[31]
ARIOPHILUS. Was? Mönch? Klöster? Ich wolte lieber ein Schelm / als ein Mönch / werden? Wisset ihr denn nicht / lieber Vater / was die Mönche vor Vögel seyn? Wie sie ehrlicher Leute Weibern und Töchtern nachschleichen / und nachzusiellen pflegen? Sie scheinen wol heilig / sind aber nicht heilig: und verdienen nicht den Himmel / sondern die Hölle. Nein. Nein. Ich werde kein Mönch oder fauler Kutten-Hengst. Mein Gemüt ist so generòs und groß / daß es sich in einem engen Kloster nicht außbreiten kan. Wer weiß / ob die Welt groß genug ist / meine Thaten / mit denen ich schon schwanger gehe / zu fassen. Soldaten-Leben / lieber Vater / ist das beste und rühmlichste Leben. Ein Soldat streitet vor Gottes Ehre / vor die Kirche und Gottes dienst / vor das Vaterland / vor Eltern und Freunde ja vor die allgemeine Wolfahrt. Ist das nicht rühmlich? Ein Soldat lebet stets unter dem Pauken-Hall und Trompeten-Schall. Ist das nicht anmuhtig? Ein Soldat kan täglich neue und schöne Damen zu seinem Dienste haben. Ist das nicht erfreulich? Einem Soldaten müssen Bauren / Bürger / Edelleute / ja Herren / Grafen / Fürsten und noch höhere Personen den Beutel spikken. Ist das nicht ersprießlich? Nicht ein Mönch / sondern ein weltberühmter Soldat wil ich werden / und nicht alleine mich / sondern auch alle meine Freunde reich machen. Ja ich gedencke mich durch den Degen gar in den Fürstenstand[32] zu befördern. Wie gefällt euch das / Lieber Vater?
MUSOPHILUS. Ich mercke wohl / mein Sohn / daß du nur mit einem Auge sehest. Was etwa dieser oder jener aus dem Kriege theils recht / theils unrechtmässiger Weise an Gütern davon bracht / das hast du erblicket. Aber du hast nicht gesehen / wie viel hundert tausend in den bishero geführten Kriegen jämmerl cher Weise umbs Leben kommen / oder krumm / lahm / blind / Krüpel / mit Leusen / Schmach und Betteley wieder nach Hause gekehret seyn. So siehest du auch nicht das vielfältige Vngemach / Frost / Hitze / Blösse / Hunger / Durst / und dergleichen / das ein Soldat ausstehen muß. Wilst du derowegen recht sehen / so mußt du beyde Augen auffthun. Sonst wirst du dich schändlich betriegen / und meine grauen Haar mit Kummer in die Grube bringen.
ARIOPHILUS. Peraspera ad astra. Ein generós Gemüth achtet dieses alles nicht. Ich soll und muß ein Soldat werden / ob ich gleich wüste / daß man mir den Hals brechen / oder mich lebendig schinden würde.
MUSOPHILUS. Nun / nun / wem nicht zu rahten ist / dem steher auch nicht zu helffen. Du wirst einmahl erfahren / was du jetzt nicht glauben wilst.
Hierauff gehet er ab / und nach ihm auch der Sohn.
PHILOSOPHUS PRIMUS. Wenn die Rhetores de fine Rhetorices handeln /[33] so distingviren ihrer viel denselben in finem internum & externum. Von jenem sagen sie / daß er in potestate artificis zu suchen und zu finden; von diesem aber / daß ihn der Orator nicht allezeit erlangen könne / ob er gleich aller Mittel / so in der Kunst beschrieben werden / sich gebrauche. Vnd den nennen sie persvasionem, jenen aber Ornatam orationem. Daß nun diesem also sey / wie die Rhetores lehren / ist aus des Musophili Oration zu ersehen. Denn ungeachtet dieser alle argumenta, oder doch die vornehmsten / davon die artifices eloqventiae in genere Deliberativo handeln / adhibirer / um / seinem Sohne eine rechte Lust zu denen studiis Academicis zu erwekken; so hat er doch seinen Zwek nicht erreichen mögen: sintemahl derselbe von den Kriegs- Gedancken nicht zu bringen gewesen / wiewohl ihm Mars übel adfectioniret zu seyn scheinet / gestalt es sonder Zweiffel der Außgang bezeugen wird. Darnach ist ein alt Sprichwort: Dulce bellum inexpertis, das ist / Wer noch nie im Kriege gedienet / und doch gleich wohl siehet / wie es etlichen im Kriege geglükket / der bildet sich im Kriege lauter Hummelhonig ein. Vnd dahero kommt es / daß die jungen und unerfahrnen Leute weder der Eltern / noch der Praeceptorum admonitiones und dehortationes achten / sondern wie das thumme Viehe sich zur Schlachtbank führen lassen / auch ihres Vnglüks nicht ehe gewahr werden / als biß ihnen dasselbe über dem Kopffe zusammen schläget / wie Ariophilus erfahren wird.
Solche junge Leute aber verrahten sich selbst / und[34] geben zu verstehen / wie sie in der Vernunfftkunst noch nicht so weit kommen / daß sie verstünden / quod à particulari ad universale non valeat conseqventia. Elende und Läppische inductiones sind es / wenn man nicht darzu setzen kan: nec potest dari diffimile exemplum. Eben so Läppisch schliessen auch etliche andere / die sich an reichen Kauffleuten vergaffen. Denn weil sie sehen / daß dieser und jener / der die Kauffmanschafft erlernet / durch dieselbe zu vortrefflichen Gütern auffgestiegen / so meinen sie stracks / wenn sie sich auch auff die Handlung legeten / sie würden eben so reiche Kauffleute werden. Aber die armen Gesellen solten die Augen recht auffthun / und sehen / wie viel derer / so die Jahre bey vornehmen Kauffleuten ausgestanden / doch der Handlung wenig geniessen können / sondern endlich / wenn alle Strikke zerrissen / andere Nahrungs-mittel ergreiffen / und gestehen müssen / daß es ihnen entweder an einem rechten Kauffmans-Kopffe / oder an GOttes Segen / an dem alles gelegen / ermangelt habe. Endlich weiset das Exempel Musophili, daß es nicht rathsam sey / viel Kosten auff die Studia der Kinder zu wenden / die nicht von sich selbst eine recht feurige Begierde zu denen Studiis haben. Tu nihilinvitâ dices, faciesve Minervâ sagt der Poët. Wenn derowegen die Eltern sehen / daß ein Sohn zum studiren nicht tüchtig / oder keine Lust darzu trage / sollen sie ihn darzu nicht zwingen. Denn es heißt doch: Coacta ingenia malè respondent. Vnd hat der gute Musophilus wohl erfahren / wie übel seine Heller / die er[35] auff des Sohns Studia gewendet / angeleget gewesen. Studiren ist ein Werk / darzu man niemand zwingen soll. Wer nicht gut und freywillig dran gehet / den lasse man was anders / iedoch ehrliches / lernen / oder schreye hernach nicht die Praeceptores wie sauer Bier aus / als ob sie Schuld hätten / daß der Sohn nichts gelernet.
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