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[136] Wenn die Wasserwage
Das Unebne gleich macht,
So ist es still in der Seele des Weisen –
Es ist nicht die Stille des Grabes,
Sondern der hohen Mittagsstunde,
Wenn die Arbeiter im Felde ruhn,
Kein Lüftchen sich bewegt,
Und nur die summende Fliege
Dem Ohre vernehmbar wird.
Der Müde ruht im Schatten der Eiche,
Und goldne Träume umgaukeln seine Stirn.
Wie nächtliche Nebel rollen die Sorgen hin –
Die Sonne der Freuden glänzt –
Es hüpfen goldne Wellen
Auf sanftbewegter Fluth –
Und grüne Büsche spiegeln
Sich in dem klaren See –[137]
Der Träumer spricht: hier laßt uns Hütten baun!
Sein Genius steht lächelnd neben ihm
Und zieht den Vorhang mit Gebüsch und klarem See hinweg –
Nun ist die steile Felsenhöhe wieder da,
Die schon so oft dem Aengstlichträumenden erschien. –
Soll ich denn diese steile Höh' erklimmen?
Soll ich des Lebens Weg denn stets
Auf ungebahnten Steigen wandeln? –
Mit Muth erfüllt des Träumers Busen
Der Knab' im glänzenden Gewand –
Dem Schlummrer wird die Seele größer
Das Blut in seinen Adern,
Eilt schneller – und der Fels sinkt ein –
Ein leichter Sprung bringt ihn ins Weite –
Des Wandrers Schritt ist ungehemmt
Und unbegrenzt sein Blick. – –
Ausgewählte Ausgaben von
Andreas Hartknopfs Predigerjahre
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