Ein Brief an M*** H***,

Cand. theol.

im Jahre 1820,

[69] als man zu L*** dem C*** M*** drei von ihm unglücklich gemachte Frauenzimmer anschuldigte.


O Herzensmonn!

Wos fang i on?

Wie übel bin i dermal dron!

Drei Menscher hoaßt's (i woaß net g'wiß),

San hier, wo Jede schwanger is,

Sagt Jede, i hätt's thon.


O meine Freund!

Wer hätt's denn g'meint,

(I wünschet's wahrhaft net mein' Feind'),[69]

Daß, wenn ma a Bißl karessirt,

So g'schwindi glei ein Unglück wird,

Wie oft hob i schon g'weint.


Die Ander sagt,

(I hob's schon g'fragt),

Sie hätt' mi schon am Stadtg'richt klagt,

Sie sagt halt, unterm Kirschenbaum

Wär's Unglück g'scheg'n; i glaub's halt kaum,

Und wenn si's zehnmal sagt.


Und itz die Dritt,

Die weint und bitt't

Und is schon ziemli dick um d'Mitt.

O meine Leut, dös sog i schon,

Daß i 's bei der net läugna konn;

Was nutzat's, wenn i stritt.


O liebe Frau,

Bin i a Sau,

Gibt's denn a solch' im ganzen Gau?

Was wird mein alter Vota sog'n,

Wenn mi di drei auf einmal klog'n?

Dös Ding, dös wird ihm z'rauh.
[70]

Itz sieht ma's schön,

Dös Kellageh'n

Dös kimmt mi itza theu'r z'steh'n.

Wie oft hat mir's mein Fraß-Bursch12 g'sagt,

Wie oft hob'n mi die Andern plagt,

Darnach hob i nix g'fragt.


Auf dero Goas13

War's oft so hoaß,

Im Zimma ficht ma jeden Schoaß.

No schleicht ma si zur Hausthür no,

Und kühlt si dort a Bißl oh,

No geht's halt manchn al so.


O Lichtenstern14,

Ruh' sanft im Herrn!

Dein Haus war wohl mein Unglücksstern.

Wie oft san wir in Kompagnie

Hinüber g'rennt, mein Hund und i,

Wie reut dös Ding net mi.
[71]

O meine Leut'!

O liebe Zeit!

Was nutzt denn mi die Vaterfreud'?

Mein Vater macht in oan Jahr zwei,

Sein braver Sohn auf oanmal drei:

Do is a Kunst dabei.


Sei doch so gut,

Und nimm an Hut,

Und sammel für mein leibli's Blut,

Was enker guter Will'n thuat sein,

Und schickt ma's in's Spital hinein,

I will g'wiß dankbar sein.


N S***r15 sog,

Was daß i' s wog,

Und hob an ihn a kloani Plog:

Er soll, san d'Kinder auf der Welt,

Sie tauf'n, aber ohne Geld;

Er woaß ja, daß ma 's fehlt.


Kommst du auf's Jahr

Auf deine Pfarr,

So denk': I bin a armer Narr![72]

Und nimm a Paar davon zu dir;

Der Himmel sei dein Lohn dafür,

Und sog, es sein von mir.

Und denk da halt:

»I bin schon z' kalt,

Es thuet 's halt net mit Teufelsg'walt.

Itz b'halt's is halt die kleine Kramm,

Vnd laß derzieg'n in Gottes Nam',

I bring a so nix zsamm.«

12

So nennen sich Bursche, die Tischgenossen sind.

13

Wirthshäuschen auf dem Hofberg, in früheren Zeiten mit 3 schönen Mädchen.

14

Dortmals Universitäts-Notar, wo des Verfassers Geliebte war.

15

Ein Cand. Theolog., ein Freund des Verfassers.

Quelle:
D. C. Müller: Gedichte, Aufsätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Rorschach 1853, S. 69-73.
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