[45] Hartwig. Scheffler.
HARTWIG. Wo ist denn mein alter guter Commerzienrath! Ah sieh da, Scheffler.
SCHEFFLER steckt das Manuscript ein. Ist der auch schon wieder da?
HARTWIG. Wo steckt denn der alte Bolzau?
SCHEFFLER. Er sitzt bei Tisch – ich bin –
HARTWIG. Kein Wort weiter – bei Tisch – das genügt vollkommen. Es ist einmal ungesund, bei Tische gestört zu werden und dann auch ganz gegen die gute Sitte. Es giebt aber Menschen, die gerade diese Stunde auswählen, weil sie dann sicher sind, daß man zu Hause ist. – Um sich einen Weg zu ersparen, werden sie rücksichtslos – man kann diese Sorte nicht schroff genug abweisen. Lassen wir also den guten Bolzau in Ruhe speisen, wir können uns in der Zeit etwas unterhalten.
SCHEFFLER. Er spricht und ich höre zu, das nennt der unterhalten! –
HARTWIG. Wenn ich erst meinen eignen Haushalt habe, würde ich auf die Essenszeit ganz besondere Rücksicht verwenden. Mein Diener würde ganz bestimmt angewiesen, in der Zeit –
SCHEFFLER. Du denkst also immer noch –
HARTWIG. An einen eignen Haushalt – welche Frage?
SCHEFFLER. Aber Du hast –
HARTWIG. Ich weiß Alles, was Du wieder sagen willst; – ich habe allerdings früher einige Fehler gemacht, doch nur in der Art und Weise, die Damen zu behandeln. – Meine übersprudelnde Laune muß das entschuldigen.[46]
SCHEFFLER. Man hat Dich –
HARTWIG. Man hat mich einigemal nicht verstanden, nicht begriffen – nicht gewürdigt. Seit der Zeit habe ich aber meinen Geist geschult, ich habe das weibliche Gemüth studirt. –
SCHEFFLER. Wie damals die Medizin –
HARTWIG. Kein Wort davon. Als ich erfuhr, daß der Mensch von mehr als 6000 Krankheiten befallen werden kann, daß es aber nur 248 Mittel dagegen giebt, überfiel mich ein gewisses Grauen und ich gab das traurige Geschäft auf. – Was nutzt dabei aller Geist? – Und Du weißt, ich habe Geist –
SCHEFFLER. Du hattest –
HARTWIG. Ein einfaches Ja genügt! So habe ich denn jetzt ein unfehlbares Mittel, die Weiber zu behandeln. Hör' also einmal zu.
SCHEFFLER resignirt. Was soll ich denn anders machen?
HARTWIG sehr schnell. Ich mache also vor allen Dingen eine Analyse des betreffenden weiblichen Gemüths. Die Weiber zerfallen in schwärmerische – schwermüthige – muntre und romantische – nur so in großen Zügen. Die schwärmerischen behandle ich mit Poesie – ich lese ihnen Gedichte vor – die schwermütigen mit Musik. Du kennst meinen Tenor; bei den munteren lasse ich meiner Laune, meinem Witz die Zügel schießen – und die romantischen, bei denen habe ich ein Universalmittel – ein Kniefall, das reißt sie hin, entzückt sie. Du siehst also – es kann mir gar nicht mehr fehlen.
SCHEFFLER. Nein gewiß nicht!