[Prolog]

[294] NARR.

Es ist ein alt harkomner sitt

den lan ich yetz ouch gältten

Das gwonlich louffend narren mit

in spylen von ye wältten

Wiewol man sy nit wort will han

man schempt sich unser allen

Yedoch man dron nüt schaffen kan

das thůt mir woll gefallen

Zů dem man mir den fortantz laat

vor allen disen possen

Das selb mir wyrde wol anstaat

ich han der witz genossen

Der selben wird ich mich yetz flyssen

fürhin zů aller zyt

Mich wurd sunst die hoffart bschyssen

narr schwyg du hast groß zyt.

PROLOGUS.

Hoch / wolgeleert / fürnemen / frommen

darum wir also grüst har kommen

Hat uns verursacht das alein

wyl man von alter har in gmein

Eerlicher spilen sich brucht hat

und sonders hie in diser statt

Als wir von alten vil hand ghört

nun aber sinds unwerd zerstört

Wyls nit heissen Commedien

old Latinisch Thragedien

Man spricht die jugend übt sich drinn

das ist auch unser aller sinn

Latin hat unser keinr gstudiert

wir sind nit also gschwind und gfiert

Das wir latinsch Commedien dichtn

drumb wir uns nach dem Tütschen richten

Wir bgärend auch hierinn zů leeren

und so mans uns gleych thůt verkeeren[294]

So sinds im grund grad söllich lüt

die uff den künsten haltend nüt

Nun habend wir betracht darnäben

das sölche ding nit sind vergäben

Unnd auch vermeint eerlicher sy

spyl üben dann die füllery

Obs schon lyblich kein nutz nit git

so ists doch gar vergäben nit

Als an der wand ein Spiegel glas

das zeigt dem menschen alles das

So im / im angsicht manglet / brist

wie wol es nun ein schatten ist

Zů glych wirt dises spyl erkent

der jungen mannen spiegel gnent

Als dann anzeigt das argument.

ARGUMENT.

Man schribt das gsin ein Richer man

an land und lüt groß gůt hab ghan

Der selb hat ghan ein einigs kind

der gleychen in der wält vil sind

Sein einigs Sünli / das er hatt

was der unnützest in der statt

Für hůren bůben zalt er frey

lag stätz in aller füllerey

Acrates war der jung genant

unnützem volck gar wol bekant

Syn vatter lag im stätz in oren

bim bůben war sein bit verloren

Deß buwt er in der selben statt

ein huß der glych kein burger hatt

Zů oberst in dem selben huß

war ein schön gwelb fast über uß

In mit dem gwelb war gmachet klůg

ein stein der groß gelt uff im trůg

Ein starcker strick im stein ouch hieng

so bald man daran zog so gieng

Unnd fiel das gold mit sampt dem stein

das hatt er darum gmacht allein

So er von diser wält schied ab

und dann der sun beseß sin hab[295]

So wurd er alles das uff ryben

das im nüt mer wurd überblyben

Demnach wurd er groß armůt lyden

die werd also sin hertz durch schnyden

Das er im anders nüt werd dencken

dann sich an einen strick zerhencken

Zeigt im deßhalb den strick und sgmach

so im huß stůnd under dem tach

Und bat inn daß er da sim läben

an disem strick wölt entschafft gäben

Damit sin letste schand uff erd

von keinem menschen gsehen werd

Der jung verschmacht deß vatters bit

als nach ist sölcher bůben sit

So bald und er sin geist uff gab

bsaß er deß gůts ein grosse hab

Leit bald von im sein leitlich kleid

unnd gab sich gar in alle fröud

Liederlich gsellen / eerloß lüt

uff denen sunst hielt niemand nüt

An die rouw in kein gold noch gält

als gmeinlich thůnd die kind der wält

Nun schickt es sich in wenig tagen

man fieng an von dem Sünli sagen

Wie er verthan hatt all sein hab

die er vor bkleidt hat / für sy gab /

By denen ward er gar unwerd

er dacht an vatter in der erd

Der im vom strick gwissaget hatt

er gieng und sůcht die selbig statt

Und maß den strick mit seinen henden

ob er möcht drinn sein läben enden

Zů hand der stein vom gwelb gieng uß

und fiel härab das gab ein gruß

Von gold und silber grosses gůt

das macht dem jungen hertz unnd můt

Er dacht ans vatters grosse trüw

ließ sich schnäll nider uff die knüw

Er kant vor Gott sein missethat

trachtet damit deß vatters rath

Danckt im das er inn hatt uß nott

errettet vor dem grimmen todt[296]

Laß uff das gelt ein grosse summ

ward demnach hußlich grecht unnd frumm.

PROLOGUS.

Nun habend wir die zyt betracht

unnd dise gschicht in Rimen gmacht

Mit bit ersam biderben lüt

ir wöllend üch lan duren nüt

Unnd flyßig achten uff diß spyl

darrin sind gůter leeren vil

Wie nach der lenge wirt verstanden

der Davus der ist schon verhanden

Der spricht selb uß und gibt zverstan

sein eignen namen unnd person

Damit dem spyl ein anfang geben

so hörend zů und merckend äben.[297]

Musica.


Quelle:
Jos Murer: Sämtliche Dramen. Berlin und New York 1974, S. 294-298.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stramm, August

Gedichte

Gedichte

Wenige Wochen vor seinem Tode äußerte Stramm in einem Brief an seinen Verleger Herwarth Walden die Absicht, seine Gedichte aus der Kriegszeit zu sammeln und ihnen den Titel »Tropfblut« zu geben. Walden nutzte diesen Titel dann jedoch für eine Nachlaßausgabe, die nach anderen Kriterien zusammengestellt wurde. – Hier sind, dem ursprünglichen Plan folgend, unter dem Titel »Tropfblut« die zwischen November 1914 und April 1915 entstandenen Gedichte in der Reihenfolge, in der sie 1915 in Waldens Zeitschrift »Der Sturm« erschienen sind, versammelt. Der Ausgabe beigegeben sind die Gedichte »Die Menscheit« und »Weltwehe«, so wie die Sammlung »Du. Liebesgedichte«, die bereits vor Stramms Kriegsteilnahme in »Der Sturm« veröffentlicht wurden.

50 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon