Vierzehnter Auftritt


[399] Specht, Mehlwurm.


MEHLWURM indem er den taumelnden Specht hereinführt. Aber sag' mir der Gevatter nur, wie man gar so viel trinken kann?[399]

SPECHT hat einen Mantel um und einen breitgekrempten Hut auf. Wer hat denn – das – schon wieder ausgeplauscht – daß ich viel getrunken hab'?

MEHLWURM. Mit dir werd' ich heut' was Schönes verabreden.

SPECHT. Nur niedersetzen – dann geht – es schon.

MEHLWURM. So setz' sich der G'vatter! Schiebt ihm einen großen Schlafsessel, dessen Füße auf kleinen Rädern stehn, hin.

SPECHT sich setzend. Einen Schlaf – werd' ich heut' haben – einen göttlichen Schlaf! Fängt sofort an einzuschlafen.

MEHLWURM. Nur jetzt nicht; denn jetzt haben wir eine wichtige Konferenz. Du mußt mir juridische Mittel an die Hand geben, meiner Mündel das Jawort abzuzwingen, denn übermorgen muß Hochzeit sein, und wenn die Welt zugrund' geht. Aber du hörst mich ja gar nicht –? Rüttelt Specht. Du schlafst ja?

SPECHT etwas auftauchend. Nein – ich – ich denk' nur nach und da – mach' ich immer die Augen zu dabei.

MEHLWURM. Der Jäger kommt mir keinen Schritt mehr ins Haus.

SPECHT. Vor der Hochzeit – schon gar nicht! Schläft wieder ein.

MEHLWURM. Und nach der Hochzeit noch weniger! Siehst du, G'vatter, ich glaub', das beste wird sein, ich geh' morgen zum gnädigen Herrn und bitt' ihn, daß er den Jäger einsperrt, bis ich in Ruh' geheiratet hab'. – Aber, G'vatter, du schlafst ja schon wieder? Ärgerlich. So wollt' ich doch, daß der verdammte Saufaus – Rüttelt ihn. G'vatter! – Nachbar! – Specht! – Was tu' ich? – Ich muß die Sach' heut' noch mit ihm ins reine bringen. – Halt, mir fallt was ein, Gift muß man mit Gift vertreiben, ich hol' ihm einen Wein aus 'n Keller. Sucht in den Taschen. Wo hab' ich denn den Schlüssel? Zieht einen Schlüssel heraus und legt ihn auf den Tisch. Der ist zu der Mehlkammer – Zieht einen zweiten heraus und legt ihn ebenfalls auf den Tisch. der ist von[400] der Lenerl ihrem Zimmer Einen dritten hervorziehend. das ist der Kellerschlüssel. Jetzt hol' ich ein Maßl ein' echten, da weckt mein' G'vattern schon der G'ruch auf. Geht zur Mitte ab und nimmt das Licht mit.


Das Zimmer ist nur vom Monde beleuchtet, der durchs Fenster scheint.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 399-401.
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