Achter Auftritt


[379] Die Vorigen ohne Lenchen.


PEPPI Natzi zurückhaltend. Aber, Natzi, lassen Sie s' gehn; fürchten S' Ihnen denn, mit mir allein zu sein?

NATZI. Fürchten?

PEPPI. Es war eine Zeit, wo Sie g'schnappt hätten nach einer solchen Gelegenheit, mit mir zu sprechen.

NATZI. Du hast mich von dir gestoßen durch Sprödigkeit.

PEPPI. Hab' ich anders können als sittsamer Dienstbot'?

NATZI. Bist du also jetzt nicht mehr sittsam?

PEPPI. Sie haben ausg'schaut heut' in dem Anzug – so schön – so schön, daß mein Herz ganz –

NATZI. Also haben meine Reize endlich den Sieg davongetragen über landmädlerische Grundsätze und dienstbotische Ziererei?[379]


Duett


PEPPI.

Der Liebe süß Entzücken

Strahlt mir aus Euren Blicken,

Nur Ihr könnt mich beglücken,

Nur Eure Lieb' allein;

Doch konnte ich's nicht wagen,

Was in mir glüht, zu sagen,

Schon wollte bangen Klagen

Ich mich auf ewig weihn.

NATZI.

Wenn sanfte Lüfte wehen,

Werd' ich mit dir ausgehen,

Und dann sollst du es sehen,

Wie ich dich werd' traktier'n.

Ein Kälbernes mit Knofel

Ist gut, doch etwas pofel

Und ich, ich bin nicht schofel,

Zahl' dir a Plutzerbirn'.

PEPPI, NATZI zugleich.

Wann wird die Zeit erscheinen,

Die uns so wird vereinen,

O wär' es nur schon heut'!

Komm bald, du schöne Zeit!

PEPPI.

In Scherzen und in Lachen

Fliehn sanft die Stunden hin,

Der Frohsinn wird erwachen

Im liebetrunknen Sinn.

NATZI.

Ich lasse Hendln bachen,

Wenn ich bei Kassa bin,

Kühlen Champagner krachen,

Sind auch zwei Gulden hin.

PEPPI.

Sprich, ist das wahr?[380]

NATZI.

O zweifle nit!

PEPPI.

Und ist's Geld gar?

NATZI.

Geht's auf Kredit.

PEPPI.

In Scherzen und in Lachen

Fliehn sanft die Stunden hin,

Der Frohsinn wird erwachen

Im liebetrunknen Sinn.

NATZI.

Ich lasse Hendln bachen,

Wenn ich bei Kassa bin,

Kühlen Champagner krachen,

Sind auch zwei Gulden hin.


Nach dem Duett beide ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 379-381.
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