Seiner Majestät dem König von Sachsen, Friedrich August dem Gerechten.
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Mein König!

So wag' ich es Ew. Majestät anzureden in der Sprache eines dankbaren Herzens, welches die kalten Formeln der Gewohnheit verschmäht. Unter Ihrem Scepter ward ich geboren; Ihren Lehrschulen verdank' ich, was ich an Bildung besitzen mag; Ihrer väterlich milden Herrschaft bin ich als Mensch und Bürger, als Gatte und Vater für die Wohlthat desjenigen Lebensglückes verpflichtet, welches dem genügsamen[3] Unterthan der ruhige Laus des Staatsschiffes auf gewohnter Bahn, und die gleichförmige Bewegung seines Ruderschlags gewährt. Diese Erinnerungen leben in meinem Gemüth; diese Gefühle heben meine Brust, wenn ich Sachsen mein Geburtsland nenne: und einzig zu dem Ausdruck derselben will ich die Gunst benutzen, Ew. Königl. Majestät diese Blätter widmen zu dürfen.

Ihr tragischer Inhalt ist entstanden in den letzten Monden einer heroisch-tragischen Geschichtsepoche. Die Einbildungskraft des Sängers zersprengte die Bande[4] der trüben Ahnungen, welche sein Gemüth umstrickten, und in dem freien, unermeßlichen Reiche der Dichtkunst entrann er dem herandringenden Schmerz, die freundliche Heimath seiner staatsbürgerlichen Verhältnisse um sich her verschwinden, und den einfachen Bau seiner Zufriedenheit von fremden Wogen umrauscht zu sehen. Was von jenen Ahnungen aus dem unlautern Quell selbstsüchtiger Befürchtungen mag geflossen seyn, ist nicht in Erfüllung gegangen. In einem minder gewohnten, doch mir nicht minder freundlichen Element des staatsgesellschaftlichen[5] Lebens bin ich aus meinen Träumen erwacht; weit über ihre Würdigkeit sind meine späten Bestrebungen, die dem ideellen Freistaate der Wissenschaften und Künste galten, von dem Staate geehrt worden, dem ich jetzt angehöre: und frei von jeder Regung, welche die Neigung mit der Pflicht entzweien könnte, schau ich aus den wichtigen Zeitpunkt meines Lebens zurück, wo ein männlich empfundenes Leid mit der kindlichen Lust am poetischen Schaffen wundersam in meinem Gemüth sich vermischte.

So hangt das heilige Andenken an [6] Ew. Königl. Majestät und an mein Vaterland innig mit meinem Bewußtseyn zusammen, der Urheber dieser Dichtung zu seyn. So ist se vielleicht mit allen ihren Mängeln nicht ganz unwürdig, Ihren Namen an der Stirn zu tragen. So übergeb' ich sie ruhig dem Strome der Zeit in welchem früher oder später die Helden und Königreiche der Einbildungskraft, wie die wirklichen, versinken.

Wie nah' auch immer der Untergang des kaum gebauten Fahrzeuges sei; so weit es kommt, lass es die altehrwürdig Fahne seiner Heimath sehen, und nenne[7] sich nach deren königlichem Herrn, der mehr als ein halbes Jahrhundert, tugendhaft auf einem Throne durchlebt, in die Richterwage der Nachwelt zu legen hat.


Ew. Königl. Majestät.


Weißenfels an der Saale,

am 15. März 1817.

unterwürfiger Verehrer

Müllner.

Quelle:
Adolph Müllner: Dramatische Werke. Band 3, Braunschweig 1828, S. 1-8.
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